Impf-Pflicht – pro und kontra

Impfen? Ja, danke!
Warum die öffentliche Gesundheit prioritär sein sollte 

Bevor ich vor fast drei Jahren Mutter geworden bin, war das Thema „Impfen“ für mich praktisch gar kein Thema. Noch nie hatte ich mich mit der Frage auseinandergesetzt, ob Kinder geimpft werden sollten oder nicht. Natürlich sollte man sie impfen, wir wurden ja auch geimpft und uns hat früher keiner was gefragt. Und siehe da, wie groß und gesund wir sind! Schlagartig änderte sich dies, nachdem ich mein erstes Baby bekam. Frischgebackene Mütter haben recht viel Zeit zum Surfen im Internet – was sonst kann man schon tun, während das Kind an der Brust hängt?! Und so stieß ich erstmalig auf die Impf-Gegner, deren Plädoyers überall im Internet nachzulesen sind.

Sie lauern in Facebook-Gruppen, auf Blogs und Webseiten, die das „gesunde Leben“ promoten wollen, und nehmen die psychisch labilste Zielgruppe, die es geben kann – erschöpfte junge Mütter, die vielleicht noch an der Post-Partum-Depression leiden und natürlich das Beste für ihre Kinder wollen. TV-Moderatorin Olivia Steer ist das Image schlechthin der rumänischen Anti-Impf-Bewegung, aber auch Ernährungsexperte Dumitru Bălan und der Coach für holistische Gesundheit Cristela Georgescu machen sich im Internet für den „Anti-Impf-Trend“ stark. Erste Zweifel kamen bei mir auf: Ist es richtig, mein Kind impfen zu lassen? Füge ich ihm dadurch nichts Schlechtes zu? Wie wirkungsvoll sind Impfungen überhaupt? Fragen, auf die ich auf Anhieb keine befriedigende Antwort parat hatte. Da ich aber zuerst Journalistin war, bevor ich Mutter wurde, begann ich zu recherchieren. Und wurde recht schnell zu einer überzeugten Impf-Befürworterin.

Was Eltern wohl am meisten erschreckt, ist die Tatsache, dass Impfungen – und besonders die MMR-Impfung, die gegen Mumps, Masern und Röteln schützt – Autismus verursachen könnten. Es war 1998, als ein britischer Arzt namens Andrew Wakefield in der medizinischen Prestige-Zeitschrift „The Lancet“ eine Studie veröffentlichte, die beweisen sollte, dass Impfungen bei gewissen Kindern Autismus hervorrufen. Die Studie, die sich auf lediglich zwölf Patienten berief, wurde kurze Zeit später zurückgenommen, Wakefield als Schwindler entlarvt und ihm ein Berufsverbot auferlegt. Fachleute aus allen Ecken der Welt nahmen sich anschließend selbst das Thema vor und führten umfangreiche Untersuchungen mit Hunderten von Patienten durch. Die allgemeine Schlussfolgerung war: Impfungen verursachen keinen Autismus. Vielmehr kann es passieren, dass die ersten Symptome des Autismus etwa zeitgleich mit dem Alter erkennbar sind, wenn auch die erste MMR-Impfdosis verabreicht wird. Vor allem beim sogenannten „regressiven Autismus“, bei dem die Symptome viel später auftreten bzw. Kinder bereits erlernte Fähigkeiten wie Sprache oder Selbsthilfe verlieren, ist es gut möglich, eine falsche Assoziation mit der MMR-Impfung zu machen.

Unerwünschte Nebenwirkungen sind ebenfalls ein Aspekt, vor dem Eltern so richtig Angst haben. Die Reaktionen, die auftreten können, stehen allesamt auf dem Beipackzettel der Impfungen. Haben Sie schon mal die Packungsbeilage eines banalen Paracetamol gelesen? Dort wird u. a. auch ein mögliches Nierenversagen erwähnt. Egal wie hoch das Fieber: Eltern sollten wissen, wie sie mit erhöhter Temperatur umzugehen haben. Wer weiß heute schon (noch), dass die häufigste Folge von Poliomyelitis/Kinderlähmung der Tod ist? „Ach, gibt es diese Krankheit noch?“, fragen Sie sich jetzt gewiss. Zu recht: Denn gerade wegen der hohen Impfquote gilt Polio in Rumänien seit 1996 als ausgerottet. Stellen Sie sich doch bitte eine einzige Frage, liebe Eltern: Wenn ein Kind heftige Nebenwirkungen wie etwa sehr hohes Fieber oder gar Fieberkrämpfe nach einer Impfung bekommt – was wäre denn passiert, wenn sich dieses mit der Krankheit selbst, gegen die geimpft wird, angesteckt hätte? Impfungen enthalten bekanntlich abgeschwächte oder inaktivierte Viren. Die Krankheit selbst richtet bei Nicht-Geimpften viel mehr Unheil an.

Die Masern-Epidemie, die vor einem Jahr in Rumänien aufgrund der niedrigen Impfquote ausgebrochen ist, fordert ihre Opfer: 26 Menschen – die meisten davon Kinder, aber auch einige Erwachsene – sind in den vergangenen Monaten infolge der Komplikationen, die die Masern-Erkrankung bei ihnen hervorgerufen hat, gestorben. Alle waren ungeimpft. Sie könnten jetzt sagen, dass es sich bei diesen Menschen um Patienten mit einem geschwächten Immunsystem oder anderen Krankheiten gehandelt hat, und es mag sein, dass Sie, zum Teil, sogar recht haben. Aber denken Sie bitte logisch: Wäre die Impfquote in Rumänien eine höhere gewesen, so wäre es überhaupt nicht zum Ausbruch einer Masern-Epidemie gekommen. Denn durch das Impfen werden nicht nur die Individuen selbst geschützt, sondern die Gesellschaft als Ganzes – und diese umfasst Babys, die das empfohlene Impfalter noch nicht erreicht haben, oder hochallergische Menschen, die nicht geimpft werden können.

Einer geimpft, viele geschützt: In einem normalen Land sollte ein Impfgesetz eigentlich überflüssig sein. Die Bürger sollten die Vorteile von Impfungen kennen und sich über den Fortschritt der Wissenschaft freuen. In westlichen Ländern hat die öffentliche Gesundheit Vorrang im Vergleich zur individuellen Freiheit. Denn eines ist klar: Die individuelle Freiheit endet da, wo sie die Rechte, und besonders das Recht auf Gesundheit, der anderen verletzt. Solange wegen der Anti-Impf-Bewegung das Risiko besteht, dass fast ausgerottete Krankheiten wieder auftauchen, ist ein gut erarbeitetes Impfgesetz für Rumänien begrüßenswert.
Raluca Nelepcu


Impfen, okay – aber bitte ohne Zwang!
Plädoyer für ein Recht auf Nutzen/Risiko-Abwägung          
                             
Impfbefürworter gegen Impfgegner – ein Kampf ist entbrannt, der leider Fronten bildet, wo offene Diskussion und wissenschaftlicher Geist vorherrschen sollten, um die Klärung einiger Fragen voranzutreiben. Fragen vor allem zu ernsten akuten Impf-Nebenreaktionen (NR), die zwar wenige Fälle betreffen, doch zweifellos existieren. Fragen über mögliche Langzeit-NR durch Impfstoffe oder Adjuvantien. Auch weiß man, dass das Durchmachen bestimmter Krankheiten immunologische Vorteile mit sich bringt. Ob diese das zweifellos auch vorhandene Risiko aufwiegen, kann nur jeder für sich bestimmen. Deshalb sollte jeder Mensch das Recht auf eine individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung haben – für jede einzelne Impfung. Mein Hauptargument gegen eine Impf-Pflicht ist jedoch, dass sich Impfungen nicht wie Medikamente an Kranke richten – sondern an Gesunde! Vor diesem Hintergrund muss das Thema NR ernster genommen werden. Mit der prophylaktischen Volksgesundheit zu argumentieren, ist für mich vergleichbar mit der Frage: Wen werfen wir aus dem sinkenden Boot?

Ein Kritikpunkt am Impfgesetz ist, dass kein Screening nach Risikogruppen vorgesehen ist. Artikel 7 nennt zwar vage Ausnahmen für „attestierte Kontraindikationen“ – doch wie sind diese definiert, wer bezahlt die Untersuchung z. B. nach (bekannten) Risikogenen? Wo kann man sie vornehmen lassen? Auch weil Adjuvantien (Quecksilber, Aluminium) bezüglich NR kumulativ wirken können, scheint es sinnvoll, mit der Anzahl der Impfungen maßzuhalten, sie zeitlich zu entzerren. Auch die Art zu impfen, sollte wählbar sein: einfach oder polyvalent. Manche kritisieren Kombinationsimpfungen mit dem Argument, dass in der Natur Infektionen mit mehreren Viren gleichzeitig nicht vorkommen und Langzeitstudien dazu fehlen.

Nur ein Beispiel für ernsthafte NR sind Autoimmunkrankheiten (Multiple Sklerose, Lupus, etc.). Yehuda Shoenfeld, Leiter des Zabludowicz Centers für Autoimmunkrankheiten in Israel, hat eine umfassende Studiensammlung internationaler Experten über Impfungen als Auslöser koordiniert. Im Vorwort schreibt er: „Die Herausgeber betrachten Impfungen als eine der größten Revolutionen der Medizin.“ Aber auch: „Die Tatsache, dass Impfungen an Milliarden von gesunden Menschen ohne jedes vorherige Screening auf Vorbelastungen angewandt werden, ist für uns besorgniserregend.“ Im Folgenden gehen die Wissenschaftler konkret auf den Mechanismus ein, wie Impfstoffe und Adjuvantien Autoimmunkrankheiten verursachen können. Shoenfeld gibt auch zu Bedenken, dass bestimmte Impfstoffe Prozesse in Gang setzen, die erst nach Monaten oder Jahren in Erscheinung treten.

Impfschäden seien selten, wird meist argumentiert: Aber Hand aufs Herz, hat Sie jemals ein Arzt gefragt, ob sie kürzlich geimpft wurden, wenn Sie mit akuten Beschwerden vorsprachen? Gibt es ein Meldesystem? Häufig wird das Thema Impf-NR mit dem Argument Entschädigungsfonds vom Tisch gewischt. In den USA entbindet ein solcher die Pharmaindustrie jeder Verantwortung: In dem Land, in dem man ein Lokal auf Millionenentschädigung verklagen kann, weil der Kaffee zu heiß ist, ist es unmöglich, Hersteller eines Impfstoffes gegen Impfschäden zur Rechenschaft zu ziehen. Diese können sich daher Freiheiten erlauben, wie sie Ty Bollinger in seiner Dokuserie „Die Wahrheit über Impfungen“ aufdeckt: Darin kritisieren Experten, die wissenschaftlichen Kriterien der Doppel-Blindstudie würden beim Test neuer Impfstoffe nicht mehr eingehalten. Statt eines Placebos, einem neutralen Stoff, würden Vorgängerversionen von Impfstoffen oder deren Adjuvantien verwendet! Impf-NR fallen damit von vorne herein durch den Rost.

Hinzu kommt, dass ein Personalaustausch auf Leitungsebene zwischen Pharmaindustrie und dem Zentrum für Kontrolle und Prävention von Krankheiten (CDC) die Kontrollfunktion des CDC unterwandert. Aus dieser Allianz ergibt sich ein enormer Druck auf die Ärzte, der an die Patienten weitergegeben wird: Wer eine vom CDC empfohlene Impfung ablehnt (in den USA sind bestimmte Impfungen Pflicht, andere je nach Bundesstaat nicht), wird mitunter der Praxis verwiesen. Die Meldung von NR wird nicht ermutigt, wie auch Shoenfeld stark bemängelt. Wissenschaftler, die Impf-NR erforschen wollen, haben Schwierigkeiten mit der Finanzierung, werden oft unseriös gemacht.
Dass der Druck aus den USA zu uns herüber zu schwappen droht, zeigt die mangelnde Diskussionsbereitschaft. Es gibt nur noch schwarze oder weiße Schafe: Impfkritiker / Impf-Befürworter. Besonders schwarze Schafe werden gerne zitiert, um der Öffentlichkeit die „mangelnde Seriosität“ der Impfkritiker zu demonstrieren. Eine differenzierte Betrachtung ist unmöglich geworden. Um die „lästige Diskussion“ zu beenden, wird die Impf-Pflicht einführt.

Tabuisierung ist immer ein Alarmzeichen: Wenn es keine Lobby für Impfgeschädigte gibt oder geben darf, bestehen Zweifel an der Ernsthaftigkeit des medizinischen Systems. Und wenn Impf-Pflicht erst einmal eingeführt ist, wird es ein Leichtes sein, später die eine oder andere weitere Impfung hinzuzufügen, weitere Personengruppen einzubeziehen. Auch eines darf man nicht vergessen: Impfungen sind ein Riesen-Geschäft! Die Impf-Pflicht macht dieses zum Selbstläufer. Ich wünsche mir, dass sich die Pharmaindustrie zumindest darum bemühen muss: durch ein System, das seriöse Forschung und eine unabhängige Kontrolle fordert. Und für den Patienten eine differenzierte ärztliche Impf-Beratung als Basis für eine freie Entscheidung.
Nina May