Moderne Sklaverei wird durch Online-Angebote gefördert

Länderübergreifende Kooperation gegen Menschenhandel und Zwangsarbeit

„Menschen wurden in der letzten Zeit wegen der Wirtschaftskrise noch verletzbarer, deshalb ist es wesentlich, die Zivilgesellschaft zu informieren und Erfahrungen auszutauschen“, erklärte der evangelische Stadtpfarrer von Bukarest und Bischofsvikar, Dr. Daniel Zikeli (1. v. l.), auf der Tagung.
Foto: Aida Ivan

Das Internet hat ein riesiges Potenzial für Arbeitsemigranten – mit ein paar Klicks kann man mit  möglichen Arbeitgebern überall in der Welt Kontakt aufnehmen. Für Menschenhändler ist es genauso leicht, den Arbeitslosen durch fiktive Firmen und deren betrügerische Phantom-Webseiten oder Kopien anerkannter Internetseiten das Blaue vom Himmel zu versprechen: Bauarbeiter, Altenpflegerinnen, immer mehr Menschen suchen sich online eine Stelle und können dadurch in eine Falle geraten, denn kriminelle Organisationen nutzen das Internet als eine gewinnbringende, unerschöpfliche Quelle von ahnungslosen Opfern aus. Einer der gravierendsten Gesetzesverstöße ist zugleich das zweitprofitabelste Verbrechen (nach dem Drogenhandel): Nach Angaben der Experten soll der Umsatz des ganzen dunklen Geschäfts 21 Milliarden  Dollar  betragen.

Jedes Jahr werden in Rumänien mehr als 800 Opfer gemeldet – mehr als die Hälfte davon wird in anderen europäischen Staaten ausgebeutet. Romulus Niculae Ungureanu, der Leiter der Nationalen Behörde gegen Menschenhandel (ANITP), erklärte im Rahmen einer internationalen Konferenz letzte Woche, dass die Ausrottung des Menschenhandels unrealistisch ist. Ein guter Indikator dafür ist die betrügerische Mitarbeitersuche, aber die Arbeitsausbeutung wird unter einer Vielzahl unterschiedlicher Formen betrieben. Das Phänomen kann man nur analysieren, um die Tendenzen zu evaluieren und Präventionsmaßnahmen zu treffen. An der Tagung, die in Zusammenarbeit mit ANITP und der Abgeordnetenkammer veranstaltet wurde, haben sich 40 Experten aus 10 Ländern mit den grundlegenden Schwierigkeiten in der Bekämpfung der neuesten Entwicklungen im Bereich des Menschenhandels auf europäischer Ebene beschäftigt. Die Konferenz „Mitarbeitersuche durch das Internet“ ist Teil des europaweiten Projektes „Labor Trafficking – Fine Tune Responses“, das vom Internationalen Gewerkschaftsbund (ITUC) aus Belgien durchgeführt wird und an dem mehrere Organisationen zusammenarbeiten, darunter auch die Ökumenische Vereinigung der Kirchen in Rumänien (AIDRom).

Das Ziel des Präventionsprojekts ist es, die Menschen über die betrügerische Mitarbeitersuche im Internet zu informieren und ein interdisziplinäres Team aus öffentlichen Institutionen und Zivilgesellschaft auf europäischer Ebene entstehen zu lassen. Der Schwerpunkt der Konferenz lag auf der Kooperation zwischen den staatlichen Behörden, Kirchen und Nichtregierungsorganisationen, die gegen Menschenhandel und Arbeitsausbeutung kämpfen. Auf der im Parlamentspalast abgehaltenen Tagung erklärte der Leiter der Behörde gegen Menschenhandel, Romulus Niculae Ungureanu, wie sich die Situation hierzulande entwickelt hat: In internationalen Kreisen war Rumänien früher wegen der schwerwiegenden Probleme bekannt, die es hier gab. „Jetzt verfügt das Land über Spitzentechnologie im Bereich der Bekämpfung des Menschenhandels. Vorhanden sind viele Partnerschaften mit der Zivilgesellschaft und mit staatlichen Institutionen“, teilte er mit.

Zu den Partnern, die sich für dasselbe Ziel einsetzen, zählt auch die Ökumenische Vereinigung der Kirchen in Rumänien (AIDRom). Durch das Projekt SENS wird die Zivilgesellschaft schon seit mehr als 10 Jahren von den christlichen Kirchen auf die Gefahr des Menschenhandels und der Ausbeutung aufmerksam gemacht. Viele Internetnutzer wissen nicht, wie man sich vor Phantom-Firmen schützt, deshalb sind Aufklärungs- und Beratungskampagnen gegen moderne Sklaverei wesentlich, betonte der Bukarester evangelische Stadtpfarrer und Bischofsvikar, Dr. Daniel Zikeli. „Die Prävention und die Bekämpfung des Menschenhandels ist eine Priorität weltweit. Die Vielfalt der Erscheinungsformen macht es erforderlich, dass neue Vorgehensweisen dieses Phänomens gefunden werden. Die Kirchen können als zuverlässiger Partner im Kampf gegen Menschenhandel betrachtet werden“, erklärte der Bischofsvikar. Deutlich gemacht wurde im Rahmen der Tagung, dass sich immer mehr Menschen dieses Problems bewusst werden.

Präsentiert wurden u. a. verschiedene Fälle, in denen rumänische Arbeitsmigranten in Deutschland oder Österreich ausgenutzt wurden. Dagegen könne man nicht viel tun, erklärte Zuzanna Muskat-Gorska seitens des Gewerkschaftsbunds ITUC: „Wenn Arbeitsmigranten Misshandlungen melden, wird ihnen die Arbeitsgenehmigung genommen und sie werden abgeschoben. Der Arbeitgeber wird nicht bestraft“, verdeutlichte sie. Vertreten war auf der Tagung auch eine rumänische Online-Personalagentur, die zuständig für die Suche nach Kandidaten für Arbeitsstellen im Ausland ist. Roxana Tintosan von T-Jobs konnte konkrete Beispiele und Probleme nennen, mit denen sie sich konfrontiert. Empfohlen hat sie den Arbeitssuchenden, die Angebote von natürlichen Personen zu vermeiden, den Vermittlungsvertrag sorgfältig zu lesen und den Auftraggeber nach vielen Einzelheiten zu fragen.