Jemand, der da war, wenn er gebraucht wurde

Zum Gedenken an Inge Jekeli

Inge Jekeli
Foto: HG Mediasch

Vor wenigen Jahren noch war sie bei allen bedeutenden Konzerten zwischen Hermannstadt und Schäßburg dabei, oftmals aber traf man sie auch bei Veranstaltungen in Klausenburg oder Kronstadt. Selbstverständlich ließ sie kein Konzert in ihrer Heimatstadt Mediasch aus, ja sie organisierte für Freunde und Bekannte Hauskonzerte auch in ihrer Wohnung. Musik gehörte zum Leben von Inge Jekeli, genauso wie die Blumen, der blaue Himmel – den man im rußverhangenen Mediasch vor 1990 oft nicht zu sehen bekam – die vielen Freunde, die Ausflüge, die Schule, die Kultur. In ihrer schönen Wohnung in der Steingasse (heute Honterusstraße) in Mediasch, gegenüber vom Stefan-Ludwig-Roth-Gymnasium, war jeder willkommen. Die große Wohnung brauche sie für die vielen Gäste, sagte sie mal. Und es war eine Freude, die lebensfrohe, temperamentvolle Frau zu besuchen, die so viel wusste und so viel zu erzählen hatte. Aus einem reichen Leben, aus der Geschichte und der Gegenwart. Geschichte und Gegenwart, für die sie in Siebenbürgen lebte und die sie in Mediasch mit geprägt hat.

Inge Jekeli, die am 10. Februar in Mediasch verstarb, wurde 1930 in der Kokelstadt geboren, hierher kam sie nach dem Studium zurück, hier unterrichtete sie 52 Jahre lang in verschiedenen Schulen und engagierte sich, wo immer „Jemand“ benötigt worden ist. „Ich bin der Jemand, der angesprochen wurde, dass es ihn braucht“. „Jemande“ fehlten be-sonders nach der politischen Wende von 1989. Also setzte sie sich zum Beispiel für das Gründen der deutschsprachigen Hermann-Oberth-Schule im Hof des Kirchenkastells ein, wo mehrere Gebäude unter ihrer Aufsicht hierfür renoviert und hergerichtet wurden und wo sie fürchterlich über die „cârpăceli“, d. h. die improvisierten Flickarbeiten, schimpfen konnte. Eingerichtet wurde ein Internat, um den Schülern aus den umliegenden Dörfern den Besuch der deutschsprachigen Klassen zu ermöglichen, die es in ihren Heimatdörfern nach der Massenausreise der Deutschen nicht mehr gab. Seit 1988 eigentlich in Rente, begann die Chemielehrerin das Fach „Geschichte und Traditionen der deutschen Minderheit“ zu unterrichten und hierfür Themen und Texte vorzubereiten. Sie engagierte sich im Deutschen Forum, zu dessen Gründungsmitgliedern sie gehört hatte, und war stets darauf bedacht, kulturell gehaltvolle Veranstaltungen auf die Beine zu stellen.

Inge Jekeli hatte in ihrer Studienzeit festgestellt, wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Als Älteste von sechs Kindern hatte sie sich auf Anraten der Eltern am Lehrerseminar in Schäßburg angemeldet. Nach dessen Absolvieren kam sie zunächst als Grundschullehrerin nach Mediasch zurück, ging dann aber drei Jahre später nach Klausenburg und begann Naturwissenschaften und Chemie zu studieren. Weil sie die Aufnahmeprüfung so gut bestanden hatte, erhielt sie Stipendium und Platz im Studentenheim. Da sie aber keine „gesunde soziale Herkunft“ besaß, war es damit jedoch bald aus. Mit Privatstunden, Stricken von Kindersachen und Hilfsarbeiten verdiente sie etwas Geld, „wohnte“ mit zwei Freundinnen in einer Küche und freute sich über Speck und Zwiebeln von zu Hause. Arm waren alle – und genossen dennoch das erneut aufblühende kulturelle Leben.

Vielen Schülern hat Chemielehrerin Jekeli Bauchschmerzen verursacht, viel mehr aber loben ihre pädagogischen Fähigkeiten. „Mich freut es immer, wenn Schüler im Unterricht etwas fragen, was ich selbst nie gefragt habe“, sagte sie mal in einem Interview. Und: „In der Schule müsste man lernen, die richtigen Fragen zu stellen.“ Viele Schüler hat sie dazu gebracht, Fragen zu stellen statt Formeln oder Inhalte auswendig zu lernen. Diese Schüler haben es im Leben weit gebracht und das erfüllte sie mit Stolz.

Inge Jekeli wurde für ihre vielfältigen Tätigkeiten und ihren unermüdlichen Einsatz mehrfach geehrt. Jede Würdigung nahm sie mit Erstaunen und Bescheidenheit entgegen. Dass sie Sinnvolles und Gutes tat, war nicht Pflichterfüllung, sondern ihre Lebenseinstellung. Aus dieser kam die unerschöpflich scheinende Energie und Kraft.