„In der Welt zu Hause, in Siebenbürgen daheim, mit dem Herzen in Mediasch“

Mediascher kamen zum sechsten Heimattreffen zusammen

Zum Festgottesdienst kamen viele Mediascher in die Stadtpfarrkirche. Die Predigt hielt Bischof Reinhart Guib.

Beim Apfelbäumchen-Pflanzen vor der Kulisse des Kirchenkastells

Die Kindertanzgruppe erfreute die Zuschauer mit ihrem beschwingten Volkstanz.

Das Männeroktett, geleitet von Edith Toth, feierte 121 Jahre seines Bestehens.
Fotos: Evangelische Kirche Mediasch

Bürgermeister Gheorghe Roman und Stellvertreterin Christine Thellmann empfingen die Teilnehmer des Heimattreffens zur Begrüßung und zum Gespräch.
Foto: der Verfasser

Hermannstadt - Siebenbürgen kommt nicht mehr aus dem Feiern heraus. Sachsentreffen in Hermannstadt/Sibiu, Heltauer Tage, Rinnenfest in Schönau/Şona, Sommerfest in Braller/Bruiu und Gottesdienste in Kirchen, deren Bänke schon lange nicht mehr voll besetzt waren, und dann feierte am Wochenende auch noch Mediasch Geburtstag – oder genauer gesagt das 750. Jahr seit der ersten urkundlichen Erwähnung, denn einige Jahre älter ist die „Civitas Mediensis“ mit Sicherheit. In den vergangenen Jahrhunderten hat hier Stephan Ludwig Roth gewirkt. Als Aufklärer und Politiker hat er sich für die Rechte aller in Siebenbürgen lebenden Nationen eingesetzt, was ihn letztendlich auch das Leben kostete. Im vergangenen Jahrhundert hat Hermann Oberth in der Mediascher Fliegerschule Versuche durchgeführt, die ihn berechtigterweise zum Vater der Raumschifffahrt gemacht haben. Sie sind die beiden bedeutendsten Persönlichkeiten der Stadt. Doch auch in Mediasch selbst wurde Geschichte geschrieben. In einer in der Margarethenkirche abgehaltene Synode setzte Stadtpfarrer Bartholomäus Altemberger am 17. Mai 1545 den Übergang zur lutherischen Lehre durch und 1571 wurde, ebenfalls auf einer Synode in Mediasch, das Augsburgische Glaubensbekenntnis angenommen. Fast 400 Jahre später stimmte der Sächsische Nationalrat in der Margarethenkirche für den Anschluss an das Königreich Rumänien.

Gefeiert wurde an drei Abenden bei einem abwechslungsreichen Musikprogramm auf dem Corneliu-Coposu-Platz vor dem Rathaus. Carla’s Dreams brachte die Stimmbänder der Jungen fast zum Reißen, bei Mirabela Dauer wippten die Köpfe der älteren Besucher. Gleichwohl mussten sich die kreischenden Teenager gedulden, denn zu-nächst durften die PNL-Politiker Ludovic Orban, Daniela Câmpean und selbstverständlich Bürgermeister Gheorghe Roman zum Volk sprechen. Spätestens als auch Paul-Jürgen Porr, gebürtiger Mediascher, und Alfred Gökeler von der Heimatgemeinschaft vortraten, wurde man ungeduldig. Die Feierlichkeiten der Stadt nutzten denn auch die Mediascher Sachsen, um vom 11. bis 14. August ihr sechstes Mediascher Treffen zu veranstalten. Es gab alles, was ein Fest schön, anregend und erlebenswert macht: Musik, Tanz, Ausstellungen, gutes Essen, gemütliches Beisammensein. Der Auftakt des Treffens war die herzliche Begrüßung in der Margarethenkirche von Pfarrer Gerhard Servatius-Depner, dem Forumsvorsitzenden Werner Müller und dem Vorsitzenden der Heimatgemeinschaft Mediasch, Alfred Gökeler. Werner Müller begrüßte die Mediascher mit den Worten: „In der Welt zu Hause, in Siebenbürgen daheim, mit dem Herzen in Mediasch“.

Bei der Begrüßung war auch die scheidende Frau Konsul Judith Urban aus Hermannstadt dabei, die herzliche Worte und Dank an die Anwesenden gerichtet hat. Vorgestellt wurde dabei auch ihr Nachfolger (mit siebenbürgischen Wurzeln) Herr Konsul Hans Tischler. Im Anschluss folgte der Empfang im Bürgermeisteramt, wo die Gäste durch den Bürgermeister und die Stadträte willkommen geheißen wurden. Bürgermeister Gheorghe Roman (PNL) beantwortete in einer Gesprächsrunde alle Fragen der Ausgewanderten zur politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung ihrer Heimatstadt. Das stärkste diskutierte Thema war, selbstverständlich, die Straßen- und Parkplatzsituation in der Stadt. Dieses Thema, so Roman mit einem großen Augenzwinkern, werde allerdings bald Geschichte sein, denn nach einem Flughafen werde Mediasch auch den Bau einer Metro angehen. Am Abend fand ein Gedenkgottesdienst an dem evangelischen Friedhof mit Kranzniederlegung statt. Am Samstag hielt der Kunsthistoriker Frank-Thomas Ziegler aus Kronstadt den Festvortrag „Mediasch 750 – Metamorphosen“. Im Museum der Stadt wird die Ausstellung „Alt-Mediasch“ gezeigt und im Schuller-Haus die von Martin Rill zusammengestellte Schau „Kirchenburgen in Siebenbürgen“.

Musik und Tanz waren im Programm gut vertreten. Am Freitagabend trat die Kindertanzgruppe der Hermann-Oberth-Schule unter der Leitung von Lehrerin Dana Havriciuc auf, dabei durften sich auch Erwachsene im sächsischen Volkstanz üben. Dazu gab es nach der Festveranstaltung auch Blasmusik aus Sankt Martin/Târn˛veni und das Mediascher Männeroktett unter Leitung der Kirchenmusikerin Edith Toth lud am Samstagnachmittag zu einem Konzert anlässlich seines 121-jährigen Bestehens in die Kirche ein. Der Festgottesdienst am Sonntag in der Margarethenkirche, bei dem der Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien, Reinhart Guib, die Predigt hielt, war äußerst gut besucht. Im Anschluss wurde das 6. Apfelbäumchen im Pfarrgarten gepflanzt, Teil der Aktion der evangelischen Kirche mit dem Namen „12 Apfelbäumchen für ein klares Wort“. Altkurator Hugo Schneider, der am selben Tag Geburtstag gefeiert hat, hielt über das Motto „Gemeinschaft“ eine kleine Ansprache. Über die 500 Jahre Reformation und über die Reformation in Siebenbürgen sprach im Gemeindehaus der Historiker Thomas Şindilariu aus Kronstadt. Zugleich wurde die Ausstellung über die Reformation in Siebenbürgen eröffnet. Am Montag konnte man bei der Wanderung von Almen nach Meschen oder bei einem Ausflug nach Karlsburg/Alba Iulia mitmachen. Ein Höhepunkt war zum Abschluss das Konzert der „Siebenbürgischen Kantorei“, geleitet von Andrea Kulin, das allgemein Anklang fand.