Nur Betrüger, Räuber und Obdachlose?

Oft ist die Rede vom negativen Bild Rumäniens in der ausländischen Presse. Da ich neugierig war, was es damit auf sich hat, habe ich letzten Freitag ein kleines Online-Experiment bei Google gemacht: Ich habe für das Wort „Rumänen“ die Suche eingeschränkt, sodass die Suchmaschine nur Ergebnisse eines Monats aus Deutschland und in deutscher Sprache angezeigt hat. Natürlich kann man aus einer Google-Suche nichts Allgemeines schlussfolgern – gerade hinsichtlich von Stereotypen wie „die Rumänen sind…“, „das Bild der Rumänen in Deutschland ist…“, „die Deutschen denken, dass…“ usw. muss man stets sehr vorsichtig sein und nicht verallgemeinern. Trotzdem beeinflussen Medien und Suchmaschinen sowohl das Bild, das wir uns von der Welt machen, als auch die Vorstellung, die andere von uns haben. Deshalb lohnt sich selbst der kritische Blick auf die Ergebnisse einer banalen Google-Suche. Hier die ersten zehn Treffer in meinem Experiment:

An erster Stelle zeigt mir Google einen Artikel vom 17. September aus der „Süddeutschen Zeitung“ an. Der Titel lautet „Tausche Rumänen und Bulgaren gegen Syrer“ – das soll der sozialdemokratische Oberbürgermeister von Duisburg, Sören Link, in einer Debatte zur Flüchtlingskrise gesagt haben. Seine genaue Aussage, zitiert (und dann kritisiert) von der „Süddeutschen“: „Ich hätte gerne das Doppelte an Syrern, wenn ich dafür ein paar Osteuropäer abgeben könnte.“ Als sich der Politiker am nächsten Tag auf Druck der Opposition für seinen abschätzigen Satz entschuldigte, erklärte er: „Anders als in anderen Städten leben hier (in Duisburg) mittlerweile 12.500 Bulgaren und Rumänen, die im Rahmen der EU-Freizügigkeit kommen. Die meisten von ihnen haben keine Arbeit und durch fehlende Deutschkenntnisse auch kaum Möglichkeiten, eine zu finden.“ Ein sonderbarer Gedankengang: Ob die syrischen Flüchtlinge zunächst über mehr Deutschkenntnisse und Jobchancen verfügen?

Das zweite Google-Ergebnis ist eine Meldung von „Oberpfalz TV“ (27. August), in der es um zwei rumänische Schleuser geht, die von der Polizei Waidhaus festgenommen wurden, weil sie in ihrem Kleintransporter dreizehn Syrer nach Deutschland geschleust hatten. Als nächstes gibt es einen Artikel aus der „Neuen Presse Coburg“ vom 24. September. Aus dem Vorspann erfährt man: „Rumänen warten auf ihren Lohn. Lautstark haben am Mittwoch sechs Beschäftigte auf dem Campus Design der Hochschule Coburg im Hofbräugrund ihren Lohn-Forderungen Nachdruck verliehen.“ Der Anfang macht neugierig, die Fortsetzung kann man aber nur lesen, wenn man sich zum Premium-Bereich anmeldet. Das mache ich diesmal nicht. Leider bleibt dieser Titel aber auch der einzige von zehn Google-Treffern, der nicht eine vollkommen negative Nachricht erahnen lässt. Unsere vierte Meldung kommt von „Radio Kreis Wesel“ und wurde am 24. September gesendet, die Überschrift lautet „Das Landgericht Duisburg hat gestern einen Rumänen wegen Betrugs zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt“. Der Tatverdächtige soll mit gefälschten Tankkarten 20.000 Liter Benzin abgezapft und sich mit falschen Unterlagen hochwertige Fahrzeuge ergaunert haben. Genauso wenig erfreulich ist auch die fünfte Meldung in den „Kieler Nachrichten“: Zwei Rumänen, die angeblich für ein Projekt zur Unterstützung von Taubstummen Geld sammelten, wurden als Betrüger entlarvt und von der Polizei festgenommen.

Die nächste Nachricht kommt vom Online-Auftritt des Bayerischen Rundfunks und wurde am 17. September gesendet. Es geht um eine Bande von sieben Rumänen, die reihenweise brutale Überfälle begangen haben und nun gefasst wurden. Ihre Opfer seien stets ältere, wehrlose Menschen in abgelegenen Wohngegenden gewesen. Unsere siebte Nachricht kommt von der Webseite „rundblick-unna.de“ und warnt vor Rumänen, die in Fröndenberg an Haustüren klingeln und angeben, sie seien auf „Arbeitssuche“. Die Polizei rät dabei zur Vorsicht. Der achte Treffer ist ein Video vom 29. August bei „hessenschau.de“ über Rumänen, die auf einem Industriegelände hinter dem Bahnhof in Frankfurt hausen. Als neunte Nachricht berichtet „der-farang.com“ am 24. September über zwei Rumänen, die als Bankkartenbetrüger ertappt wurden. Und schließlich in der zehnten Meldung bei „www.rosenheim24.de“ geht es um einen von der Polizei gesuchten Rumänen, der in Rosenheim gefasst und verhaftet wurde. Innerhalb von wenigen Minuten bekommt man also in Zusammenhang mit dem Wort „Rumänen“ Informationen über: sogenannte „Armutsmigranten“, illegale Schleuser, Betrüger, Obdachlose, eine Kriminellen-Bande, einen von der Polizei gefassten Strafverdächtigen sowie – ausnahmsweise – Arbeiter, die ihren Lohn einfordern. Sonst erstmal nichts. Schade, dass rumänische Staatsbürger auf diese Art und Weise „Ruhm“ erlangen. Schade aber auch, dass keine andere, positivere Nachricht so geschwind den Sprung in die Schlagzeilen schafft.