Kompetenzlosigkeit als Empfehlung

Seit gut zehn Jahren schlittert Rumänien in einen Sumpf von Kompetenzlosigkeit, Lüge, Korruption und politisch sanktionierter Kleptomanie. Es gibt viele in der Politikerkaste, die durch sichtbare oder (für den Normalwähler) unsichtbare Interessensfäden miteinander verbunden sind, quer durch die Parteien. Es geht um Geld, ums schnelle Reichwerden, indem sie nach dem „ihnen zur Verfügung stehenden“ Haushaltsgeld grapschen und gleichzeitig das Justizsystem so umbasteln, dass ihnen nichts mehr passieren kann. Mit Unterstützung eines kriecherischen bis trottligen Justizministers. Oder hat auch der Parteilose seine Interessen?

Wie Kompetenzlosigkeit durch dieses verzahnte System an Boden gewinnt, zeigt die Nominierung der Premierministerin Vasilica Viorica Dăncilă, einer Vertrauten von PSD-„Daddy“ Liviu Dragnea, die leider von einem überrumpelten und ratlosen Präsidenten Johannis mit unkaschierter Ergebenheit angenommen und mit der Regierungsbildung betraut wurde. Das wird Johannis 2019 bei den Präsidentschaftswahlen – sollte er sich, wie vermutet, stellen – Stimmen kosten. Eine taktische Verzögerung der Nominierung hätte, selbst bei offensichtlicher Alternativlosigkeit, eine das Gesicht wahrende Wirkung gehabt. Eine öffentliche Rechtfertigung für sein Abnicken wäre des Elementarste gewesen.

Die Medien bescheinigten der Dame aus Teleorman prompt, „sich durch rein nichts für den Posten der Premierministerin zu empfehlen“. Das ändert nichts an der Tragik dieses Landes. Bei aller balkanischen Devotion und Kriecherei, die man dieser Dame zutraut (die sich bisher in der rumänischen Öffentlichkeit äußerst zögerlich gemeldet hat), wird sie wohl die nächste auf der Abschussliste ihrer Partei sein.

Die politische Verantwortungslosigkeit der Regierungskoalition wurde nun zum Attentat auf die Sicherheit des Staates. Weichgeklopft ist der Staat bereits durch die absurden ökonomischen, politischen und juristischen Initiativen der Parlamentsmehrheit und des ihr nahestehenden Ungarnverbands vom vergangenen Jahr. Dass sich die Beweise häufen, dass wir es mit einer Parlamentsdiktatur zu tun haben, ist Warnung, kein Trost.

Der Unterschied zu den Zeiten des „Player-Präsidenten“ Băsescu, auch er mit diktatorischen Initiativen, liegt darin, dass dieser sich die Justiz untergeordnet hat, während die jetzigen Machthaber die Gesetze nach eigener Fasson und Bedarf „novellieren“, wodurch die Justiz nur noch tun kann, was ihnen, den Initiatoren der Selbstschutzgesetze, passt. Băsescu nutzte die Justiz als politische Waffe, setzte sie selektiv gegen Gegner ein (daher auch sein jetziges Schweigen: seine Freunde ließ auch er stehlen), die jetzige Regierungskoalition modelt sie zur Harmlosigkeit um. Der Staatshaushalt wird zum privaten Safe straffreier Machthaber, die sich selber zu juristisch Unberührbaren umwandeln. Das Recht zum Diebstahl wird Staatsraison. Die Justiz liegt gefesselt zu Füßen der Kleptokratie, die die Politik bestimmt.

Noch nie verdiente die Politikerkaste Rumäniens so viel Verachtung wie jetzt. Es wimmelt von Pseudo-Fachleuten mit fabrizierten Hochschulabschlüssen, von Doktoraten, die kompiliert, abgekupfert oder gekauft sind, von Kulturrüpeln, von ignoranten „wertvollen Persönlichkeiten“, für die bloß der unverhohlene Diebstahl zählt, ermöglicht durch Mitgliedschaft in der Regierungspartei, von Vergewaltigern der Staatssprache, denen korrektes Rumänisch fremd ist, von Kontroll- und Verbotsbesessenen, die nur zulassen, was ihnen persönlich passt, von Kriechern, die Posten ergattern, von autokratischen Postenvergebern.

Vergangenen Sonntag war ich, erstmals seit 1989, wieder unter den Demonstranten am Hauptplatz in Reschitza. Wir waren etwa hundert...