Metropoliten wurde Unterschriftsrecht abgesprochen

Nachfolgekampf um Stuhl des dienstältesten Metropoliten zeichnet sich ab

Auf der Tagung der Heiligen Synode der Rumänischen Orthodoxen Kirche (BOR) vom vergangenen Freitag ist der Metropolit des Banats, Dr. Nicolae Corneanu (87), entmachtet worden. Die Heilige Synode der Rumänischen Orthodoxen Kirche beschloss, dem Metropoliten Nicolae Corneanu das Unterschriftsrecht zu nehmen. Damit wird ihm jedwede Implikation in Verwaltungsangelegenheiten der Banater Metropolie untersagt. Zu seinem Stellvertreter mit den Befugnissen des Metropoliten ernannte die Synode Irineu, den Metropoliten Olteniens.

Zur Absprechung des Unterschriftsrechts wurden mehrere Gründe angegeben: Der Metropolit hätte in der letzten Zeit wiederholt gesundheitliche Probleme gehabt, aber auch, er hätte bei mehreren Skandalen innerhalb der Priesterschaft des orthodoxen Erzbistums Temeswar/Timisoara – der Metropolit des Banats ist auch Erzbischof von Temeswar  –  nicht mit harter Hand durchgegriffen.

Die Stunde des Irineu

„Man hat angeführt, dass der Oberhirte seinen Aufgaben nicht mehr gerecht wird, dass er eigenmächtig Entscheidungen des Kirchenrats abändert und dass er gesundheitliche Probleme hat“, sagte ein hoher Geistlicher der Metropolie, der anonym bleiben wollte. „An seiner Stelle und als sein Stellvertreter ernannte die Heilige Synode Irineu von Oltenien. Irineu ist der einzige Metropolit Rumäniens, der Oberhirtenaufgaben auch im Banat übernehmen kann“, erklärte dieselbe Quelle. Konkret werden die Aufgaben des Metropoliten des Banats aber von Bischofsvikar Paisie Lugojanul übernommen, dessen Tätigkeit während des Interimats von Irineu von Oltenien überwacht und koordiniert wird.

Bischofsvikar Paisie Lugojanul soll laut derselben Quelle derjenige gewesen sein, der die Causa von Metropolit Dr. Corneanu, seinem hierarchischen Vorgesetzten, auf die Tagesordnung der Heiligen Synode der Rumänischen Orthodoxen Kirche gesetzt hat. Dieser Fall des Metropoliten des Banats ist beispiellos in der Geschichte der Rumänischen Orthodoxen Kirche. Es gibt in deren Geschichte einen einzigen Metropoliten – Nicolae Mladin von Siebenbürgen –, der sich 1981 vom Metropolitenstuhl (mehr oder weniger) freiwillig zurückgezogen hat, weil er angeblich Probleme mit seiner geistigen Gesundheit hatte. Ansonsten gilt in der Rumänischen Orthodoxen Kirche die Regel, dass ein Metropolit auf Lebenszeit ernannt wird und sich nur zurückzieht oder abberufen wird, „wenn er nicht mehr im Stande ist, elementarste Entscheidungen zu treffen“, heißt es in den Satzungen der BOR.

Als Metropolit einzigartig

Metropolit Corneanu ist zumindest in zwei bis drei Dingen in der Rumänischen Orthodoxen Kirche ein Sonderfall. Einerseits ist er der einzige Metropolit Rumäniens, der nach der Wiederzulassung der griechisch-katholischen („unierten“) Kirche nach der Wende (1990) seiner Priesterschaft angeordnet hat, das 1949 konfiszierte Vermögen der unierten Kirche, sofern es vom kommunistischen Staat der Rumänischen Orthodoxen Kirche „geschenkt“ worden war, rückzuerstatten, vor allem Kirchen, Pfarrhäuser und Kirchengüter. 

Andererseits hat er während einer Messe in einer Temeswarer römisch-katholischen Kirche das Abendmahl eingenommen und ist dafür vor die Heilige Synode der Rumänischen Orthodoxen Kirche zitiert und von dieser verurteilt worden. Mittels eines Kommuniqués, das die Synode daraufhin veröffentlichte, sind Maßnahmen gegen Priester verkündet worden, die beispielsweise ökumenische Handlungen vollbringen. Dies war von Kommentatoren seinerzeit als „Rückfall der Rumänischen Orthodoxen Kirche ins Mittelalter“ bezeichnet worden. 

Am Kirchenausschluss vorbeigeschrammt

Der inzwischen verstorbene seinerzeitige Erzbischof von Klausenburg und Feleac, der spätere Metropolit Nordwestsiebenbürgens, Dr. Bartolomeu Anania, hatte in einer beispiellos giftigen Stellungnahme sogar Nicolae Corneanus Ausschluss aus der Rumänischen Orthodoxen Kirche gefordert. 

Andererseits darf Metropolit Nicolae Corneanu – der aus der Karansebescher Gegend stammt und vor einiger Zeit das gesamte, nicht unbeträchtliche, rückerstattete Erbvermögen seiner Familie seiner Geburtsortschaft geschenkt hat – als Königmacher unter der orthodoxen Priesterschaft Rumäniens bezeichnet werden, ist doch die kirchliche Karriere des heutigen Patriarchen Daniel auf sein Wirken zurückzuführen, ebenso wie die Wahl Daniels zum Patriarchen auf den Einfluss von Corneanu zurückgeht. Die Bischöfe von Arad, Gyula in Ungarn und Karansebesch sind desgleichen auf seine Empfehlung hin von der Heiligen Synode der Rumänischen Orthodoxen Kirche ernannt worden. 
Nicht zuletzt war Metropolit Nicolae Corneanu einer der ganz wenigen hohen Geistlichen der Rumänischen Orthodoxen Kirche, der – ohne jeden Zwang – 1990 alle Gläubigen um Verzeihung gebeten hatte, weil er in der kommunistischen Zeit gezwungen worden war, an die Securitate Berichte zu schreiben, etwa nach Dienstreisen ins Ausland.

Keine offizielle Stellungnahme

Da bis zur Stunde der Abfassung dieses Beitrags in der Metropolie des Banats noch keine offizielle Stellungnahme der Heiligen Synode der Rumänischen Orthodoxen Kirche vorlag, weder als offizielles Kommuniqué über die Synodaltagung noch als Bekanntmachung an die Metropolie, war keine offizielle Stellungnahme zum außerordentlichen Fall Corneanu zu erhalten. Der Metropolit Corneanu äußert sich selbst wie folgt: „Ich bin voller Anerkennung gegenüber denjenigen, die mich unterstützen. Aber ich möchte nicht über die gegebene Situation sprechen. Es wird sein, wie es Gott zu verfügen beliebt!“ Das war sein einziger Kommentar – außerdem noch ein angelsächsisches „No comment!“.

Am Sonntag versammelten sich etwa 40 Gläubige vor der orthodoxen Kathedrale, um gegen die Entscheidung der Synode zu protestieren. In Temeswar gibt es weiterhin Überlegungen, Proteste gegen den Beschluss der Synode zu starten und deren Zurücknahme zu fordern, weil der populäre Metropolit in Temeswar und im Banat viele Anhänger hat. Nicolae Corneanu ist seit 1962 Metropolit des Banats.

Mögliche Nachfolger

Als Nachfolger des Banater Metropoliten Nicolae Corneanu – er war der langlebigste Metropolit der Rumänischen Orthodoxen Kirche – kommen Timotei, Bischof von Arad, Lucian Mic, Bischof von Karansebesch, Georgiu Gurie, Bischof von Deva und Hunedoara, oder der schon erwähnte Paisie Lugojanul, Bischofsvikar von Temeswar und angeblich Initiator der Absetzung Corneanus, in Frage. Zum Metropoliten – die Wahl hat die Heilige Synode der Rumänischen Orthodoxen Kirche – kann jeder Erzbischof oder Bischof werden, der mindestens sieben Jahre lang einer Eparchie vorstand. 

Damit fiele allein Timotei von Arad in die engere Auswahl. Allerdings ist dieser schon in fortgeschrittenerem Alter und dürfte deshalb nicht in Betracht gezogen werden. In Kreisen der Metropolie des Banats rechnet man damit, dass in die engere Auswahl Lucian Mic von Karansebesch und Paisie Lugojanul, der Bischofsvikar von Temeswar, fallen könnten. In beiden Fällen müsste aber die Metropolitenwahl im Banat um zwei Jahre verschoben werden, weil beide möglichen Kandidaten erst seit fünf Jahren im Amt sind. 

Aber Ausnahmeregelungen sind keine Seltenheit in der Rumänischen Orthodoxen Kirche.