KOMMENTAR: Staatsstreich zwecks Erdoganisierung

Der Chefideologe des Kreml, Alexander Dugin, war just dann an der Türkischen Riviera, als auch Recep Tayyip Erdogan dort bis kurz vor dem später gescheiterten Putschversuch Urlaub machte. Diktator Erdogan war nicht mehr im Hotel, als die türkische Luftwaffe dieses bombardierte. Ein paar Stunden nach Scheitern des Putschs veröffentlichten Erdogan und seine Fundamentalisten Listen mit tausenden „Feinden“, die verhaftet, verhört, gefoltert, entlassen, „entfernt“ wurden. Aus Militär, Justiz, Verwaltung, den drei Grundpfeilern des kemalistischen Staatsgefüges, und fast 30.000 aus dem Unterrichtswesen. Dugin sprach vor seinem Abflug von einem „Parallelstaat der Amerikaner“, den es aufzulösen gelte – was Erdogan und sein Premier Yldirim seither gebetsmühlenartig wiederholen.

Dugin war unter den ersten, die offen von der tiefen Spaltung der türkischen Gesellschaft sprachen, zwischen „Kemalistischen Patrioten“, die „sofort die Beziehungen zu Russland wieder einrenken“ würden und Erdogan zwangen, Moskau um Entschuldigung zu bitten für den Abschuss des russischen Bombers an der Grenze zu Syrien, und der „Sekte Gulen und anderen pro-amerikanischen Strukturen“, die einfach an allem schuld sind.

Erdogan erklärte bereits, dass sich die Türkei von den USA entfernen und Moskau wieder annähern werden (am 8. August sind Gespräche der Alleinherrscher Putin und Erdogan angesetzt). Dugin verlautete, dass man unter Politikern der Türkei den Nato-Austritt erwäge. Dagegen habe es den Staatsstreich gegeben...

Aber es gibt auch Argumente für einen von Erdogan inszenierten Staatsstreich, in einem Land, wo die Armee (600.000 Mann unter Waffen) amerikanisch und englisch ausgebildet ist und noch nie einen Staatsstreich vermasselte. Dessen Scheitern kommt nämlich Erdogan wunderbar zupass: er kann seine Macht als Diktator ausbauen (der Ausnahmezustand kommt ihm entgegen), er kann alle, die er zu Gegnern/“Feinden“ erklärt, entfernen, zehntausende Pässe einziehen, nach Lust und Laune verhaften, entlassen, beweislos beschuldigen, erniedrigen, den Rechtsstaat aushebeln. Der Westen und die EU kuschen: Erdogan ist Herr von zwei Millionen Nahostflüchtlingen, die er jederzeit auf Kerneuropa loshetzen kann. Auch weil sich einmal mehr die „political correctness“ als Bleikugel am Fuß der offenen Meinungsäußerung erweist. Erdogan köpft seine Leibgarde, die Geheimdienste, die Heeresführung und die laizistische Intelligenzia (per Brutaleingriff in die Hochschulstrukturen) – das „Volk“ wolle es doch so.

Rumänien hat in dieser Causa eine Fistelstimme. Johannis und Cioloş meldeten sich zurückhaltend, verängstigt zu Wort, plapperten um den heißen Brei.

Die Türkei schlüpft inzwischen in eine Zwangsburka. Laizismus und Trennung Staat-Kirche werden erwürgt.