Keine Kunstfotografie ohne Schatten

Professor und Fotograf Jürgen van Buer zeigt Kirchenburgen Siebenbürgens in faszinierender Weise

Während seiner Reisen durch Siebenbürgen hat Jürgen van Buer in Deutsch-Weißkirch auf interessante Weise ein gemeinsames Spiel von Wolkenhimmel, Kirchenburg und Friedhof erlebt.
Foto: Jürgen van Buer

Bei der Vernissage der Fotografie-Ausstellung im Teutsch-Haus: Prof. Jürgen van Buer überreicht die Schenkungsurkunde an Bischof Reinhart Guib.

An den Fotografien entzünden sich rege Gespräche unter den Vernissageteilnehmern.
Fotos: Gertrud Balazs/Jürgen van Buer

Ein künstlerischer Blick auf das materielle Kulturerbe der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien (EKR) ist auch in anhaltenden Umbruch-Zeiten immer einen Versuch wert. Ausländische Fotografen ohne direkt persönlichen Bezug zu Transsylvanien sind mit am allermeisten dazu fähig, die jahrhundertealten Mauern, Glockentürme und Innenräume siebenbürgisch-sächsischer Kirchenburgen mit einem unvoreingenommenen Blick zu sehen und abzulichten. Das dörfliche Siebenbürgen evangelischer Prägung behält seinen Charme nach wie vor bei, ganz gleich, ob der mit oder ohne Kamera suchende Betrachter um die Geschichte des protestantischen Landstriches innerhalb des Karpatenbogens Bescheid weiß oder nicht. Professor i.R. Dr. D. h.c. Jürgen van Buer hat auf der letzten Strecke während seiner aktiven Laufbahn als Fachmann für Wirtschaftspädagogik an der Humboldt-Universität Berlin Siebenbürgen mehrfach bereist und für sich entdeckt. Beginnend mit dem Jahr 2014 war er in zahlreichen siebenbürgischen Dörfern unterwegs, um die ihn ebenfalls faszinierenden Kirchenburgen aus ungewöhnlichen Perspektiven schwarz-weiß zu fotografieren.

Mehr als 250 von Jürgen van Buer während der Studienfahrten gesammelte Fotografien sind im Februar 2018 in dem Bildband „Der befestigte Glaube. Kirchenburgen in Siebenbürgen“, unter Mitarbeit von Josef Balazs im Logos Verlag Berlin herausgegeben, veröffentlicht worden (siehe den Beitrag „Neue Blicke auf die sächsischen Kirchenburgen“ von Harald Roth in der ADZ vom 13. Juli). Zwecks krönendem Abschluss seiner fotografischen Tätigkeit auf siebenbürgischem Terrain stattete Jürgen van Buer am Donnerstag, dem 15. November, dem Kultur- und Begegnungszentrum „Friedrich Teutsch“ in Hermannstadt/Sibiu einen Besuch ab. Zum Zeitpunkt der Eröffnung seiner Fotoausstellung, die denselben Titel wie der genannte Bildband trägt, war der erfahrene Bildautor wie auch Reinhart Guib, Bischof der EKR, Josef Balazs, der die Ausstellung kuratiert hat, und die Leiterin des Teutsch-Hauses, Gerhild Rudolf anwesend. Auf den Seitenwänden und Schautafeln des Ausstellungsraumes können bis einschließlich 15. März folgenden Jahres 23 in Großformat und hoher Qualität gedruckte Schwarz-Weißfotografien von Kirchenburgen wie Agnetheln/Agnita, Baaßen/Bazna, Deutsch-Weißkirch/Viscri, Keisd/Saschiz, Schönberg/Dealu Frumos, Tartlau/Prejmer und Wurmloch/Valea Viilor erforscht werden.

Bischof Reinhart Guib, der als Schirmherr der Ausstellung an der Vernissage beteiligt war, interpretierte, dass in der langen Geschichte Siebenbürgens „viel Wetter über den Stein der Kirchenburgen gegangen“ sei. Nicht unrecht behielt Guib, als er auch vergangene und aktuell lebendige Spuren ansprach, die von den historischen Gezeiten in das „Fleisch und Blut“ siebenbürgisch-evangelischen Daseins gezeichnet wurden. Doch ist es im selben Maße auch Jürgen van Buer zu verdanken, dass kommenden Generationen ein umfassendes sowie intaktes bildliches Zeugnis der Kirchenburgen Siebenbürgens zur Verfügung stehen wird. Was wird die langfristige Zukunft der EKR und ihrem materiellen Erbe bringen? Die Wunschantwort hierauf fällt vergleichsweise deutlich aus. Niemand möchte sich ausmalen, wie Siebenbürgen ohne die standhaften Wehrmauern seiner Kirchenburgen aussähe. Unabhängig von dem unbestimmten Ausgang eines nicht gänzlich kontrollierbaren zeitlichen Fortschreitens des materiellen Perpetuum Mobiles siebenbürgisch-evangelischer Herkunft lohnt augenblicklich der Kauf des Bildbandes „Der befestigte Glaube. Kirchenburgen in Siebenbürgen“ von Jürgen van Buer und Josef Balazs. Das Buch kostet stolze 55 Euro, könnte aber nach weiteren langen Jahrhunderten den Wert einer dokumentarischen Sicherheitsrücklage erlangt haben. Es gehört zwingend in die Privatbibliothek aller Siebenbürgen-Fans.

Josef Balazs präsentierte dem Publikum der Ausstellungseröffnung mannigfaltiges Hintergrundwissen (siehe den Beitrag „Das Bild der Kirchenburgen Siebenbürgens“ in der ADZ von Freitag, dem 9. November) und bestätigte, dass Jürgen van Buer in seiner Eigenschaft als Fotograf Siebenbürgen anklage- und vorurteilsfrei bereist habe. Auch sei es ihm in keinster Weise darum gegangen, dokumentarische oder architektonische Fachfotografie zu üben.

Jürgen van Buer, der als ausübender Künstler viele Entwicklungsschritte von der analogen Fotografie bis hin zur digitalen Kameratechnik unserer Tage miterlebt hat, sagte, den vielfachen Ratschlägen und Hilfseinsätzen Josef Balazs´ verdanke er, „kein Fremder in Siebenbürgen geblieben zu sein“. Nicht weniger Ehre erwies er einigen weiteren Anwesenden, unter ihnen Philipp Harfmann, Geschäftsführer der Stiftung Kirchenburgen, der Museumsleiterin Heidrun König, aber auch dem Museumswächter Peter Mihai, der die ausgestellten fotografischen Aufnahmen in der optischen Vertikale makellos aufbereitet habe. Nach Ende der Ausstellung im Teutsch-Haus Mitte März 2019 werden, so Jürgen van Buer, die 23 im Großformat gedruckten Schwarz-Weißfotos von 16 ausgewählten Kirchenburgen in den ständigen Besitz der EKR übergehen. Deren bildliche Zukunft scheint nicht weniger bunte Perspektiven als die an Licht und Schatten reiche Vergangenheit der Kirchenburgen Siebenbürgens zu bieten.