Klage gegen Rumänien beim Gerichtshof der Europäischen Union erhoben

Nichteinhaltung der EU-Gesetzgebung im Bereich Umweltschutz vorgeworfen

Die giftigen Staube von der Abraumhalde des staatlichen Erzanreicherungswerks Moldomin SA sind schon lange ein Thema für die Medien und die Rumänienvertretung der EU-Kommission. Gegenmaßnahmen wurden noch keine getroffen.

Die Vertretung der Europäischen Kommission in Bukarest gab Ende vergangener Woche bekannt, dass die Kommission ein Gerichtsverfahren gegen Rumänien eingeleitet hat wegen Übertretung der EU-Gesetzgebung betreffs des Umgangs mit lebensgefährlichen Bergbauabfällen. Die Anschuldigung der EU-Kommission bezieht sich konkret auf den Abraum aus der Kupfer- und Zinkerzanreicherung Boşneag, donauabwärts von Moldova Nouă/Neumoldowa, ein 102 Hektar großer „Sandhaufen“ mit inzwischen ausgetrocknetem Kronenteich, direkt am linken Ufer der Donau, von dem aus, bei jedem stärkeren Wind, große Mengen gifthaltigen Staubs über die Siedlungen an beiden Donauufern verstreut werden. Über die Folgen der Giftstaube für die Gesundheit der Bevölkerung gibt es nur lückenhafte Erkenntnisse – und vor allem nur aus Quellen vom serbischen Donauufer. Der 102 Hektar große Klärteich Boşneag – in der Nähe gibt es noch einen mehr als 50 Hektar großen Klärteich, Tăuşani, der genau in derselben Lage ist – entstand als Folge der Ablagerung der aus der Anreicherung der Banatite ausgesonderten Abfälle.

Die Banatite, die um die drei Prozent Kupfer und einige Prozent Zink enthalten, wurden vor Ort bis zu einem wirtschaftlich nutzbaren Schmelzkonzentrat angereichert, um dann nach Nordrumänien geschafft und in Baia Mare geschmolzen zu werden. Moldomin SA, das staatliche Gruben- und Erzanreicherungsunternehmen, mit 6000 Arbeitnehmern in kommunistischer Zeit der größte Arbeitgeber im Bereich des Eingangs zum Donauengpass Eisernes Tor, ging vor zehn Jahren pleite und seither werden die Kronenteiche der beiden Abraumhalden nicht mehr gewässert, wodurch der Giftstaub von den Winden verweht werden kann. Der rumänische Staat ist seinen Verpflichtungen zur „ökologischen Sicherung der Bergbauabfälle“, wie sie im EU-Beitrittsvertrag ausdrücklich festgeschrieben wurden, nicht (und nicht nur in diesem Fall nicht) nachgekommen.

Aller Name ist „Hase“

Die Bukarester Vertretung der EU-Kommission beschreibt die Abraumhalde als „fast komplett aufgelassen“, was als „diplomatisch“ ausgedrückt eingestuft werden kann, aber in Wirklichkeit fühlt sich tatsächlich niemand so recht dafür verantwortlich. Hingegen hat die Kommissionsvertretung auch dann uneingeschränkt recht, wenn sie schreibt, „der Klärteich“ sei „eine große Quelle der Umweltverschmutzung durch das Verbreiten giftiger Pulver, die bedeutsame Risiken für die Gesundheit der Bevölkerung und für die Umwelt darstellen.“ „Rumänien hat sich einverstanden erklärt, Maßnahmen zur Lösung des Problems zu treffen, aber die Fortschritte waren ungenügend. Angesichts der schwerwiegenden Risiken in diesem Fall und auf Empfehlung des Umweltkommissars, Herrn Janez Potocnik, legt die Kommission eine Gerichtsklage gegen Rumänien vor dem EU-Gerichtshof ein, mit dem Ziel, schneller Gegenmaßnahmen auszulösen.“

Das diesbezügliche Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen Rumänien war im Februar 2014 eingeleitet worden, nachdem die rumänische Regierung in einem EU-Schreiben bereits im Oktober 2012 auf die Sachlage aufmerksam gemacht worden war. In der Antwort räumte die Regierung ein, dass der Klärteich Boşneag die Hauptquelle der Umweltverseuchung in diesem Teil des Donauabschnitts im Fall starker Winde sei und dass Rumänien die Notwendigkeit von Gegenmaßnahmen einsehe. Solcherart Maßnahmen seien von Rumänien auch vorgeschlagen worden, einschließlich die Wiedereinführung der Wässerung des Klärteichs, schreibt die EU-Kommissionsvertretung in Bukarest, aber konkret seien „noch“ keinerlei Maßnahmen getroffen worden.

Schutz von Gesundheit und Umwelt missachtet

Die europäische Gesetzgebung sieht vor, dass die EU-Mitgliedsstaaten dafür Sorge tragen, dass Bergbauabfälle so behandelt werden, dass die menschliche Gesundheit von ihnen nicht betroffen werden kann und ohne dass Verfahren und Methoden zur Anwendung kommen, welche die Umwelt gefährden, „vor allem, ohne dass Risiken für die Gewässer, die Luft, den Boden, die Fauna und die Flora entstehen“. Gleichzeitig müssen „aufmerksame Anstrengungen unternommen werden, um durch Lärm- oder Geruchsbelastung keine Unannehmlichkeiten auszulösen“, dass „die Landschaft und die Orte von besonderem Interesse nicht negativ betroffen“ werden.
An dieser Stelle sei daran erinnert: Beide ungesicherten Abraumhalden der Kupfererzanreicherung befinden sich am Westeingang zum grenzüberschreitenden Naturpark Eisernes Tor I, beim einzigartigen Donaudurchbruch durch die Karpaten und dem ersten grenzüberschreitenden rumänisch-serbischen Naturpark, Eisernes Tor/Djerdapp.

Die europäische Gesetzgebung – es sei auch daran erinnert, dass die EU-Gesetzgebung per Beitrittsvertrag eines Landes zur EU über die Landesgesetzgebung gestellt wird, egal wie diese lautet! – verpflichtet die Mitgliedsstaaten auch, „alle nötigen Maßnahmen zu treffen, um ein Aufgeben, ein achtloses Wegwerfen/Liegenlassen und/oder ein unkontrolliertes Lagern von Bergbauabfällen zu vermeiden, auch nach Einstellung des Bergbaus und der Erzanreicherung sowie nach Abstellung der Installationen zur Behandlung der Bergbauabfälle, indem der betreffende Mitgliedsstaat verpflichtet ist, alle nötigen Vorsichts- und Vorbeugemaßnahmen zu treffen, um die Risiken für die Gesundheit der Bevölkerung zu minimieren und die Umwelt möglichst nicht zu gefährden, soweit das durch das Funktionieren von Installationen garantiert werden kann.“ In jedem einzelnen dieser Punkte kann die Rumänienvertretung der EU-Kommission Mängel und Beschwerdepunkte vorlegen, weshalb die Europäische Kommission nun versucht, Rumänien per Gerichtsbeschluss zur Einhaltung seiner Vertrags- und Beitrittsverpflichtungen zu zwingen.