Noch insolvent oder schon pleite?

Riesenverluste im ersten Halbjahr 2014 für Reschitzaer Maschinenbauwerk UCMR

Aussagen der UCMR-Werkleitung verbreiten einen Optimismus, der von den Produktionszahlen nicht bestätigt wird.

Das Maschinenbauwerk UCM Reschitza befindet sich seit 2011 in Insolvenz. Seine Entwicklung lässt durchwegs keine optimistischen Prognosen zu, so lange es allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 33 Millionen Lei Verluste verzeichnen musste. Während in Reschitza die Medien und auch die in ihrer Mehrheit (von etwa zwei Dritteln der Belegschaft) bei 75prozentiger Lohnfortzahlung zu Hause sitzenden Arbeitnehmer des Unternehmens von „einem beschleunigten Fortschreiten in Richtung Pleite“ sprechen. Solang es keinen legalen Weg gibt, durch den die Agentur zur Verwaltung der Staatsaktiva AAAS die Altschulden des Unternehmens übernehmen und verwerten kann, beruhigt sowohl Unternehmensmanager Cosmin Ursoniu die Gemüter, als auch der PSD-Abgeordnete Ion Mocioalcă, der von „einer Beschäftigungsgarantie für die kommenden drei Jahre“ für die UCMR-Arbeitnehmer spricht. Schließlich befindet sich die PSD ja auf dem Wunschweg, Staatspartei zu werden...

Trotzdem sind die Daten, die aus dem Werk an die Öffentlichkeit durchsickern – Transparenz wird bei UCMR schon seit den Zeiten seines „Präsidenten-Generaldirektors“ Adrian Chebuţiu, der das Desaster des Unternehmens eingeleitet hat, nicht mehr praktiziert–, keineswegs dazu angetan, den Optimismus zu fördern und den Arbeitnehmern eine Zukunftsperspektive zu sichern. Die verlässlichsten Daten holen sich auch die Medien des Banater Berglands von der Börse, und die widersprechen dem Optimismus, den die Unternehmensleitung und gewisse Politiker verbreiten, die gerade an der Macht sind.

Beruhigendes von den Spitzen

Generaldirektor Cosmin Ursoniu bestätigte allerdings jüngst auch, dass die Daten, die UCMR an die Börse weitergegeben hat, nicht frisiert sind: „Wir haben im ersten Halbjahr 2014 tatsächlich einen Verlust von 33 Millionen Lei hinnehmen müssen. Aber auch im ersten Halbjahr 2013 haben wir einen Verlust von 27 Millionen Lei verzeichnet – also vergleichbar dem laufenden Jahr – um schließlich das Jahr 2013 mit Gewinn abzuschließen.“ Gefragt, welches die Gründe für die diesjährigen Verluste sind, antwortete der amtierende UCMR-Generaldirektor: „Die finanziellen Verluste des ersten Halbjahrs 2014 kamen durch eine ungünstige Konjunktur zustande, die wir gegenwärtig gerade hinter uns gelassen haben. Durch die Verträge, welche wir in der unmittelbar folgenden Zeitspanne abschließen werden, steigern wir die Produktionstätigkeit und wir hoffen, bis Ende des Jahres 2014 neuerlich Profit zu machen.“ Und darauf kam – ohne überprüfbare Argumente, aber mit inbrünstiger Überzeugung ausgesprochen – die Aussage: „Niemand wünscht die Pleite des Werks und es wird auch keine Pleite geben. Wir verfügen über Lösungen und, wie ich bereits bei anderer Gelegenheit behauptet habe, wir haben allmählich begonnen, die Leute wieder zur Arbeit zu rufen.“

In die Kerbe des so gearteten Optimismus schlägt auch der Regionalverantwortliche der Regierungspartei, der Karansebescher PSD-Abgeordnete Ion Mocioalcă, der sich auf Informationen beruft, die er direkt von der Regierung erzielt habe: „Zumindest in den kommenden drei Jahren wird UCMR zu tun haben. Ich beziehe mich nicht nur auf die gegenwärtig in Arbeit befindliche Bestellung über fünf Millionen Euro“, betonte er, „sondern vor allem auf die Ausschreibung zur Neutechnologisierung des Wasserkraftwerks „Stejarul“ im Verwaltungskreis Bacău. Dort geht es um 75 Millionen Euro. Die Ausschreibung hat stattgefunden, ist jetzt in der Analysephase und kann nur einen Gewinner haben, weil ein einziges Firmenkonsortium sich daran beteiligt hat: Alstrom aus Frankreich, Romelectro, Hidroserv und UCMR Reschitza haben das einzige, also beste, Angebot vorgelegt, und, soweit mir bekannt, macht der Anteil von UCMR dabei rund 15 Millionen Euro aus.“ Was allerdings seine Zuversicht untermauere, das sei die Tatsache, dass UCMR sich im Rahmen des selben Konsortiums an weiteren drei Ausschreibungen zur Neuausstattung von Wasserkraftwerken beteiligen wird, bei denen es insgesamt um einen Investitionswert von 225 Millionen Euro geht. Was in etwa einem Jahresumsatz von UCMR in seinen guten Jahren entspricht... .

Schuldenkonversion weiter im Stocken

Inzwischen hat die Regierung ihre Agentur für die Verwaltung der Staatsaktiva AAAS bevollmächtigt, auf der anstehenden Generalversammlung der Gläubiger des Reschitzaer Maschinenbauwerks die Zahlung der Aktiva zu beantragen und zu tätigen, als Begleichung der Schulden von UCMR. Allerdings erst, nachdem diese von unabhängigen Gutachtern objektiv geschätzt wurden. Das Prozedere sieht vor, dass UCMR an den Staat mobile und immobile Besitztümer zur Begleichung seiner Schulden abtritt, die dann in den öffentlichen Besitz des Staates übergehen. Die diesbezügliche Bevollmächtigung von AAAS durch die Regierung stammt allerdings schon vom Herbst 2013 (ADZ berichtete), denn die Regierung vertritt den Hauptgläubiger des Werks, den Staat.

Worin genau die inzwischen aufgetretenen Verzögerungen ihren Grund haben, das sagt niemand mit Klarheit. Fakt bleibt aber, dass im ersten Halbjahr 2014 die Verluste des Werks um 22 Prozent gegenüber der Vergleichsperiode des Vorjahrs gestiegen und dass die Einkommen des Werks im ersten Halbjahr um katastrophale 63 Prozent auf 8,2 Millionen Lei abgesackt sind. Dass UCMR, der Hauptversorger von Hidroelectrica mit hydroenergetischen Aggregaten und Ausstattungen, gemessen an seiner Produktionskapazität (und mal abgesehen von seiner veralteten Maschinenausstattung), mit einem Produktionsvolumen von 7,4 Millionen Lei im ersten Halbjahr 2014 jämmerlich dasteht (in derselben Zeitspanne 2013 waren es noch 26,4 Millionen Lei...), das kann aber schwerlich schöngeredet werden.

Privates Wachteam für einen Schrotthaufen

Auch im Spiegel der Beschäftigten kann das Bild von UCMR heute nicht optimistisch gesehen werden, selbst wenn 2014 ein Wahljahr ist: Etwa 500 Arbeitnehmer kommen gegenwärtig täglich ins Werk. Am 30. Juni 2013 waren es 1600. 900 Arbeitnehmer sitzen mit 75prozentiger Lohnfortzahlung zuhause. Die Gesamtbelegschaft ist also heute um 200 Personen gegenüber dem Vorjahr geschrumpft. Und dass UCMR seit Monaten versucht, 800 Tonnen Eisen- und Nichteisenschrott zu verkaufen, um aus dem Erlös seine kommunalen Gebühren bezahlen zu können, unter Umständen, wo das Einkommen des Werks negativ ist, das steht zwar auf einem anderen Blatt, gehört aber zur Beschreibung des gegenwärtigen Werkzustands. Auch dass UCMR in harter Konkurrenz mit den Bewohnern des ehemaligen Jugendheimviertels Mociur diesen Versuch unternimmt, dem „am schlechtesten beleumundeten Stadtviertel von Reschitza“, wo (von UCMR bezahlte) schwerbewaffnete Schutzmannschaften das Alteisendepot bewachen und sich gelegentlich Schlägereien mit den Bewohnern von Mociur liefern, die „Alteisen“ aus den aufgelassenen Werkhallen des UCMR-Industriestandorts Mociur verkaufen, um zu überleben, und selbst die Schutzzäune abmontieren und zu den Alteisenhändlern schleppen.

Die Initiative des Alteisenverkaufs kommt von den Insolvenzverwaltern von UCMR, die von den Gläubigern die Zustimmung verlangt haben, „Eisen- und Nichteisenabfall, der sowohl vom Produktionsprozess stammt, als auch aus Stahlbetonfundamenten aufgelassener Bauten, diversen technologischen Installationen, abmontierten Zentralheizungen und Fließendwasseranlagen, die alle zu mehr als 90 Prozent abgenutzt sind“ zu verkaufen. Mit dem Verkauf dieses Schrotts, so die Insolvenzverwalter, würde nicht nur ein Einkommen für die Bezahlung der kommunalen Gebühren geschaffen, sondern auch die Dienste des Wachunternehmens nicht mehr gebraucht werden – das ja auch nicht gratis den Schrott bewacht. Dazu haben die Insolvenzverwalter den Gläubigern einen Satz Fotos beigegeben, die mit Realismus die Lage in Mociur illustrieren.

Fahrradproduktion wird verlegt

Die ADZ berichtete bereits mehrmals von den verzweifelten Bemühungen des Reschitzaer Rathauses, das um weit über zehn Millionen Euro (EU- und Regierungsgeld) erschlossene und hergerichtete Gewerbegebiet im }erova-Tal – eine ehemalige Industriebrache – sinnvoll zu nutzen und hier profitable Unternehmen anzusiedeln. Es wurde auch berichtet, dass auf dem Gelände des ehemaligen Erzsinterwerks der Ausbau des erfolgreichen Fahrrad-Montagewerks VeloCity geschehen soll, wozu sich das von UCMR abgetrennte Unternehmen eine Option auf mehrere der zum Aufbau von Produktionshallen hergerichteten Parzellen gesichert hatte. Verhandlungsführer für VeloCity war derselbe Adrian Chebuţiu, der die Insolvenz des Reschitzaer Maschinenbauwerks ausgelöst hat und der als Privatmann Mehrheitseigner des Fahrradmontagewerks ist, das er höchstpersönlich erst mit UCMR-Geldern als „Profitzentrum“ aufgebaut und dann ausgegliedert hatte.

Inzwischen gab er bekannt, dass er den Ausbau des Fahrrad-Montagewerks (das sich inzwischen NextCity nennt und jüngst in der Halle am Produktionsstandort Mociur das Fahrrad mit der Nr. 1.500.000 herausbrachte) nicht mehr im Reschitzaer Ţerova-Tal sondern in Hatzeg/Haţeg vornehmen wird und dass er das Rathaus Reschitza „wegen Nichteinhaltung mehrerer Vertragsklauseln“ auf Schadenersatz verklagen wird.
Das ist zwar nur ein Nebenaspekt der Entwicklung des Reschitzaer Maschinenbauwerks und vom Bild seines gegenwärtigen Zustands und hat mit dem von Chebu]iu zurückgelassenen Reststück des einstigen Großwerks (das heute nur noch Wasserkraftwerksausrüstungen und Turbinen erzeugen kann) nur noch wenig zu tun, sagt aber viel aus über die Art und Weise, wie und in welche Richtung der Ex-„Präsident-Generaldirektor“ des heute insolventen Reschitzaer Maschinenbauwerks das Unternehmen „geleitet“ hat.