Mit dem Ruderboot übers Schwarze Meer

Der Kronstädter Andrei Roşu und seine vier Kollegen üben für die Atlantiküberquerung

Mit diesem Boot soll sowohl das Schwarze Meer als auch der Atlantische Ozean überquert werden.
Foto: andreirosu.org

Am Freitag, dem 16. Juni, startete das modern ausgerüstete Ruderboot „Maria“ von Limanu an der rumänischen Schwarzmeerküste in Richtung Batumi (Georgien). Zu überwinden sind rund 1200 Kilometer. An Bord befinden sich Andrei Roşu, der Sportarzt Vasile Oşean, Ionuţ Olteanu, Marius Alexe und Alexandru Dumbravă. Wenn ihnen dieses Abenteuer gelingt, gehen sie ins Guinness-Buch der Rekorde ein. Denn bisher hat kein Team diese Leistung vorweisen können. Allerdings schaffte die Schwarzmeer-Überquerung im Vorjahr ein Engländer im Alleingang in 29 Tagen. Der Kronstädter Andrei Roşu und sein Team wollen den Rekord brechen und pro Tag rund 100 Kilometer zurücklegen. Wenn das Wetter mitspielt, könnten sie in rund zwölf Tagen am Ziel sein. Darüber hinaus ist dieser Rekordversuch auch eine Generalprobe für ein noch schwierigeres Unternehmen: die Atlantiküberquerung.

Auf sich selber gestellt

Selbstverständlich verlangt so ein waghalsiges Unternehmen eine entsprechende Vorbereitung, beginnend beim Boot bis zur körperlichen Kondition. Andrei Roşu, der bereits als Extremsportler mehrere Ultra-Marathons sowie Triathlons gemeistert hat, ist bekannt für seine Motivations-Kurse und für sein Talent im Fundraising. Auch das Hauptziel für 2017 – die Atlantiküberquerung – ist wohltätigen Zwecken gewidmet. Es geht um Spenden für das sozial-ärztliche Zentrum in der Gemeinde Adunaţii Copăceni und für die Kronstädter Hospiz-Stiftung „Casa Speranţei“. Das Ziel lautet: 500.000 Lei. Davon wurden bereits über 100.000 Lei von verschiedenen Sponsoren überwiesen. Hauptpartner in diesem Abenteuer ist die Supermarktkette „Kaufland“.

Für die Überquerung wurde eines der besten Ruderboote der Welt für 100.000 Pfund Sterling erworben. Es ist das Boot, das 2015 in der Atlantiküberquerung – der Ruderwettbewerb „Talisker Whiskey Atlantic Challenge – siegreich war. Es wurde auf Grund einer Internetbefragung in „Maria“ umgetauft und verfügt über Solarzellen für die ständige GPS-Ortung. Außerdem hat es eine Vorrichtung für die Umwandlung von Salzwasser in Trinkwasser. Außer Roşu und Oşean wurden die anderen Team-Mitglieder unter rund 250 Kandidaten ausgewählt. In der Atlantiküberquerung, die am 12. Dezember in La Gomera von den Kanarischen Inseln in Richtung Antigua (rund 5000 km) startet, dürfen aber nur vier Ruderer an Bord sein. Fürs Schwarze Meer sind es fünf, weil für jeden Fall auch an einen Ersatzmann gedacht wurde. Alle haben mehrere Trainingslager hinter sich. Das Wichtigste war die Woche, die sie im Mai in Teignmouth (England) verbracht haben und wo sie auch Prüfungen in Navigation, Erste Hilfe und anderen Bereichen erfolgreich bestanden haben. Diese Schulung wird von den Veranstaltern des Atlantic Challenge als Pflichtvoraussetzung zur Startberechtigung gestellt.

Auf hoher See werden die fünf abwechselnd rudern. Je zwei rudern für rund drei Stunden und werden dann abgewechselt. Die Kraftanstrengung hinterlässt Spuren: Man geht davon aus, dass die Teilnehmer während des Atlantic-Challenge-Rennens bis zu 20 Prozent ihres Körpergewichtes verlieren. Also hieß es für Roşu und seine Gesellen mindestens zehn Kilo pro Person zulegen. Ein besonderes Ernährungs- und Trainingsprogramm ermöglicht das, wobei es diesmal darum geht, trotz Fitness- und Kräfteübungen, nicht abzunehmen sondern zusätzliche Kilos (wenn möglich als Muskelmasse) zu gewinnen. Alle fünf sind zuversichtlich, dass ihr Abenteuer gut endet und dass sie in den ersten Juli-Tagen wohlbehalten wieder zu Hause sind. Die Rückflugkarten aus Batumi sind bereits gebucht; Andrei Roşu hofft auch nachträglich seinen 41. Geburtstag (30. Juni) gebührend feiern zu können.

Das Meer und seine Symbole

Andrei Roşu hat als Motivations-Coach auf seinem Blog sechs Zitate angeführt und kommentiert, die Auskunft geben, warum er und sein Team sich zu diesem riskanten Abenteuer entschlossen haben. Denn es geht nicht nur darum, Geld zu sammeln, einen Rekord zu brechen oder in die Schlagzeilen zu gelangen. Es ist auch eine Lebenseinstellung. Die Leitgedanken sind:

1. „Wir können nicht den Ozean überqueren, wenn wir nicht den Mut haben, das Ufer aus den Augen zu verlieren.“ In den Alltag übertragen: keine hohen Ziele sind erreichbar, wenn man nicht aus der „Komfortzone“ herauskommt.
2. „Der Sturm formt gute Seeleute“. Sturm könnte da mit Schwierigkeiten gleichgestellt werden, die jeder irgendwann zu überwinden hat.
3. „Wenn du nicht weißt, welchen Hafen du anpeilst, dann ist jeder Wind günstig.“ Roşu übersetzt es so: wir haben die Wahl, uns für die eigenen Träume einzusetzen oder eben für die Träume der anderen.
4. „Die Boote liegen sicher im Hafen – aber nicht dafür sind sie gedacht.“ Unsere Welt ist viel sicherer, als sie in der Regel dargestellt wird.
5. „Kein Boot segelt von allein.“ Roşus Deutung: Bis wir nicht selber anpacken, tut sich nichts von allein.
6. „Du kannst den Wind und die Meeresströmungen nicht beeinflussen, aber du kannst dein Schicksal anpassen.“ Es ist einfach, äußere Umstände dafür verantwortlich zu machen, was einem zustößt; aber es wird der Zeitpunkt kommen, wo Schuldzuweisungen nur deinem traurigen Spiegelbild gelten.