Kronstädter Kulturleben unter der Lupe

Das Kulturkonsortium Corona schlägt Lösungen für mehrere Probleme vor

Ausstellungen in den Basteien, Konzerte auf ehemaligen Fabriksgeländen, Filmfestivals in den alten Kinosälen der Stadt, bessere Chancen für junge Kulturvereine, aber auch kompetente Fachkräfte in den Kulturkommissionen, gute Manager in der Leitung von Kulturinstitutionen und eine bessere Kommunikation zwischen Kulturschaffenden und Behörden – das wünscht sich das Kulturkonsortium „Corona“ für die Zukunft Kronstadts. Anlässlich einer Debatte zwischen den Kronstädter Kulturschaffenden wurden die größten Probleme der Stadt identifiziert, aber auch verschiedene Lösungen vorgeschlagen.

Die Lösungen wurden an die Öffentlichkeit gebracht und den Kandidaten bei den diesjährigen Kommunalwahlen zur Verfügung gestellt, um sie in ihren politischen Programmen zu nutzen. Seit seiner Gründung im Jahr 2014 hat sich der Kronstädter Verein dafür eingesetzt, den multikulturellen Charakter von Kronstadt hervorzuheben und Chancengleichheit für den Zugang zur Kultur zu sichern. Ebenfalls ist eins der wichtigsten Ziele des Konsortiums die Vermittlung zwischen Lokalbehörden und Kulturschaffenden. Leider existiert in dieser Hinsicht noch kein wirklicher Dialog. Das führte bisher dazu, dass alle mutigen Initiativen, das Kulturleben der Stadt aufzumuntern, keine Chance hatten, verwirklicht zu werden.

„Langweilig und repetitiv“

Obwohl das Konsortium sich gewünscht hat, der Hauptpartner der Stadtverwaltung bei der Vorbereitung der Kandidatur für die „Kulturhauptstadt 2021“ zu sein, wurden am Ende Bewerbungsunterlagen mit einer Kulturstrategie abgegeben, die mit den Kronstädter Kulturschaffenden überhaupt nicht besprochen wurde. Die Strategie ist auf viel Kritik gestoßen und Kronstadt schaffte es nicht in die Endrunde. Viele sind jedoch der Meinung, dass die Chancen der Stadt unter der Zinne sowieso eher schlecht standen. Die Ergebnisse der Studie „Kulturkonsum der Bevölkerung des Munizipiums Kronstadt“, die im Herbst 2015 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, zeigten, dass für mehr als die Hälfte der Bevölkerung Kultur einen wichtigen Stellenwert im Alltagsleben hat. Dieselbe Studie besagte aber, dass 60 Prozent der Bevölkerung der Meinung sind, das Kulturangebot Kronstadts sei „langweilig und repetitiv“. Ideen und Initiativen, diesen Tatbestand zu ändern, gibt es zwar viele, aber die meisten gehen in der Bürokratie der lokalen Finanzierungsprogramme unter.

Hier wurden mehrere Probleme wahrgenommen. Eines der größten Probleme ist, dass die Kommissionen, die entscheiden, welches Kulturprojekt finanziert wird, nicht aus Experten bestehen. Die meisten von ihnen haben überhaupt keine Kenntnisse darüber, was im Rest des Landes oder im Ausland auf kultureller Ebene passiert. So kann es zu einer Situation wie in diesem Jahr kommen: Auf der Liste der Projekte, die es nicht geschafft haben, von Lokalgeldern gefördert zu werden, befindet sich auch das Jazz&Blues Festival , das bei der diesjährigen „Gala der Kronstädter Kulturpreise“ den Preis für die beste musikalische Veranstaltung gewonnen hat.

Unter den Events, die in diesem Jahr Finanzierung erhalten haben, gibt es solche, die zwar viele Einnahmen bringen und gut besucht sind, aber deren Qualität eher fragwürdig ist. Beispiele sind die „Woche der Komödie“ (ein Festival, bei dem trotz Sponsorengeldern und Finanzierungen der Stadt eine Eintrittskarte im Durchschnitt 60 Lei kostet) und die Veranstaltung „Libris International“. Beide Veranstaltungen sind auf nationaler Ebene eher unbekannt und als Kulturevents eher mittelmäßig.
Andererseits wurden Events von guter Qualität nicht finanziert, zum Beispiel das Internationale Filmfestival für Kinder „KINOdiseea“, das Kurzfilmfestival Anim´est, die Filmkarawane „Kino unter freiem Himmel“ und mehrere Projekte der jungen Kulturvereine KunSTadt oder Laborazon.
Laut dem Kulturkonsortium sind die Kriterien, nach denen die Projekte evaluiert werden, unbekannt. Ebenso gibt es keine Kontinuität in der Finanzierung von schon etablierten und bekannten Festivals. Ein anderer Aspekt, der völlig fehlt, ist die Finanzierung von Residenzprogrammen für Künstler.

Keine kompetenten Kulturmanager

Noch ein Minuspunkt ist das Fehlen von Kulturmanagern in der Lokal- und Kreisverwaltung. Es gibt zwar eine Kulturstrategie, sie kann aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht angewandt werden, da es keine kompetenten Fachkräfte gibt. Auch in den wichtigen Kulturinstitutionen der Stadt fehlen kompetente Manager. Das konnte man auch bei den letzten Wettbewerben für die Intendantenposten bei Oper, Theater und Philharmonie bemerken. Im August 2015 hatte keiner der Kandidaten für die ausgeschriebenen Stellen es geschafft, die Mindestnote zu erhalten. Beim Theater wurde im Mai dieses Jahres ein neuer Wettbewerb organisiert. Nun kommt wieder eine schlechte Nachricht: Die Intendantenstelle wurde noch immer nicht besetzt, und zwar aus dem gleichen Grund wie im letzten Sommer – keiner der beiden Kandidaten (ein Schauspieler und ein Theatermanager aus Bukarest) hat es geschafft, die Wettbewerbskommission (bestehend aus Theaterleuten aus dem ganzen Land) zu überzeugen und wenigstens die Mindestnote zu erhalten.

Grund dafür, dass die kompetenten Manager es vermeiden, nach Kronstadt zu kommen, ist vielleicht auch, dass sich die Lokalbehörden viel zu stark in die Angelegenheiten des Theaters einmischen. Aus diesem Grund hatte auch die Interimsleitung im November 2015 ihren Rücktritt bekanntgegeben. Jetzt wartet man darauf, dass ein dritter Wettbewerb beim Theater und ein zweiter bei Oper und Philharmonie organisiert wird. Es gibt die Hoffnung, dass es die neuen Direktoren durch innovative Ideen und gewagte Projekte schaffen werden, diese recht konservativen Institutionen, die sich rumänienweit nicht sehr großer Popularität erfreuen, moderner und offener zu gestalten. Auch wurden die Lokalbehörden der fehlenden Transparenz beschuldigt. Die „Kronstädter Tage“ (jährlich stattfindende Feierlichkeiten um die Junii-Parade am Sonntag nach den orthodoxen Ostern) wurden auch in diesem Jahr organisiert, ohne die kulturelle Gemeinschaft der Stadt mit einzubeziehen. Die freiberuflichen Kulturmanager wurden wieder einmal komplett ignoriert. „Man müsste die großen Events wenigstens ein Jahr im Voraus planen und dabei die gesamte kulturelle Gemeinschaft Kronstadts mit einbeziehen“ meinen die Vertreter des Konsortiums.

Kulturelle Infrastruktur benötigt Aufbau

Ein anderer Kritikpunkt bezieht sich darauf, dass nur sehr wenig in die kulturelle Struktur der Stadt investiert wird. Seit der Eröffnung der beiden Patria-Säle (im großen Saal finden Konzerte der Philharmonie statt, im kleinen Saal funktioniert eine Kinemathek) ist kein neuer Raum mehr zur Verfügung gestellt worden. Die meisten Basteien und Türme, in denen auch Kulturevents stattfinden könnten, sind für Besucher geschlossen. Alle sieben Kinos, die vor 1989 in der Stadt in Betrieb waren, sind geschlossen. „Die Zukunft der historischen Altstadt ist von den Einkaufszentren am Rande der Stadt bedroht. Es gibt immer mehr leere Schaufenster. Das wirkt sich auch auf die Kultur aus. Die jungen Leute, also das potenzielle Publikum, verbringen ihre Freizeit weniger in der Altstadt“, steht im Bericht des Konsortiums. Dagegen gibt es in den Stadtvierteln kaum ein Kulturangebot, wie es in anderen Städten der Fall ist. In Klausenburg/Cluj zum Beispiel wurde vor Kurzem das Kino „Dacia“ im Mănăştur-Viertel eröffnet. Jetzt arbeitet man daran, die Zuschauer zurückzugewinnen, da es in den Vierteln Leute gibt, die seit über 20 Jahren nicht mehr im Kino waren. Auch hat man in anderen Städten ehemalige Fabriken in Kultureinrichtungen verwandelt (z. B. die Pinselfabrik in Klausenburg oder Teba-Fabrik in Arad). Deshalb müsste man Kulturprojekte in den vom Zentrum abgelegenen Stadtteilen fördern.