Nationalkommunismus redivivus

Zufall oder nicht: im Dezember 2018, wenn der Jahrestag des Umsturzes in Rumänien begangen wird, hat der Nationalrat der Regierungspartei PSD beschlossen, die Tendenz zur Wiederbelebung nationalkommunistischer Thesen zu bestätigen. Damit gab die PSD jenen Kommentatoren recht, die seit einiger Zeit vom „Restaurationskurs“ sprechen, den die PSD – und mit ihr das Land – eingeschlagen hat.
Die seit Zeiten des Wendekommunisten Ion Iliescu gezeigte Showdemokratie wandelt sich definitiv in Schaufenster-Nationalismus um und rückt in die Nähe von Viktor Orbáns Illiberalität. Das Ziel, auf das sich das Land unter dieser Partei zubewegt, ist nicht definiert. Der Weg ist klar: jeder politische Schritt 2018 war ein Schritt in Richtung auf die „Grundwerte“ des Nationalkommunismus Ceaușescu´scher Prägung. Der nationalkommunistische Grundsatz, demzufolge die Ziele eines Landes von diesem selbst definiert und nicht von auswärts diktiert werden dürfen, wird immer strikter eingehalten. Was sonst ist die Rebellion gegen Brüssel, die von den PSD-Führern und ihrem Kopf, Liviu Dragnea, immer offener artikuliert wird? Moskau wurde mit Brüssel als Feindbild der Nation ersetzt. Und der Protochronismus wiederbelebt. Unter dem streckenweise senil wirkenden Jean-Claude Juncker kein Kunststück!

Dieser Kontext umfasst auch die tiefgreifende Entideologisierung der Parteien: Rumänien hat keine einzige Partei mehr, die einer Ideologie verpflichtet wäre. Die einzige „Ideologie“ ist die straffreie Sicherung des privilegierten Zugangs zu Ressourcen. Und der Machterhalt. Zu beiden ist eine starke lokale Basis nötig, die in erster Linie das Funktionieren der Wahlmechanismen sichert – Zimperlichkeit in der Mittelnutzung beschwört die Wahlniederlage herauf. So lange die PSD rund 55 Prozent aller Bürgermeister Rumäniens stellt, so lange sind die Grundlagen zu ihrer Machterhaltung gegeben. Die postdemokratische Mixtur der Illiberalen Demokratie begünstigt einmal mehr ein solches System. Es fördert den Persönlichkeitskult (bis hin zum Hochspülen von Nullitäten – so lange sie ihren Führer loben und ihm, möglichst auch durch die Herkunft, verpflichtet sind – die Tendenzen zur „Teleormanisierung Rumäniens“), den organisatorischen Immobilismus (wie die Monaden des Leibnitz in der „besten aller Welten“) und die Erosion des parteiinternen Pluralismus: Wer aufmuckt wird ausgeschlossen.

Die Warnungen der EU und der Venedig-Kommission, die gegen Jahresende hereinschneiten – vor allem nach dem peinlichen dumm-eitlen Brüssel-Auftritt von Premierministerin Vasilica Dăncilă – werden „souverän“ ignoriert, ob das nun der Fortschrittsbericht im Justizbereich ist oder die Resolution des EU-Parlaments vom 13. November oder die Schlussfolgerungen des EU-Rats vom 11. Dezember zum Fortschrittsbericht im Justizwesen, aufgrund dessen unser Nachbarland Bulgarien als „schengenreif“ erachtet wurde, Rumänien aber „Rückschritte“ im Justizbereich vorgeworfen wurden. Dass der EU-Rat in einem solchen Bericht wortwörtlich schreibt: „Der Rat nimmt die Tatsache zur Kenntnis, dass die Kommission in ihrem Fortschrittsbericht eine Reihe ernsthafter Bedenken äußert und negative Entwicklungen hervorhebt, die den unumkehrbaren und nachhaltigen Charakter der Reformen in Rumänien in Frage stellen“ – selbst ein solcher Klartext wird von der Führung des Landes ignoriert, das am 1. Januar die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt. Dem aber ein ignoranter EU-Chef Juncker „beste Voraussetzungen“ zur EU-Ratspräsidentschaft in den nächsten sechs Monaten attestiert.

Politische Bilanz Rumäniens 2018? Nationalkommunistische Restauration, autokratische Macht über Regierung und Justiz. Die parlamentarisch geschwächte Präsidentschaft bleibt unerreichbar, aber machtentblößt.
ALDE, der Ungarnverband und das Verfassungsgericht sind willige Handlanger.