In Europas größtem Braunbären-Reservat

Seit zehn Jahren insgesamt 91 Raubtiere ins Reservat Zărneşti gebracht und gepflegt

Stellt man sein GPS ein, um wegen der geringen Beschilderung nicht in ein falsches Gebiet zu gelangen, legt man von Kronstadt auf der Nationalstraße DN 73A die rund 22,5 km in 40 Minuten mit dem Wagen bis zu dem Reservat zurück. Bei Rosenau biegt man in Richtung Zărneşti ab, und nach 500 m nach dem Bahnübergang – vor der Einfahrt zu Zărneşti - ist eine Anzeige zu sehen, die einen auffordert, rechts, auf eine nicht asphaltierte Forststraße abzubiegen. Nach einer anfangs etwas stärkeren Steigung gelangt man nach 2,5 km bei der Schranke zum Liberty-Bärenreservat an. Gleich wird man von der wunderbaren Aussicht über das Burzenland mit dem Königstein rechts und dem Bucegi-Massiv links dem Schuller fasziniert. Es ist ein Wanderparadies in dieser Karpaten-Kulisse, am Rande des Nationalparks Königstein. Freundliche Schäferhunde umkreisen einen gleich, in der Hoffnung auch nur ein freundliches Wort zu bekommen.

Bisher 91 Bären gerettet

Die Zahl 91 ist groß neben der Schranke ausgestellt. Sie bezeichnet die Anzahl der bisher geretteten und in das Reservat überführten Bären. Es handelt sich um Braunbären, die in miserablen Zuständen ihr Leben in viel zu kleinen Käfigen, in Zirkussen, als Tanzbären, zur Anlockung von Hotel- oder Gaststättengästen verbrachten, zur Unterhaltung von Schaulustigen dienten, sich sogar in Besitz von Klöstern oder Privatpersonen befanden, als Müllbären sich einen Namen auch jenseits der Landesgrenzen machten.
Dabei waren sie ihrem natürlichen Umfeld entzogen worden, wussten nicht mehr, was es heißt, auf einen Baum zu klettern, sich selbst die Nahrung zu beschaffen, sich vor der Sonne zu schützen, sich in einem Flussbett abzukühlen. Jeder einzelne da untergebrachte Bär hat seine eigene Geschichte und sein eigenes Schicksal, die einem auf einem Dokumentarfilm oder von den Führern durch das Reservat präsentiert werden.

Die Initiative zur Gründung des Bärenreservates, dem größten übrigens in Europa und angeblich auch weltweit, geht auf die Vorsitzende des Kronstädter Tierschutzvereins „Millionen Freunde“, Cristina Lapis, zurück. Beeindruckt wurde sie von der Bärin Maya, die in einem viel zu kleinen Käfig eines Hotels von Törzburg  gehalten wurde, und aus Nervosität sich die Pfoten bis zu den Knochen abgefressen hatte. Sie verendete in den Armen ihrer Wohltäterin und konnte sich leider nicht mehr der Freiheit in dem Reservat erfreuen. Ein Denkmal erinnert aber heute an sie in dem Reservat, ihre Geschichte wird den Besuchern vorgetragen. Mit Hilfe des Weltbundes für Tierschutz (WSPA) konnte Frau Lapis an die Verwirklichung ihrer Projektes gehen, nachdem sie offene Ohren beim damaligen Bürgermeister der Stadt Z˛rne{ti gefunden hatte, dieser Ortschaft, die am Fuße des Königsteins liegt.  Das Rathaus stellte unentgeltlich 69 ha  Fläche für das Reservat für eine Zeitspanne von 49 Jahren zur Verfügung. Anfangs wurden 1,5 Millionen Dollar in das Projekt aus Spenden von Tierschutzorganisationen und  Privatpersonen investiert. Zu den Unterstützern gehören auch Brigitte Bardot und Pierre Brice.

Gegründet wurde das Reservat im Jahre 2005. Nach 2008 wurden gelegentlich auch Besucher aufgenommen, doch nur unter besonderer Begleitung, da Rücksicht auf die Tiere genommen werden musste. Nun können individuelle Besuche, oder in Gruppen vorgenommen werden. Das gesamte Reservat ist von einem unter Stromspannung stehenden Zaun umgeben. Dichte Wälder, Bächlein, Teiche, Wege schaffen  beste Voraussetzung für die her gebrachten Bären, um die wieder erhaltene Freiheit zu genießen.

Programm für Besucher 

Im Eingangsgebäude zum Reservat erhält man alle erforderlichen Auskünfte. Da werden zum Verkauf Souvenirs, Kühlschrankmagnete, aber auch benötigte Ausrüstung wie Regenschutz  und auch  Eintrittskarten zum Verkauf angeboten. Das Sommerprogramm ist in der Zeitspanne 1. Mai – 31.Oktober in Kraft. Besuchszeiten gibt es nur am Morgen und Vormittag, täglich außer Montag,  um 9, 10 und 11 Uhr. Dann werden Gruppen gebildet, die von Führern übernommen werden, die je nach Bedarf die Führung in rumänischer oder englischer Sprache vornehmen. Zur Winterzeit (1. November bis 30. April) kann das Reservat nur samstags und sonntags um 11 und 13 Uhr besucht werden.  Der Eintritt beträgt 40 Lei für Erwachsene, zehn Lei für Kinder  von 5 bis 18 Jahren. An den Wochenenden 50 bzw. 15 Lei. Dann steht auch ein Traktor mit einem Sonderanhänger für 24 Personen zur Verfügung, um durch Teile des Reservates zu fahren.  Dafür müssen Erwachsene mit 20 Lei, Kinder mit 10 Lei aufkommen. Weitere Informationen  können über E-Mail amp.paulaciotlos@gmail.com, den Rufnummern 0722 533 895 oder 0268 471 202 erhalten werden.

Eingeleitet werden die Führungen mit der Vorstellung  einiger Verhaltensregeln, wie  Ruhe zu bewahren, die Elektrozäune zu meiden, nicht mit Blitzlicht zu fotografieren, keine Nahrung den Bären zu reichen. Verständlich, da bis zu ihrer hiesigen Einlieferung die Tiere einem großen Stress ausgesetzt waren. Auch gibt es da strikte Regeln, was die Aufnahme der Bären betrifft. Nachdem diese her gebracht worden sind, kommen sie in Quarantäne, werden einer Untersuchung unterzogen und sterilisiert. Daher sind auch täglich nur drei Besucherserien gestattet. Mittels eines kurzen Dokumentarfilms werden die Besucher in einem Seminarraum in die Entwicklung und Ziele des Reservates eingeführt, mit dem Schicksal einiger Bärenexemplare vertraut gemacht, Meinungen  von Besuchern werden vorgestellt.
Dann geht es auf den Schotterstraßen entlang der Gehege, auf deren Schutzzäunen man auch die Namen der einzelnen Bären ausgeschildert findet und erfährt Details über deren Schicksale von den Führern.

Bären und ihre Schicksale

Ala, Mura, Andy, Attila, Boris, Chery, Baloo, Max, Vasile u.v.a. Namen sind da zu lesen. Mura war aus einem Bukarester Zirkus her überführt worden, nachdem sie regelrecht in Streik getreten war und nicht mehr ihre eingeprägten Nummern vorzeigen wollte.  Boris wurde aus dem Zoo von Oneşti gebracht,  nachdem der Tiergarten der Stadt seine Tore schließen musste.  Ebenfalls von einem Zirkus aus Großwardein wurde Chery überführt. Baloo kann sich hier nun der Freiheit erfreuen, nachdem er Jahre in einem Käfig einer Gaststätte im Kreis Harghita verbracht hatte und nur mit Mais ernährt worden war. Ein trauriges Leben hatte auch Max, ein Bär, der  im Gebiet von Schloss Peleş Zuschauer erfreuen sollte. Um nicht aggressiv zu werden, hatte ihm sein Herr sogar einige Zähne ausgebrochen, und gelegentlich flößte er ihm Schlafmittel oder Alkohol ein. Mit rund 40.000 Euro Kosten  wird das Reservat monatlich  konfrontiert. Täglich werden zwei Tonnen Nahrung für die Bären benötigt. Die Instandhaltungskosten und Entlohnung des Personals sind weitere Ausgaben. Auch muss das Reservat nonstop bewacht werden, wofür ein Vertrag mit einer Wachfirma besteht.

Für Tierliebhaber und -freunde besteht die Möglichkeit der Adoption eines Bären. Natürlich kann dieser nicht nach Hause genommen werden. Die Mindestsumme für den erwählten Braunpelz beträgt fünf Euro monatlich, 60 Euro pro Jahr. Will man diesen nur für sich adoptieren, muss man mit 500 Euro monatlich aufkommen. Dafür bekommt man auch ein Zertifikat mit Foto und dem Namen des Bären. Diesbezüglich kann man per E-Mail milioanedeprieteni@g.mail.com die Schritte einleiten. Unter den Bären gibt es auch vier „Ausländer“, die aus anderen Ländern nach Zărneşti, nach Erfüllung sämtlicher Formalitäten  her gebracht wurden. Dabei benötigte es besondere Sicherheitsvorkehrungen, um das Leben dieser Bären nicht aufs Spiel zu setzen. Zwei wurden aus Albanien überführt, Mischa kam aus Georgien, Betsy sogar aus Texas und hat den Ozean überquert. Unter den Braunbären befindet sich auch ein asiatischer schwarzer Bär.  Auch zwei Wölfe sind in das Reservat aufgenommen worden, wie auch zwei Rehe, die sich natürlich einer Sonderbehandlung in einem kleinen Gehege erfreuen.

Reichster Bärenbestand

Wer erinnert sich nicht an den Rummel, den es  2006 gab, als der Bär Bruno plötzlich in Bayern auftauchte, wo seit Jahren keines dieser Raubtiere mehr gesichtet worden war? Schließlich musste er erlegt werden. Rumänien ist hingegen das bärenreichste Land Europas. Geschützt wird der Braunbär   durch die Konvention von Bern, der sich 1993 auch Rumänien angeschlossen hat. Landesweit schätzt man 6000 Exemplaren, was den größten Bestand eines Landes im alten Kontinent bedeutet. Ein Besuch in dem Reservat von Zărneşti bleibt sicher  in Erinnerung. Geht man entlang der Gehege, sieht den sich in der Sonne oder im Wasser tummelnden Bären zu, hat man seine Freude. Auch klettert immer wieder einer auf einen Baum.

Die Bäume die sich nahe des Schutzgitters befinden, erhielten in dessen Höhe einen Metallhelm, um das weitere Vordringen der Bären zu verhindern. In einem weiteren Gehege spielen zwei Jungbären miteinander, in einem Gebüsch sind zwei Bärenbabys  zu sehen, die noch etwas erschrocken zwischen den Blättern den Besuchern entgegen schauen. Geraume Zeit könnte man diese dabei bewundern, doch die Besuchszeit geht zu Ende.  Da es Mittagszeit ist und Nahrung kommt,  tauchen in einem Gehege nacheinander immer wieder Bären auf. Schließlich konnten wir alleine da 14 Exemplare zählen, die  die schmackhaften Wassermelonen verzehrten.

Namhafte Publikationen, Fernsehgesellschaften aus anderen Ländern berichten immer wieder über dieses einzigartige Bärenreservat, wohin immer mehr ausländische Besucher gelockt werden. Darunter immer wieder auch Förderer. Ein Museum der Plüschbären ist auch noch in Vorbereitung, aber noch nicht eröffnungsreif. Die beiden Hauptgestalten, zwei riesige Plüschbären, die von der britischen Königsfamilie kamen, sind schon vorhanden.  Das soll ein zusätzlicher Anziehungspunkt sein. Doch den benötigt es nicht unbedingt, denn das Wichtigste sind die da befindlichen Braunbären, die sich praktisch eines neuen Lebens erfreuen, hier Menschen gefunden haben die sich mit Herz und Seele ihnen verschrieben haben.