„Mittelfristig besteht Gefahr, dass die guten Teilnehmer vom Markt verschwinden“

Interview mit Peter Hochmuth, Unternehmensberater und Präsident des DWC

„Firmen, die eigentlich gut und sauber dastehen, ein tolles Produkt und tolle Preise haben, kriegen keinen Auftrag.“ – Peter Hochmuth (rechts) wurde vom Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Rumänien, Werner Hans Lauk, der Bundesverdientskreuz am Bande überreicht. Foto: Zoltán Pázmány

Peter Ludwig Hochmuth ist seit zehn Jahren Präsident des deutschsprachigen Wirtschaftsclubs (DWC) Banat . Seit dreizehn Jahren lebt und arbeitet der gelernte Diplom-Kaufmann in Rumänien. Als Unternehmensberater hilft er Investoren aus dem deutschsprachigen Raum in Rumänien einzurichten. Peter Hochmuth engagiert sich zudem in kulturellen und Bildungsprojekten. Für seine langjährige Tätigkeit erhielt er im Oktober den Bundesverdienstkreuz am Bande. BZ-Redakteur Robert Tari sprach mit Hochmuth über Rumänien als Investitionsstandort und die großen Herausforderungen, die das Land noch zu bewältigen hat.

 

Herr Hochmuth wir würden Sie aktuell Rumänien als Investitionsland einschätzen?

Rumänien als Investitionsstandort finde ich momentan wieder sehr interessant für Investoren, besonders für jene die ihre Produktion hierher verlagern wollen. Natürlich gibt es Standorte wie Temeswar oder Hermannstadt, wo Arbeitskräftemangel herrscht, aber man findet dafür qualifizierte Arbeitnehmer und es gibt genügend andere Regionen, die Potenzial haben. Die Immobilienpreise, die Gewerbeflächenpreise haben sich in den letzten Jahren beruhigt. Auch die Gehälter. Natürlich ist Rumänien kein Billiglohnland mehr, aber es sind durchaus wettbewerbsfähige Gehälter, und wir haben diese Standardfaktoren, wie Nähe zu den Märkten in deutschsprachigen Ländern, die Sprachgewandtheit, die Zusammenarbeit mit den Hochschulen ist positiv zu bewerten und langsam werden wir auch Facharbeiter heranbilden. Das landesweite Projekt wird immer stärker.

Und hinzu kommt noch die politische Lage. Wenn wir uns in Europa und den Nachbarregionen umschauen, dann sehen wir, dass das in den letzten Monaten ein sehr aktuelles Thema geworden ist: Wo gehe ich als Investor hin, und weiß, dass ich in Ruhe gelassen bin. Da gibt es leider genug Länder, die bisher im Fokus der Investoren standen, die leider sehr instabil geworden sind. Darum wird Rumänien wieder attraktiv: Es ist EU-Mitglied und die Präsidentschaftswahl hat gezeigt, dass die Bürger in die Demokratie hineingewachsen sind. Auch die politischen Aussichten sind sehr gut. Ich denke, keiner wird ernsthaft befürchten, dass in Rumänien in absehbarer Zeit von welcher Seite auch immer, die Stabilität in Frage gestellt wird.

 

Gegen Rumänien sprechen seit Jahren drei Hauptargumente: fehlende Infrastruktur, fehlendes Umweltbewusstsein und Korruption. Wie  sprechen Sie diese Punkte bei potenziellen Investoren an?  

Das muss offen diskutiert werden. Ausländische Firmen halten sich, was die Korruption angeht, raus. Die Großen haben ihre internen Richtlinien, die auch intern meist sehr streng geprüft werden, da ist es sowieso klar und bei den anderen, bei den kleineren sind wir auf dem guten Weg. Aber ich mache sie auch noch einmal ausdrücklich darauf aufmerksam, sie sollen sich sauber halten, sonst gibt es große Probleme. Bei einheimischen Investoren oder Unternehmen, die mit westlichen Märkten arbeiten wollen, dort ist die Diskussion natürlich intensiver. Ich weise da ganz klar darauf hin, dass die westlichen Firmen mittlerweile sehr sensibel sind und bei den geringsten Anzeichen, dass da nicht sauber gearbeitet wird, gibt es kontraktliche Probleme. Das betrifft auch das Problem Umwelt. Umwelt ist kein kleineres Thema. Ich weiß von Kollegen, die die Automobilindustrie in Deutschland beliefern, dass sie von ihren Kunden kontrolliert werden. Es kommen Audits und da ist Abwasser zum Beispiel ein großes Problem. Sie haben das Problem, dass es in Rumänien noch nicht überall oder nicht Flächendeckend vernünftige Kanalisation gibt. Sie können somit das Problem selber teilweise gar nicht beheben oder sie müssen sich auf eigene Kosten hundert Meter Kanalisation selber bezahlen, damit sie ans Netz angeschlossen werden, weil deren Kunden sagen: „Du hast zwar super Qualität, du hast tolle Produkte, vernünftige Preise, aber die Umweltstandards passen nicht.“

 

Das heißt Umwelt ist ein großes Thema auch für die Firmen mit Standort in Rumänien.

Das ist ein sehr großes Thema. Es ist ein Thema, das über die Wirtschaft ins Land gebracht werden muss und eben alle Firmen, sowohl die Einheimischen, als auch die westlichen Investoren müssen Druck auf die Behörden ausüben, auf die Lokalen und auf die Nationalen, damit sie dieses Thema angehen, weil die Firmen nicht mehr konkurrenzfähig sein werden, wenn mittelfristig, langfristig diese Probleme nicht gelöst wird.

Aber hier kommt Korruption wieder ins Spiel. Denn besonders im Bereich Staatsaufträge ist die Korruption sehr stark und behindert dadurch die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Auf der einen Seite ist die Konkurrenzfähigkeit des ganzen Landes gegenüber anderen Ländern in Gefahr, auf der anderen Seite verzehrt sich der Wettbewerb im Land. Firmen die eigentlich im Wettbewerb nicht bestehen können, weil sie nicht die entsprechenden Produkte oder Preise haben, bekommen über Korruption, die Aufträge. Firmen, die eigentlich gut und sauber dastehen, ein tolles Produkt und tolle Preise haben, kriegen keinen Auftrag. Mittelfristig besteht die Gefahr, dass die guten Teilnehmer vom Markt verschwinden oder an den Rand gedrängt werden, während die, die eigentlich auf einem vernünftigen Markt nichts zu suchen haben, sich ausbreiten. Aber die sind nicht international wettbewerbsfähig. Der inländische Markt verzehrt sich und hat keinen Stand mehr international. Der Erfolg ist kurzfristig. Langfristig können diese Firmen nicht erfolgreich bleiben, weil sie international keine Chance haben und nur auf dem nationalen Markt.

Was die Infrastruktur betrifft: Bis auf ein Paar Inseln im Lande, wie Hermannstadt oder Kronstadt, befinden sich die westlichen Investitionen, die Industrieinvestitionen sehr stark an der Westgrenze. Weil sie eben die ungarische Infrastruktur schnell nutzen können. Das ist natürlich auch ein Problem für den Rest des Landes. Solange es kein vernünftiges Autobahnnetz ins Land rein gibt, wird auch die Ansiedlung außerhalb dieser Zentren nur sehr zögerlich weitergehen. Weil es wichtig ist, wie schnell eine Firma am Markt mit seinen Produkten ist, wie schnell komme ich zum Flughafen, wie schnell komme ich mit Geschäftspartnern zusammen.