Niemandsland und Geisterhäuser in der Begastadt

Inventur des öffentlichen Raums zeigt etliche Grauzonen an

Luftaufnahme des Gebiets um das Temeswarer Păltinişanu-Stadion: Die malerische Grünzone ist eigentlich eine Grauzone
Foto: Zoltán Pázmány

Die Spatzen zwitschern es bereits von den Dächern, es ist schon eine alte Geschichte in der Stadt an der Bega: Der Rechnungshof tut seine Pflicht und mahnt, anlässlich der traditionellen Jahresrechnungsprüfung, die Temeswarer Stadtväter erneut, leider bisher mit wenig Erfolg, endlich eine klare Ordnung in das städtische Eigentum zu bringen. Es geht darum, klare Eigentumsrechte für alles im öffentlichen Raum der Stadt zu schaffen. Das heißt, Flächen, die selbst 24 Jahre nach der Wende praktisch noch immer Niemandsland sind, sowie etliche Bauten, die auf diesen und anderen Flächen des Stadtgebiets ohne Baugenehmigung errichtet wurden, ins Grundbuch eintragen zu lassen. Es ist zu bemerken, dass sich die derzeitige Kommunalverwaltung wohl energischer als die vorherige darum bemüht.

Gelöst ist das Problem damit noch lange nicht. Die Stadtverwaltung weist auf Schritt und Tritt darauf hin, wie schwierig es doch ist aufzuräumen, die von der 16-jährigen Ciuhandu-Verwaltung geerbten Altlasten heute aus der Welt zu schaffen. Bürgermeister Nicolae Robu weist periodisch darauf hin, dass die heikle Angelegenheit eben auch ihre Zeit braucht: „Wir entdecken ständig Immobilien, Gebäude und Flächen, die eigentlich der Stadt gehören, jedoch keinen Grundbucheintrag haben.“ Im Rahmen der Großaktion zur Identifizierung dieser strittigen Gebiete, die von der Stadtverwaltung schon 2013 gestartet wurde, konnten die Beamten aus dem Rathaus bisher 5000 Immobilien, Häuser und Flächen, identifizieren, davon wurden bisher 3000 als Stadteigentum ins Grundbuch neu eingetragen. Derartigen Besitz ohne Grundbucheintrag wurde überall im Weichbild der Stadt entdeckt, aber auch am Stadtrand, wo die Straßenringe der geplanten Umgehungsstraßen der Stadt angelegt werden sollen. So gibt es sogar Dutzende Straßen, die noch nicht ins Grundbuch eingetragen sind. Das obwohl das die ständige Aufgabe und gesetzliche Verpflichtung der Direktion für das Stadteigentum gewesen wäre.

Es gibt etliche Stimmen aus dem Stadtrat, so auch die des PDL-Stadtrats Stefan Constantin Sandu, die den Klartext bevorzugen: Diese Unordnung und damit Unübersichtlichkeit im Bereich des städtischen Eigentums wäre eigentlich von vielen Leuten, darunter auch von einigen Beamten aus dieser Direktion, die allesamt davon jahrelang profitiert haben, beabsichtigt gewesen.

Das Niemandsland um das Stadtstadion

Die mehr als komplizierte Eigentumslage der Bodenflächen um das Stadion „Dan Păltinişanu“ im Süden der Stadt gibt ein Paradebeispiel ab: Bei der letzten ernsthaften Inventur wurde die Kommission gar nicht klug daraus, der Inventurbericht trägt am Schluss den vagen Vermerk „wir werden sehen!“. Darüber konnte man nur eines mit Bestimmtheit sagen: Das betreffende Freizeitgebiet Stadion (Sportplätze, Grünflächen, Schwimmbäder) gehört sicher der Stadtdomäne an. Wie die Situation auch rechtlich gelöst werden soll, darüber weiß noch keiner recht Bescheid. Schon im Februar 2014 startete man diese Aktion, um der gesamten strittigen Zone zwischen dem Stadion und den Straßen Aurel Păunescu, Podeanu, Cerna und Iosif Bulbuca ein klares Bild im Grundbuch zu verleihen. Die Stadtbeamten geben nun ihr Versagen zu. Ein neuer und genauer Grundbuchplan dieses Gebiets müsse dringend erarbeitet werden. Wegen Änderung der Eigentumsrechte, wegen sukzessivem und oft nicht vermerktem Abschneiden von Parzellen in der Zeitspanne 1946-2014 ist schon die als erster Schritt erforderliche Identifizierung etlicher dieser Parzellen mit großen Schwierigkeiten verbunden. Jede Immobilie müsste eine neue topografische Nummer erhalten. Damit müssen auch die Eigentumsrechte etlicher Sportstätten, der Zufahrtswege und Grünflächen geklärt werden.

Innerhalb dieser Freizeitanlagen sind vor, aber vor allem nach der Wende zudem etliche illegale Bauten errichtet worden. Die Temeswarer erinnern sich heute noch an den Stadtskandal von 2009 um eine Freizeitanlage neben dem Stadion: DNA hatte entdeckt, dass die Kommunalverwaltung seit 2003 jahrelang eine Fläche von 15.000 Quadratmetern widerrechtlich zu einem Spottpreis an eine Privatfirma vermietet hatte. Die Miete entsprach eigentlich nur einem Teilstück (3200 Quadratmeter) dieser riesigen Fläche: Anfänglich kassierte die Stadt monatlich 1500 Lei, darauf 5000 Lei. DNA hat mehrere Stadtbeamten damals wegen Amtsmissbrauchs und einem Sachschaden von 200.000 Euro für das Stadtbudget vor Gericht gestellt. Es ist nicht ein Einzelfall, in etlichen anderen Grauzonen der Stadt, vor allem in Sportanlagen wurden Bauten, Einrichtungen entdeckt, die ohne Baugenehmigung hochgezogen wurden, ja deren Eigentümer sogar bis heute unbekannt sind. Völlig undurchsichtig erscheint heute z. B. die Situation des Dacia-Sportplatzes, alle Bauten, die heute in desolatem Zustand sind, haben keine Baugenehmigung.

Bei einer Inventur entdeckte man auch hinter der Olympiahalle einen derartigen Geisterbau: Der Bau mit einer Nutzfläche von 80 Quadratmetern (zwei Büroräume und Sanitärräume), der heute zu Verwaltungszwecken genützt wird, wurde vor Jahren ebenfalls ohne Bauprojekt und –genehmigung errichtet und ist auch nicht im Grundbuch eingetragen. Einige Lokalräte nehmen das Ganze nicht so einfach und ruhig in Kauf: Verlangt wird eine ernsthafte, gründliche Kontrolle und damit auch die Bestrafung der Schuldigen aus der ehemaligen Ciuhandu-Verwaltung und der vielen Komplizen aus der Geschäftsbranche. Denn die jeweiligen ehemaligen Stadtbeamten hätten, nach ihrer Auffassung, eine Klärung der Eigentumsrechte und der allgemeinen Unordnung im Stadteigentum wissentlich umgangen oder gar verhindert, um daraus, vor allem in umstrittenen Rückerstattungsfällen, Profit zu schlagen.