Kronstadt wird zur Handelsstadt

2018 bringt große Konkurrenz zwischen den Shopping-Malls

AFI Palace wird auf dem Gelände des Hidromecanica-Werkes gebaut. Im zweiten Teil des Jahres wird das Einkaufszentrum fertig sein.
Bild: afieurope.ro

AFI Palace wird auf dem Gelände des Hidromecanica-Werkes gebaut. Im zweiten Teil des Jahres wird das Einkaufszentrum fertig sein.
Bild: afieurope.ro

Vor 30 Jahren war Kronstadt/Braşov eine Industriestadt, mit sozialistischen Großbetrieben wie Tractorul, Roman oder Hidromecanica. Inzwischen sind die Fabriken längst Schutt und Staub. Die Industrie ist komplett verschwunden, ihr Platz wurde vom Handel eingenommen. Auf ehemaligen Fabriksgeländen entstehen riesige Einkaufs- und Freizeitzentren. Noch nie wurde so viel gebaut wie heute – doch das ist nicht immer zugunsten der Stadt.

Alles für die Bedürfnisse der Kunden

Laut Umfragen verbringen immer mehr Rumänen ihre Freizeit in den sogenannten Shopping-Malls – riesige Betonklötze am Stadtrand, in denen sich Läden, Supermärkte, Kinos, Restaurants und Fitness-Center unter einem Dach befinden. Von diesem aufsteigenden Trend wollen die großen Immobilienunternehmen profitieren.

Wenn sie von ihren potenziellen Kunden sprechen, meinen sie nicht nur Kronstädter, sondern auch Touristen, die die Stadt unter der Zinne besuchen – laut den letzten Daten sind es etwa 1,5 Millionen pro Jahr, und die Zahlen steigen konstant. Laut Investoren verfügen sowohl die einen als auch die anderen über eine überdurchschnittliche Kaufkraft.
Also muss nachgeholfen und weiter gebaut werden. Der erste Schritt in diese Richtung wurde vor zwei Jahren getan, als das Großunternehmen Immochan auf dem Gelände des ehemaligen Traktorenwerks eine Einkaufsmall baute – laut eigenen Angaben die größte in Siebenbürgen: Coresi Shopping Resort.
 

Fast 11 Millionen Besucher im Jahr 2017

Vor Kurzem gaben die Vertreter von Immochan die Besucheranzahl für das Jahr 2017 bekannt. Die Ziffern sind erstaunlich: 10,9 Millionen Kunden haben letztes Jahr den „Coresi Shopping Resort“ besucht. Das sind 15 Prozent mehr als im Vorjahr, laut Verwaltern der Einkaufsmall. Wie erwartet, herrschte der größte Andrang im Monat Dezember, als über eine Million Kunden hier eingekauft oder ihre Freizeit verbracht haben.

Das Einkaufs-und Freizeitzentrum Coresi, heute die einzige „richtige“ Mall Kronstadts, erstreckt sich auf 57.000 Quadratmetern. Sie wurde im Frühjahr 2015 eröffnet, wobei die Investition über 60 Millionen Euro betrug und damit die größte war, die in den letzten Jahren in Kronstadt gemacht wurde. Die Vertreter von Immochan erwarten, dass die Anzahl der Kunden weiterhin steigt. Letztes Jahr wurde eine Fußgängerzone eingeweiht, die die Verbindung zwischen dem Einkaufszentrum und dem Bürogelände „Coresi Business Park“ schafft, wo etwa 2500 Leute arbeiten. Diese verbringen dann ihre Mittagspause in den Restaurants und Cafés der Mall.

Für 2018 ist geplant, in der Nähe des Rieseneinkaufszentrums ein modernes Wohnviertel mit 1000 Wohnungen zu bauen – Avantgarden Coresi. Die Investition beträgt 100 Millionen Euro. Auch der zweite Teil des „Coresi Business Park“ wird 2018 fertig.
 

Die Konkurrenz wird heftig

Doch die Konkurrenz wird im Jahr 2018 hart. Mehrere Immobilienunternehmer – darunter AFI Europe aus Israel und Immofinanz aus Österreich – haben schon ihre Pläne für Kronstadt öffentlich mitgeteilt. Das bedeutet, dass es in der Stadt unter der Zinne zukünftig drei Shoppingmalls geben wird, alle werden auf ehemaligen Fabriksgeländen stehen.
„Stop Shop“ wird auf der ehemaligen Plattform von „IUS Braşov“ gebaut und wird voraussichtlich gegen Ende des Jahres fertig sein. 66 Stop-Shop-Einkaufszentren gibt es schon in Österreich, Polen, Tschechien, der Slowakei, in Ungarn, Serbien und Slowenien.

„Kronstadt ist eine Stadt mit Potenzial, besonders im Handelsbereich, der sich weiterhin entwickeln wird. Wir nehmen uns vor, mehrere internationale Brands nach Kronstadt zu bringen und somit den Bedürfnissen der Kunden entgegenzukommen“, meint Sorin Vişoianu, Vertreter von Immofinanz.

Auf dem Gelände des ehemaligen Hidromecanica-Werkes wird auch fließig gebaut. Auf einer Fläche von 40.000 Quadratmetern sollen ein neues Geschäftszentrum und Bürohochhäuser samt Parkplätzen errichtet werden. Dahinter steckt der Immobiliengigant AFI. „AFI Palace“, die Shoppingmall „im Herzen der Stadt“ (wie die Werbung lautet) soll drei Etagen umfassen, während die Hauptattraktion eine große Terrasse mit Aussicht auf die Berge sein wird. 120 Millionen Euro beträgt die Investition – doppelt so viel wie bei Coresi. Dass sich in Kronstadt schon das größte Einkaufszentrum Siebenbürgens befindet, schreckt AFI nicht ab. Manche Kronstädter sehen dieser Investition jedoch nicht mit Freude entgegen.

„Malls baut man außerhalb, nicht mitten in der Stadt“, meint ein Taxifahrer. AFI liegt im neuen Verwaltungszentrum Kronstadts, nahe an der Altstadt. Ein riesiges Einkaufszentrum ist schlecht für den Verkehr, auf einer Straße, wo es sowieso Probleme gibt, wird noch mehr Stau sein. Auch vor der Coresi-Mall stockt der Verkehr zu fast jeder Stunde des Tages.
Trotzdem stehen weitere Mall-Projekte an. In den nächsten Jahren sollen weitere Shopping-Center gebaut werden. Sogar an ganz junge Kunden wird gedacht. Am Stadtrand in der Nähe von „Eliana Mall“ wurde letzte Woche eine „Kindermall“ eröffnet: Superland. Hier können die Kleinen ihre Freizeit verbringen, während die Eltern auf sie warten. Die Preise sind auch für Kronstädter Verhältnisse hoch.

Ob diese Anhäufung von Malls der Stadt gut tut, wird sich in Zukunft klären. Eins sollte man doch nicht vergessen: Die Natur um Kronstadt herum bietet viel schönere Möglichkeiten der Freizeitgestaltung. Außerdem ist es kostenlos. Und gesund.