MEINUNG: Schneller fahren, länger leben

Was kann denn schöner sein, als sich frühmorgens aufs Rad zu schwingen und in Richtung Arbeitsplatz loszufahren? Nein, die Frage ist nicht rhetorisch gemeint, denn wenn man seinen Job liebt, dann ist es bestimmt eine Freude, jeden Morgen in die Arbeit zu fahren. Am liebsten mit dem Fahrrad, will man doch schnell am Ziel ankommen und auch ein bisschen Bewegung machen. Jedoch kann dies in Temeswar zu einer wahren Hürde werden. Gerade, wenn der Weg bis zur Arbeit durchs Stadtzentrum führt. Es ist knapp ein paar Monate her, seitdem Bürgermeister Nicolae Robu den Fahrradverkehr in der Innenstadt untersagen ließ. Wenn es vor etwa einem Jahr noch möglich war, bis 17 Uhr durchs Zentrum zu radeln, so muss man zur Zeit alternative Strecken bzw. die existierenden Radwege nutzen, um die Innenstadt zu passieren. Rollende Räder haben am Dom-, Freiheits- und Opernplatz nichts mehr zu suchen.

Alternativen gibt es in Temeswar vorläufig so gut wie keine. Zwar wurden einige Radwege entlang den Hauptstraßen eingerichtet, jedoch sind diese viel zu eng und meist durch parkende Autos gesperrt. Die Pseudo-Radwege sind praktisch ein mit grüner Farbe übermalter Teil der Fahrbahn. Da die Warnblinkanlage in Rumänien bekannter Weise als Möglichkeit zum Überall-Parken gilt, ist es kein Wunder, wenn tagtäglich auf dem Radweg an der Republicii-Straße im Stadtzentrum Autos halten – die Warnblinker an, versteht sich. Als Radfahrer hat man dann die Wahl: Entweder man weicht links auf die Fahrbahn aus und riskiert, von den vorbeifahrenden Autos überrollt zu werden, oder man bleibt stehen, nimmt das Rad auf die Schulter, stellt es auf den Gehweg und setzt seinen Weg zu Fuß weiter - neben dem Drahtesel. Man fragt sich oftmals unwissend, wo denn die Kommunalpolizisten sind, wenn sie tatsächlich gebraucht werden. Wahrscheinlich laufen sie den „bösen“ Fahrradfahrern hinterher, um ihnen Geldstrafen fürs Fahren trotz Fahrverbot zu erteilen. In Temeswar betragen diese Bußgelder zwischen 630 bis 810 Lei.

Kein Wunder, wenn dann die Radfahrer tatsächlich durch die Innenstadt flitzen werden. Ganz nach dem Motto: Schneller fahren - länger leben. Egal, wie man es nimmt: In einer Stadt, die sich öffentlich als fahrradfreundlich ausgibt, ist keine dieser beiden Möglichkeiten zum Passieren des Zentrums auf zwei Rädern eine praktikable Alternative.