Nicht für Nostalgiker gedacht

„Von der politischen Propaganda zum Baby Boom“- Ausstellung

Kinder fanden beim Besuch der Ausstellung ein reges Interesse an den Exponaten und den Zeichentrickfilmen.

Mihaela war der Anziehungspunkt der Kindersendung im Fernsehen in den kommunistischen Jahren.
Fotos: Dieter Drotleff

Vier Monate – 25. März/25. Juli 2016 – kann eine zeitweilige Ausstellung im Geschichtsmuseum des Kronstädter Kreises  im alten Rathaus besichtigt werden. Organisiert von der Gastgeberinstitution  in Zusammenarbeit mit dem Postmoderne-Museum Bukarest bietet die Schau einen Rückblick auf die Jahre der kommunistischen Ära, in der auch die Kinder der damaligen Propaganda ausgesetzt wurden. Eröffnet wurde die Ausstellung in dem für zeitweilige derartige Veranstaltungen gewidmeten Raum in der ersten Etage, musste dann aber nach drei Wochen einer anderen, ebenfalls zeitweiligen Ausstellung „Die Geheimnisse des antiken Ägypten“ weichen, für die es mehr Raum benötigte. Die Schau befindet sich ebenfalls in der ersten Etage, in einem anderen zur Verfügung gestellten Raum und kann noch bis zum 25. Juli besichtigt werden. Strukturiert ist die Ausstellung zur politischen Propaganda  in drei Bereiche bzw. Kunstdarstellungen, Grafik, Originalzeichnungen, dann Kinderbücher aus der Zeit und Videodarstellungen, wobei die allen Kindern vom Bildschirm her bekannte „Mihaela“ zu sehen ist.

Sie war das Symbol der jeden Abend zehn Minuten lang ausgestrahlten Kindersendung im einzigen  Programm der Rumänischen Fernsehgesellschaft. Darauf folgten die eine Stunde, oft auch länger  dauernden Nachrichten, in denen vor allem dem Diktator Nicolae Ceauşescu gehuldigt und seine stundenlangen Ansprachen ausgestrahlt wurden. Ist man schon beim Fernsehen, kann nicht das alte Fernsehgerät übersehen werden, das laut damaliger „Mode“ von einem gestickten Deckchen abgedeckt war, auf dem ein Fisch aus Glas  als Zierde stand. Auch werden damalige Zeichentrickfilme geboten, die besonders in der kürzlich stattgefundenen „Woche anders“ von zahlreichen Kindergruppen mit Interesse und auch Staunen besichtigt wurden. Natürlich fehlten nicht die Erklärungen der Begleitlehrer, die natürlich den Kleinen nicht beigebracht haben, dass es damals Pflicht für Familien war, vier Kinder zu haben um die demographische Entwicklung des Landes zu fördern.

„Mihaela“ kann man auch in zwei Büchern der achtziger Jahre sehen, die den Besuchern zur Verfügung stehen. Aber auch andere Kinderbücher damaliger Jahre sind da ausgestellt und können durchgeblättert werden. Unter den Autoren findet man damalige Buchausgaben von Mona Rădulescu, Karin Michaelis, auch Maxim Gorki konnte dabei nicht fehlen. Aber auch Kinderbücher von Mihai Eminescu, Tudor Arghezi, Mihai Sadoveanu, Ion Luca Caragiale, die der rumänischen Literatur angehören und die Jahre überdauern. Ebenfalls zu sehen sind zahlreiche gezeichnete Bandstreifen von bekannten Grafikern der damaligen Jahre, die gestellten Anforderungen an Kindern angepasst waren. Dabei werden auch kurze Angaben zu den Autoren gegeben. Nell Cobar (1916 – 1993) ist durch seine vielseitigen Zeichenstile, Karikaturen und Zeichentrickfilme bekannt gewesen. Er war auch der Autor der Kinderheldin Mihaela, der er die verschiedensten Rollen einräumte. Sie war sehr beliebt bei den Kleinen. Ich erinnere mich, wie die Nachbarkinder, die  keinen Fernseher – natürlich schwarz/weiß – besaßen,  jeden Abend vor Sendebeginn unsere Wohnung stürmten und gemeinsam mit unserem Sohn es sich  gemütlich machten, um die kurze Sendung zu sehen. Und waren dabei voller Begeisterung.

Eugen Taru (1913 – 1991) war in den Jahren durch seine Karikaturen bekannt, die auch in mehreren Publikationen und Zeitungen wie „Scânteia tineretului“, „România liberă“, „Urzica“  veröffentlicht wurden. Arbeiten von Jules Perahim (1914 – 2008), Val Munteanu (1927 – 1996), Ary Murnu, Geta Brătescu, Noel Roni und nicht als letzter Ion Popescu Gopo sind in die Ausstellung aufgenommen worden. Meistens handelt es sich bei den Namen um Pseudonyme, unter denen die Künstler bekannt waren. Die Ausstellung stellt ein Forschungsprojekt dar und bezieht sich auf die neusten Ergebnisse dieses Unterfangens. Auch ist diese nicht für Nostalgiker jener Jahre gedacht. Sie soll Einblick in eine turbulente Zeit  nach dem Zweiten Weltkrieg bis hin zur Wende von 1989 bieten, eine geschichtliche Epoche, in der nicht davor gescheut wurde, auch unter Kindern politische Propaganda zu machen, wie bei der Vernissage Ovidiu Năsui, der Kurator der Ausstellung, betonte.