Mit siebenbürgisch-sächsischem Bauerbe verantwortungsvoll umgehen

Stand der Restaurierungsarbeiten an Hermannstädter Stadtpfarrkirche

Blick vom Triumphbogen in das Mittelschiff der Kirche während der archäologischen Grabungen. Foto 9. Juni 2018.
Fotos: Hermann Fabini

Ansicht der Burg in Marienburg von Westen. Foto 13. Mai 2005.

Aus etwa dem gleichen Blickwinkel gesehen am 5. Oktober 2017.

Am 31. Januar hat der Chefplaner der zurzeit laufenden Restaurierungsarbeiten an der Hermannstädter Stadtpfarrkirche, Architekt Mihai Țucă, für die Teilnehmer einer Tagung der Architekten der Kreise Hermannstadt und Vâlcea eine Führung auf der Baustelle gemacht. Eingangs hat er über die archäologischen Grabungen berichtet, die unter der Leitung der Kronstädter Archäologin Daniela Marcu-Istrate im vergangenen Jahr durchgeführt wurden. Er erwähnte, dass verschiedene Fußbodenplatten auf der Rückseite Reliefs aufwiesen, dass ein besonderer Fund der Grabstein des Bürgermeisters Armbruster war und dass die Grabkammer von Brukenthal nicht geöffnet worden sei. Bei den Grabungen sind zwei frühere Fußbodenhöhen zum Vorschein gekommen, 26 cm bzw. 40 cm unter dem heutigen Niveau. Man hat sich entschieden, für den neuen Fußboden die Höhe von 26 cm unter dem Niveau zu berücksichtigen. Die Grabungen haben unter anderem auch Gewissheit über den romanischen Vorgängerbau gebracht: Es konnten sowohl die Grundmauern der halbkreisförmigen Apsis als auch beide Apsidiolen identifiziert werden. Noch nicht geklärt ist der westliche Abschluss der romanischen Kirche.

Ein weiterer Schwerpunkt seiner Präsentation hatte die statischen Konsolidierungsarbeiten zum Thema: Es ist vorgesehen, in einigen Wänden der Kirche vertikale und horizontale Bohrungen durchzuführen und darin Stahlarmierungen einzubringen. Außerdem soll die nördliche Mittelschiffmauer durch Binder abgestützt werden. Dislozierte Gewölberippen sind in einer früheren Phase der Restaurierung an Bögen aus Beton bzw. Holz aufgehängt worden, hierzu waren Fotos zu sehen.

Architekt Țucă erwähnte, dass ein ursprüngliches Projekt ein Gesamtvolumen von 12, 6 Millionen Euro hatte, dass aber das gegenwärtige Vorhaben einen Wert von nur 5 Millionen Euro habe. Die reduzierte Finanzierung würde sich auf die Außenarbeiten an der Kirche negativ auswirken, diese könnten nur in geringem Maß durchgeführt werden. (Zu den im großen Projekt geplanten Arbeiten habe ich in einem Artikel der ADZ vom 26. April 2014, S. 3, und in der „Siebenbürgischen Zeitung“ vom 5. Mai 2014, S.5, Stellung genommen.)

Auf die Heizung der Kirche angesprochen, sagte er, dass eine Warmwasserbodenheizung vorgesehen sei. Sein Kommentar dazu: Früher hätten sich die Leute warm angezogen, heute sei man eben verwöhnter. Den Ausführungen war zu entnehmen, dass diese Heizung ein Wunsch der Bauherrschaft sei, den er in das Projekt aufgenommen habe, deren Notwendigkeit er aber nicht zur Gänze einsehe.

Tatsächlich bedeutet diese Art von Heizung einen neuen Fußboden aus dünnen Steinplatten in der ganzen Kirche. Angesichts der Tatsache, dass keine großen Temperaturschwankungen erlaubt sind, muss praktisch das halbe Jahr kontinuierlich geheizt werden, was Erdgaskosten in der Größe von ca. 7000 bis 10.000 Euro bedeutet. Für die Aufbewahrung wertvoller Kunstobjekte wie Altäre, Orgeln, Epitaphien u. dgl. ist das Heizen der Räume problematisch. Besonders die Bildung von Kondenswasser kann sich negativ auf deren Erhaltungszustand auswirken. Hier ist zu erwähnen, dass die Aufbewahrung der beiden vorreformatorischen Altäre aus Radeln und Schweischer in der Johanniskirche nicht als optimal angesehen werden kann und es sinnvoll wäre, diesbezüglich Überlegungen mit der Restaurierung der Stadtpfarrkirche zu verbinden. Im Zusammenhang mit dem neuen Fußboden stellt sich auch die Frage, was mit den Steinplatten, meist Grabplatten, des alten Fußbodens, die zurzeit im Hof gelagert sind, geschehen soll; werden sie unter dem neuen Boden verlegt oder wie Müll entsorgt? Dass die Kirchenheizung auch mit wesentlich geringeren Eingriffen in die historische Substanz erfolgen kann, ist im romanischen Dom in Karlsburg-Alba Julia zu sehen, wo auf die historischen Kirchenbänke elektrisch geheizte Sitzkissen gelegt wurden.

Während seiner Ausführungen erwähnte Architekt Țucă, es sei vorgesehen, den vorreformatorischen Altar (siehe ADZ vom 3. Dezember 2013, S. 3), der in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts restauriert worden ist, zusammen mit der Orgel aus einer Dorfkirche in der Ferula aufzustellen. Angesichts der Tatsache, dass das Restaurierungsprojekt vorsieht, den Zugang der Touristen durch das Südportal der Ferula zu lenken und zu diesem Zweck ein durch Glaswände abgeteilter Verkaufsstand und Sanitäranlagen eingebaut werden sollen, drängt sich die Frage auf, ob dieser Eingangsbereich der richtige Ort für den wertvollen Altar ist, der ursprünglich im 16. Jahrhundert für den Hauptraum der Kirche erstellt worden war, wie das eine Studie des Klausenburger Forschers Ciprian Firea überzeugend nachweist („The Great Altarpiece of the Passion from Sibiu and its Painters, Acta Musei Brukenthal VII. 2. Sibiu 2012, S. 229-246). Selbst diese Entscheidung, die man auf das Fehlen eines klaren, denkmalgerechten und glaubensmäßig schlüssigen Konzeptes für die Gestaltung der Innenräume des Baudenkmals zurückführen kann, ist im Vergleich zu der Erstellung einer Bodenheizung weniger problematisch, weil die Möglichkeit besteht, zu einem späteren Zeitpunkt diese Situation zu korrigieren, während bei dem Ersetzen des Fußbodens der Kirche unumkehrbare Tatsachen geschaffen werden.

Die Hermannstädter Stadtpfarrkirche ist in den letzten 170 Jahren schon zweimal Gegenstand von Restaurierungen gewesen: in den Jahren 1853-1855 und 1905-1912. In beiden Fällen ist man nicht zimperlich mit der Originalsubstanz umgegangen. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Teile des noch vorhandenen Lettners im Querschiff der Kirche, die zu Emporen umfunktioniert worden waren, abgetragen und die steinerne gotische Kanzel an einem Pfeiler des Mittelschiffs wurde durch eine größere hölzerne Kanzel am Triumphbogen ersetzt. Der barocke Altar wurde abgetragen und an dessen Stelle der heutige neugotische aufgestellt. Aus dieser Zeit stammen auch die Bänke im Mittelschiff und in den Seitenschiffen. Während der Arbeiten am Anfang des 20. Jahrhunderts, erfolgte die Ummantelung des Glockenturmes mit dem neuen Material Beton, was vom denkmalpflegerischen Standpunkt fragwürdig ist. Dabei wurde auch der Raum unter dem Turm mit Steinen und Mörtel bis unter das Gewölbe aufgefüllt (siehe „Kirchliche Blätter“ Nr. 10, 1989, S. 6). Leider ist auch das Westportal mit seiner spätromanischen bzw. gotischen Profilierung zugemauert worden. Während dieser Arbeiten hat man auch den Großteil des mittelalterlichen Verputzes im Kirchenraum abgeschlagen und mit einem Edelputz ersetzt. So fällt das gegenwärtig großflächige Entfernen des Putzes, wie es leider auf vielen Baustellen der Denkmalpflege in unserem Land praktiziert wird, weniger schwer ins Gewicht.

Nun kann man argumentieren, dass das Restaurierungsprojekt der Stadtpfarrkirche die Genehmigungsverfahren der staatlichen Denkmalpflege durchlaufen hat, dass somit eine gewisse Garantie für das Einhalten der spezifischen Erfordernisse einer denkmalgerechten Restaurierung gegeben ist. Man berücksichtigte also Kriterien, wie sie etwa in den 16 Artikeln der Charta von Venedig definiert sind (Internationale Charta über die Konservierung und Restaurierung von Denkmälern und Ensembles, Venedig 1964). Leider zeigt die Erfahrung der letzten Jahrzehnte, dass diese Garantie hierzulande nicht vorausgesetzt werden kann. Nehmen wir z. B. die Arbeiten – von Restaurierung kann dort nicht die Rede sein – an der Burgruine in Marienburg, wo auf die historischen Mauern willkürlich Häuschen aufgesetzt und eine Phantasieeinfahrt gebaut wurde. Dieser Umgang mit der „Seele Siebenbürgens“ sollte bei denjenigen, die noch eine Spur von Verantwortung für das siebenbürgisch-sächsische Kulturerbe empfinden, die Alarmglocken läuten lassen. Es handelt sich dabei nicht um einen Einzelfall, wenn wir an Baumaßnahmen an den Burgen in Reps und Deva oder an jene auf der Burg in Schäßburg denken. Vergleiche mit der Zeit vor 1989 zeigen, dass der damalige Mangel an finanziellen Mitteln unseren Baudenkmälern, aus heutiger Sicht, gar nicht so schlecht bekommen ist.

Bei einem verantwortungsvollen und kompetenten Management, unter Einbeziehung der Landeskommission für Denkmalpflege, könnte, angesichts der Erkenntnisse der archäologischen Grabungen, der Herabsetzung des Fußbodens und mit Hinweis auf den wertvollen alten Fußboden, auf die Warmwasserheizung der Kirche auch zum heutigen Zeitpunkt noch verzichtet werden, besonders auch mit dem Hinweis, dass die dadurch freiwerdenden Mittel für dringend notwendige denkmalpflegerische Maßnahmen an den Fassaden der Kirche eingesetzt werden könnten.

Es wäre sehr zu begrüßen, wenn unsere sächsische Gemeinschaft, auf den verschiedenen Ebenen ihrer Organisationen und ihrer Vertreter im In- und Ausland, sich zu einer solchen Initiative motivieren ließe. Natürlich bedeutet das schwierige Auseinandersetzungen, Einsatz auf hoher Ebene und letztendlich den Kampf um die Einhaltung der in Europa anerkannten Maßstäbe und Werte. Gerade die Hochhaltung und Umsetzung dieser Werte im Karpatenraum hat die Geschichte der Siebenbürger Sachsen über die Jahrhunderte ihrer Existenz bestimmt. Sich davon zu verabschieden, bedeutet mehr oder weniger, unsere Existenzberechtigung in diesem Umfeld in Frage zu stellen. Natürlich kann man die Dinge weiterhin so laufen lassen, wie sie eben laufen, dabei ist jedoch zu befürchten, dass das Beispiel Schule macht und auch andernorts ähnlich unverantwortlich mit sächsischen Baudenkmälern umgegangen wird. Machen wir uns bewusst: Die Verantwortung für unser kulturelles Erbe in Siebenbürgen kann und soll in der heutigen Lage nicht an andere Institutionen und Organisationen delegiert werden, sie bleibt bei uns, und dementsprechend wird von unserer heutigen Saat die Ernte ausfallen.