„Mich motiviert, dass unser Smart-City-Programm in die Umsetzung geht“

ADZ-Gespräch mit dem amtierenden und kandidierenden Bürgermeister von Freck, Arnold Klingeis

Arnold Klingeis mit rotem Herzen – dem Wahlzeichen des Deutschen Forums

Der Bürgermeister ist in den Straßen, auf den Märkten viel unterwegs.
Fotos: Arnold Klingeis

In vergangenen Zeiten war Freck/Avrig ein wichtiges Zentrum für die Schwerindustrie des Landes. Mit der politischen Wende hat Freck allerdings viel an Bedeutung als Industriestandort verloren. Das größte Potenzial der Stadt war stets die Arbeitskraft ihrer Einwohner. Täglich pendelten bis zu 7000 Menschen in die Kleinstadt am Fuß der Fogarascher Berge. Seit 2008 ist Arnold Klingeis ihr Bürgermeister und zur Wahl am 5. Juni tritt er als Kandidat des Demokratischen Forums der Deutschen in Freck wieder an. Er versucht durch den Einsatz erneuerbarer Energien und moderner Technologien, die Stadt attraktiv für Investoren zu machen. Freck soll die erste „Smart-City“ in Rumänien sein. Eine energieeffiziente, ressourcenschonende und emissionsarme Stadt mit hoher Lebensqualität, in der neueste Energietechnologien zur Anwendung kommen. Mit Arnold Klingeis sprach ADZ-Redakteur Michael Mundt.

Herr Klingeis, seit 2008 sind Sie Bürgermeister von Freck. Begeht man seinen dritten Wahlkampf anders als den ersten?

Mit Sicherheit ist der dritte Wahlkampf nicht einfacher, aber man weiß, was auf einen zukommt, und kann sich dementsprechend besser darauf einstellen. Es ist in diesem Jahr ein Wahlkampf, in dem man sehr gut argumentieren muss, welches die Ziele sind. Denn es kommt häufig die Frage, wenn ich meine Ideen vorstelle: Warum hat man das bis jetzt noch nicht gemacht? Es ist nicht einfacher, eher sogar schwieriger als im ersten und zweiten Wahlkampf, denn natürlich lassen sich, aus den verschiedensten Gründen, nie alle Vorstellungen umsetzen.

Was ist dann der Amtsbonus, von dem stets gesprochen wird?

Dieser Bonus kommt in erster Linie durch das Gesetz. Da es keine Stichwahl gibt, hat der amtierende Bürgermeister die erste Chance. Die haben wir in Freck natürlich auch. Der zweite Punkt ist: die Menschen kennen mich. Nach acht Jahren ist man als Bürgermeister bekannt und die Leute wissen, was sie von mir erwarten können. Ein neuer, unbekannter Bewerber hat es da natürlich deutlich schwerer.

Wie hat sich Freck denn in den vergangenen acht Jahren verändert?

In vielen Bereichen hat sich vieles verändert, ganz besonders die Infrastruktur. Wir konnten in den letzten Jahren 40 Prozent der Straßen und Gehwege erneuern und auch die Wasser- und Abwasserinfrastruktur konnte zu über 80 Prozent modernisiert, aber auch ausgeweitet werden. Im Schulwesen wurde das Lyzeum modernisiert, genau wie Kindergärten und Krippen. Besonders gewandelt hat sich auch das Angebot an Arbeitsplätzen. Es haben sich neue Investoren angesiedelt und bereits anwesende Firmen haben sich erweitert und neue Arbeitsplätze geschaffen. Dann sprechen wir auch über Grünflächen und Parks, in denen sich vieles getan hat. Durch ein Regierungsprogramm konnten wir im Ortsteil Mârşa einen Stadtpark anlegen und darüber hinaus wurde auch der Sportplatz ausgebaut, der jetzt über ein modernes Funktionsgebäude sowie eine Tribüne verfügt.

Das bedeutet, mit der Umsetzung ihrer Vorhaben aus den Jahren 2008 und 2012 sind Sie zufrieden?

Besser geht es natürlich immer und gewiss ist auch noch viel zu tun, aber wir konnten sehr viele unserer Ziele erreichen. Auf diese Ergebnisse sind wir stolz und wollen diese in den nächsten Jahren noch verbessern.

Mit welchem Thema treten Sie, neben dem Straßenbau, der in jeder Kommune das Thema schlechthin ist, in diesem Jahr an?

Im sozialen Bereich planen wir ein Seniorenzentrum, aber auch ein Stadtkrankenhaus ist interessant für unsere Stadt. In den letzten vier Jahren konnten wir eine Notfallaufnahme einrichten, aber das ist noch nicht genug. Wir denken, ein städtisches Krankenhaus ist für unsere Bürger sehr wichtig. Weiterhin haben wir vor, ein neues Industriegebiet zu schaffen, damit Freck potenziellen Investoren ein noch besseres Angebot zur Ansiedlung machen kann. Ganz bewusst wollen wir dieses Industriegebiet mit alternativer Energie versorgen, in dem wir Ressourcen wie Sonne, Biomasse und Abfälle in Energie umwandeln.

Wer sind denn ihre Konkurrenten im Wettbewerb um die Ansiedlung von Firmen?

Natürlich ist Hermannstadt ein großer Anziehungspunkt für Unternehmen, aber auch Heltau/Cisnădie und Talmesch/Tălmaciu schnappen uns schon mal einen Investor vor der Nase weg, da sie einfach näher an Hermannstadt liegen. Oft denkt man, dass ein Investor auf das Land kommt, weil er dort billigere Arbeitskräfte findet. Doch auf dem Land ist die Ausbildung häufig nicht so gut und in der Nähe von großen Städten hat ein Unternehmen mehr Möglichkeiten. Es lässt sich dort einfacher qualifiziertes Personal finden.

Und wie gestalten sich ihre Beziehungen zu den Städten im Kreis unter diesem Aspekt?

Sehr gut, natürlich versucht jede Stadt sich am besten zu positionieren und ihre Stärken hervorzuheben. Es ist allerdings nicht so, dass unter dem Wettkampf um Investoren die politischen Beziehungen leiden. Natürlich ärgert es einen, wenn ein Investor, der sechs Monate lang in Freck mit uns verhandelt hat, dann plötzlich nach Heltau geht. Das ärgert, aber das ist die freie Wirtschaft. Wir können niemanden zwingen, nach Freck zu kommen, aber wir wollen, wenn unser Smart-City-Programm soweit entwickelt ist, potenziellen Investoren ausschließlich nachhaltige Energie für ihre Arbeitsprozesse liefern. Das soll ein entscheidendes Argument für ihre Standortentscheidung werden. Wir möchten, dass sich hier Firmen ansiedeln, die bewusst nachhaltig und ökologisch produzieren wollen.

Wie steht es denn um Freck, auf seinem Weg zu „einem der führenden Zentren für erneuerbare Energien“ im Land?

Durch eine Finanzierung von Electrica konnten wir die gesamte Stadt mit intelligenten Stromzählern ausstatten. Darüber hinaus wurden auf den Schulen der Stadt Photovoltaikanlagen installiert. Unsere Stadtwerke versorgen derzeit etwa 800 Verbraucher mit Energie aus einem städtischen Netzwerk, welches zum Teil mit grüner Energie aus Freck selbst gespeist wird. Wir haben einige Versuche mit LED unternommen, so wird beispielsweise unser Lyzeumscampus in  Mârşa mit Lampen beleuchtet, die in der Nacht weniger stark leuchten als am Abend, und wir verfügen über Energiepflanzen, welche wir über ein kleines Kraftwerk in Wärme umwandeln. Es sind verschiedene Ansätze, die in den nächsten Jahren von Pilotprojekten in dauerhafte Lösungen übergehen sollen.

Wir haben beispielsweise einen Investor, der Holzspielzeug produziert. Den Abfall der Produktion möchten wir gerne durch ein Blockheizkraftwerk in Energie umwandeln. Es soll ein lokaler Kreislauf geschaffen werden, der zu einer Smart-City-Entwicklung führt. Wir sind sehr stolz auf diese Entwicklung und werden in unserem Handeln durch den Besuch von Delegationen aus den verschiedensten Ländern, die sich für unsere Problemlösungen interessieren, bestärkt. Mit unserer Politik folgen wir einem internationalen Trend und ich bin sicher, dass in diesem Bereich in den nächsten Jahren noch sehr viel passieren und Freck als Pilotstandort noch weitere Projekte implementieren wird.

Wie wurde dieses Ansinnen, Freck zu einer Smart-City zu entwickeln, denn über die Jahre von der Bevölkerung aufgenommen?

Das waren insbesondere zu Beginn gemischte Ansichten, aber mittlerweile denken viele Menschen, dass alternative Energien und nachhaltige Entwicklung etwas Gutes sind. Manche sagen zwar hinter vorgehaltener Hand, dass das nicht nach Freck gehört, sondern eher nach Hermannstadt oder Bukarest, aber da sage ich dann: Eine Smart-City in einer großen Stadt zu entwickeln, ist viele Male komplizierter als in einem kleinen Städtchen. Deswegen bin ich überzeugt, dass es einfacher ist, eine energieautarke Stadt in einem Ort wie Freck zu entwickeln, als in Bukarest oder Hermannstadt. Generell wird das Programm heute positiv gesehen, auch wenn manche meinen, dass es zu langfristig orientiert ist. Eine Utopie ist es aber nicht mehr.

Überall wird von alternativer Energie und Energiesparsamkeit geredet. Durch die intelligenten Zähler spart man 8 bis 15 Prozent Energie, da es keine Verluste mehr gibt. Das ist ein kleines Argument, aber schauen wir auf die bereits wärmegedämmten Wohnblock in Frecks. Dort sparen die Menschen 30 bis 50 Prozent an Heizkosten jeden Winter, und das spürt man dann auch im Portemonnaie. Darüber lässt sich auch ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Energieeffizienz schaffen, sodass es heute kaum noch Bürger gibt, die unseren Weg als utopisch oder unmöglich betrachten. Es ist heute anders als vor sieben Jahren. Damals war es sehr umstritten, aber heute sehen die Menschen die ersten Resultate.

Wie steht es denn um ihre Chancen auf eine dritte Amtszeit als Bürgermeister, die Umfragen der anderen Parteien sahen Sie im Winter leicht vorne?

Ich bin überzeugt davon, dass das Deutsche Forum in Freck eine sehr gute Arbeit geleistet hat und die Bürger dies auch anerkennen. Wir haben eine sehr gute Mannschaft mit großer Kompetenz und ein Programm, das überzeugt. Dementsprechend bin ich sehr zuversichtlich, dass die Bürger das Forum und mich für eine dritte Amtsperiode wählen werden. Momentan haben wir durch eine Allianz mit der PNL eine formelle Mehrheit. Diese hat in manchen Bereichen funktioniert, in anderen nicht. Durch die Wahl hoffen wir, unsere Ausgangsposition für die nächste Legislaturperiode noch etwas zu verbessern. Bis zum 5. Juni müssen wir dafür allerdings noch hart arbeiten.

Was motiviert Sie denn, für eine dritte Amtszeit zu kandidieren?

Am meisten motiviert mich, dass unser Smart-City-Programm im dritten Mandat in die Umsetzung gehen wird. Durch die europäischen Programme haben wir uns sehr viele Ideen und Know-how angeeignet. Auch die Rahmenbedingungen stimmen jetzt. Ich wünsche mir sehr, dass dieses Programm Realität wird und dass es in Rumänien eine Stadt gibt, die ausschließlich mit alternativer Energie versorgt wird.

Sie sagten, bis zum 5. Juni muss noch hart gearbeitet werden. Wie sieht denn ein Tag im Wahlkampf von Arnold Klingeis aus?

Er fängt morgens um 6 Uhr an und endet abends um 23 Uhr. Es ist ein langer Tag. Ein Tag, den ich zum Teil im Büro, aber auch viel auf der Straße, dem Markt und überall dort verbringe, wo ich mit Menschen ins Gespräch kommen kann. Wir haben dabei natürlich den Vorteil, dass die Leute uns kennen. In den letzten acht Jahren haben wir viele Projekte implementiert und somit auch die Möglichkeit gehabt, mit den Menschen zu sprechen und Kontakte aufzubauen. Doch auch die Opposition schläft nicht. Alles, was von uns aus den verschiedensten Gründen nicht umgesetzt werden konnte, wird hervorgehoben. Wir arbeiten aber zuversichtlich auf den Wahltag hin.