Meine Sprache, deine Sprache

Symbolfoto: freeimages.com

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„Der Schreiner hat aber gepfefferte Preise!“ schimpfte mein Mann vor sich hin. „Vergiss nicht, dass der Preis das Material schon beinhaltet“, erinnerte ich ihn und suchte verzweifelt nach dem rumänischen Begriff für die recht teuren Türbeschläge als Beispiel. Er wollte mir nicht einfallen. Nur wie der gesamte Schließmechanismus heißt, fiel mir ein – nämlich „broască“, also Kröte oder Frosch. Sowas Komisches vergisst man nicht. „Na, diese Plättchen halt, vorne und hinten, da, wo die Klinke aus dem Frosch rauskommt“, umschrieb ich das gesuchte Wort und ärgerte mich über meine lächerliche Babysprache. „Şilduri?“ tönte es in schönstem Rumänisch zurück. „Ja, diese Schild-uri!“

Wieder ein Wort für meine Sammlung „Rumänisch für Handwerker“ – neben „bormaşină“ (Bohrmaschine), „şmirgel“ (Schmirgelpapier), „holşurub“ (Hohlschraube bzw. Dübel) und „şubler“ (Schublehre) – natürlich mit rumänischem Akzent und rollendem R auszusprechen, sonst versteht einen kein Mensch. Wenn sowieso alles aus dem Deutschen kommt, hilft nächstes Mal vielleicht Improvisieren? „Şurubţi“ oder „şubca“, wenn mir der Begriff für Schraubenzieher oder Schubkarre nicht einfallen will – am besten noch ein -ul dranhängen, die Pluralbildung geht dann mit -uri -. Letzere heißt übrigens „roaba“ – Sklave oder Knecht – und dies obwohl eindeutig der, der ihn schieben muss, der Sklave bzw. Knecht ist. Umso mehr musste ich mir bei unserer Hochzeit das Lachen verbeißen, als mich der Pfarrer mit „roaba lui Dumnezeu“ ansprach. Der Schubkarren des Herrn, den der Herr dann beliebig beladen, wieder entladen und nach Lust und Laune herumschieben kann... Was für ein treffendes Bild!

Sprachliches Improvisieren kann aber auch schiefgehen – und zwar in beiden Richtungen: Wissen Sie, was ein „parizer“ ist? Auf rumänisch bloß eine Presswurst. Verlangt man(n) in einem deutschen Metzgerladen Pariser, gibt‘s eine Ohrfeige von der Fachverkäuferin. Im besten Fall wird mit verhaltenem Kichern auf den nächsten Drogeriemarkt verwiesen...
Dann gibt es noch Worte mit tückischer Verwechslungsgefahr: Einen Ungarn („magyar“) als Esel („măgar“) zu bezeichnen, ist sicher nicht nett. Viel Schlimmeres passierte einem autostoppenden Freund, der von einer Nonne – auf Rumänisch mit „măicuţă“ anzusprechen – mitgenommen wurde. Versehentlich adressierte er diese mit „maimu]a“ – Affe! Worauf der offenbar gottesfürchtige Motor des Fahrzeugs prompt ins Stottern geriet und das Nönnchen süffisant grinsend den Finger erhob: „Vorsicht mit der Sprache“!

Mein Mann hingegen amüsierte sich königlich, als er mich eines Tages im Garten suchte: „Wo bist du?“ rief er, und postwendend tönte es zurück aus dem Malvengebüsch: „La naiba!“ In der Hölle! Denn Malven heißen „nalba“. Aber auch, als ich ihm eilig nachrief: „Dir ist dein Wohnwagen aus der Hose gefallen!“ Gemeint war natürlich nicht sein Wohnwagen, „rulota“, sondern „ruleta“ – sein Rollmeter. Auch direkte Übersetzungen haben ihre Tücken, doch geben sie auch Aufschluss über die Denkweise, die hinter jeder Sprache steckt: Auf Rumänisch bekommen die Frauen keine Kinder, nein, sie fabrizieren sie selbst in ihrem Bauchlaboratorium. „Fac un copil“, sagt eine Schwangere hierzulande selbstbewusst, ich mache ein Kind. Aber eigentlich auch korrekt: Denn bekommen tut sie ja nur die Hälfte der Bauanleitung – das Zusammenbasteln ist allein ihr Job!