Menschenrechte in der Schule besprochen

Dokumentarfilm wird als Lehrmaterial an Schulen verwendet

So sieht der Kinoklub des Bukarester „Gheorghe Lazăr”-Nationalkollegs aus.

„Documentare la curte“ - Ausstrahlungen von Dokumentarfilmen im Freien, in Sommerburg/Jimbor

Eindrücke von der Eröffnungsgala des Dokufilmfestivals der Jugendlichen AdDoc Fotos: One World Romania la școală

„Es gibt sehr viele ganz tolle Lehrer, die mit ihren Schülern ausgezeichnete Aktionen unternehmen, die sie fürs Leben vorbereiten und die ihnen kritisches Denken beibringen. Man findet sie in großen wie in kleinen Städten überall im Land. Es sind Lehrer, die ihren Schülern beim Lösen ihrer Probleme helfen wollen, eine gute Beziehung zu ihnen pflegen“, erklärt Petra Dobruska, Leiterin des Programms „One World Romania la școală“ (One World Romania in der Schule). Seit vier Jahren koordiniert die gebürtige Tschechin, die seit vielen Jahren in Rumänien lebt, das Schulungsprogramm des Vereins „One World Romania“. Dieses vereint mehrere Initiativen, die sich an Lehrer und Schüler richten, mit dem Ziel, Dokumentarfilm in den Schulen als Lehrmaterial zu nutzen und, davon ausgehend, Diskussionen zum Thema Menschenrechte in Schulen aus Rumänien einzuführen. Zu diesem Zweck stellt der Verein eine reichlich ausgestattete Videothek mit rumänischen und internationalen Produktionen, dazu auch zusätzliches Material, kostenlos zur Verfügung. Hier sind unter anderen Filme zu Themen wie Diskriminierung, Segregation, LGBT, Senioren, Migration, Korruption, Klimawandel, Recht zu Kultur zu finden. „Es ist leichter, über Bullying, Proteste, Diskriminierung der Frauen anhand eines Films zu sprechen, als nur rein theoretisch“ weiß Dobruska.


In über hundert Schulen aus rund 40 Städten wird der Dokumentarfilm als Lehrmittel verwendet, der als Ausgangspunkt für Diskussionen über Themen, die Jugendliche bewegen, dient. Die Veranstalter sprechen gezielt auch kleine Gemeinden an, wo sich kulturell kaum etwas regt und wo keine Infrastruktur für kulturelle Ereignisse bestehen, um bei Jugendlichen von überall Stereotypen und Vorurteile, die tief in der Gesellschaft verankert sind, abzubauen. So wurden Schulen in Turnu Măgurele, Alexandria, Craiova, Târgu Jiu, Sinaia, Ploiești, Lupeni, oder Caracal aktiv. „Was die Lehrer begeistert und wie eine Garantie wirkt, ist die Tatsache, dass wir immer wieder zurückkehren, dass dieses Projekt langjährig ist“, erklärt Dobruska den Erfolg des Projekts. „Sie sehen einen Sinn in dieser Arbeit und unterstützen sie voll und ganz“.


Kinoklubs der Jugendlichen


In den meisten Schulen, wo die von „OWR la școală“ angebotenen Dokumentarfilme gezeigt werden, haben Jugendliche sogenannte Kinoklubs (Klubs, wo sie Filme zeigen) gegründet, die sie verwalten. Wie Manager übernehmen sie das Organisieren, von den technischen Aspekten, die die Apparatur angehen, zur Auswahl der Filme, Werbung für jedes Event, einer Einführung in die Leinwandgeschichte und der Moderation der anschließenden Diskussionsrunde mit einem Experten im Bereich des vom Film behandelten Themas.


„Ganz schön viel für Teenager“, weiß auch Petra Dobruska, doch freut sie sich jedes Mal, die Begeisterung der Lyzeaner zu sehen, die sie, gemeinsam mit ihrem Team, im Rahmen von Werkstätten ausbildet, die Kinoklubs zu leiten. „Die Schüler sprechen uns aus eigener Initiative an, sie kennen unser Projekt von Freunden oder von Facebook und wollen es auch in ihren Schulen umsetzen. Sie erhalten ein Training von uns sowie die gesamte Unterstützung, die sie brauchen“. Selbstvertrauen, um vor einer Klasse oder vor Kollegen aus dem ganzen Lyzeum über Menschenrechte zu sprechen, kann somit auch geübt werden.
Die Schülerin Maria Persu, Leiterin eines Kinoklubs und Mitveranstalterin des Festivals AdDoc, ein Festival für Dokumentarfilme, das von Schülern organisiert wird, erzählt von ihrer Erfahrungen mit „OWR la școală“: „Beim ersten Treffen waren sehr wenig Leute im Saal. Es war ein Schock“; doch habe sie gelernt, die Vorführungen gut vorzubereiten, die Kollegen mit dem Dokumentarfilm anzufreunden und ist nun vergnügt, zu wissen, dass Qualität über Quantität geht. Es sei viel besser, wenig Zuschauer zu haben, die aber wirklich Interesse an den Filmen, den Themen haben, als einen vollen Saal zu sehen, in dem die Teens am Handy spielen.


Dokumentarfilme auch für Sehbehinderte


Eine der Schulen, wo der Dokumentarfilm erfolgreich als Lehrmaterial angewendet wird, ist eine Schule für Jugendliche mit Sehbehinderung aus Buz˛u. Meist werden rumänische Filme vorgeführt, bei ausländischen Filmen lesen die Lehrer die Übersetzung laut vor. Bilder und Handlungen werden beschrieben, sodass die Schüler die Geschichte so gut wie möglich miterleben können. „Hier ist das Publikum immer konstant und es ist eine außerordentliche Erfahrung für uns, wenn sie Zusammenhänge und Vergleiche zwischen den Filmen machen, wenn sie alles verarbeiten und sie nichts kalt lässt“, freut sich die Veranstalterin über den „Erfahrungsaustausch“.

 

Kreative Dokumentation


Für Schüler, die Interesse an visueller, anthropologischer, kultureller Forschung haben, die die soziale Realität, die uns umgibt, bewegt, gibt es einen zehntägigen Workshop in Anina, wo die Teilnehmer in Teams die Geschichte eines besonderen Orts vorstellen konnten. Dafür bedienen sie sich unterschiedlicher künstlerischer Mittel wie Fotografie, Malerei, Film, Comics sowie anderer kreativer Formen der Dokumentation. Die Ergebnisse des Workshops waren Anfang April beim Museum für zeitgenössische Kunst Bukarest (MNAC) im Rahmen der Ausstellung „Anti-Instagram“ zu sehen.


One World Romania in der Schule


Was anfangs als Projekt zur Einführung des Dokumentarfilms als Lehrmaterial in der Schule gedacht war, ist nun zu einem riesigen Projekt geworden, in dem nicht nur die Lehrer aktiv mitwirken, sondern auch die Jugendlichen. Ganze sieben Programme bietet „OWR la școală“, von der Filmvorführung in der Klassenstunde, mit einer Diskussionsrunde zum behandelten Thema, über die monatlichen Kinoklubs, zu dem Dokufilm-Festival „AdDoc“, das die Veranstalter der Kinoklubs in Rumänien selbstständig organisieren und bis zu Morgenvorführungen im Rahmen des einzigen rumänischen Dokumentarfilmfestivals zum Thema Menschenrechte, „One World Romania“, in Bukarest. Auch in den Sommerferien haben die Schüler Zugang zu Dokus zum Thema Menschenrechte. Im Rahmen von „Documentare la curte“ versammeln sich Teens im eigenen Hof oder Garten oder an Orten, die sie mögen, und sehen Filme und besprechen sie danach. Auch ein Architekturbüro dient als Kinosaal für Jugendliche, die einmal im Monat in Bukarest Dokus zu Menschenrechten und Architektur verfolgen, die persönliche Erfahrungen und Stadtplanung, Erziehung und Praktikum vereinen.


Erfreut gibt Dobruska bekannt, dass sie auch weitere Projekte planen, denn sie wollen immer mehr Jugendliche erreichen. „Wenn ehemalige Schüler, die an unseren Aktivitäten teilgenommen haben, uns sagen, wie sehr sie der eine oder andere Film oder eine Diskussion beeinflusst hat, dass sie aktiv in der Gesellschaft werden, sich für andere einsetzen und auf Menschenrechtsverletzungen aufmerksam werden, sie sogar zu bekämpfen versuchen, ist das die beste Motivation, weiterzumachen, zu wachsen“, sagt Petra Dobruska.

 

Jugendliche oder Lehrer, die an ihren Schulen Teile der Realität zeigen wollen, die in ihrer Umgebung oder in fernen Ländern stattfinden, können alle notwendigen Informationen dazu unter scoala.oneworld.ro finden.

 

In der von Schülern gestalteten Zeitschrift über die Nutzung von Dokumentarfilmen in der Schule, die auf der Internetseite des Projekts, scoala.oneworld.ro, zu finden ist, gibt ein Begeisterter 11 Gründe an, um diese Klubs zu gründen. So lauten sie:
1. Ebenso wie die Geschichte helfen uns Dokus, die Vergangenheit zu entdecken, die Gegenwart zu verstehen und die Zukunft vorwegzunehmen.
2. Ebenso wie die Geografie führen uns Filme durch die Weltkarte und bieten uns einen Ausgangspunkt, manchmal sogar einen Weg.
3. Ebenso wie die Mathematik gelangen die Filme an den Grund der Wurzel.
4. Ebenso wie die Chemie zerlegen Dokus die Welt in Moleküle und zeigen, wie diese in der Gesellschaft reagieren und deren ständige Änderung beeinflussen.
5. Ebenso wie die Psychologie helfen auch Filme zum Verstehen des Selbst und des Anderen.
6. Ebenso wie die Bürgerkunde zeigen uns Filme die Funktionsmechanismen der Welt, sowie die Rolle eines jeden von uns darin.
7. Ebenso wie die Biologie schneiden die Filme ins Fleisch und nehmen die Geschichten, die uns umgeben, auseinander.
8. Ebenso wie die Physik unterstreichen Dokus die Kräfte und Spannungen, die die Welt leiten.
9. Ebenso wie die Kunst hilft die Doku, die Realität auf eine einzigartige, subjektive Weise zu erleben.
10. Ebenso wie die Logik tragen die Filme und die anschließenden Diskussionen zur Stärkung des kritischen Denkens und zum Ausdrücken der eigenen Meinungen bei.
11. Ebenso wie die Literatur enthalten die Dokus eine große Portion Poesie.


 

Jugendliche oder Lehrer, die an ihren Schulen Teile der Realität zeigen wollen, die in ihrer Umgebung oder in fernen Ländern stattfinden, können alle notwendigen Informationen dazu unter scoala.oneworld.ro finden.