Organstreit: Verfassungsgericht begründet umstrittenes Urteil

Sondermeinung: Das VG überschreitet seine Kompetenzen

Bukarest (ADZ) - Das Verfassungsgericht (VG) hat am Wochenende die Begründung seines umstrittenen Urteils vom 1. März veröffentlicht, als es befunden hatte, dass die Ermittlungen der Antikorruptionsbehörde DNA bezüglich Eilerlass 13 die „Regierungstätigkeit beeinträchtigt“ hätten und die DNA damit ihre Kompetenzen überschritten habe.
Staatsanwaltschaften seien nicht befugt, „Strafermittlungen betreffend Recht- und Zweckmäßigkeit einer Gesetzesvorlage“ einzuleiten, die „Immunität, die gesetzgebende Akte begleitet“, könne „mutatis mutandis auch auf Mitglieder der Regierung übertragen“ werden, sodass „kein Parlamentsabgeordneter und Minister wegen politischer Meinungen und Vorgangsweisen im Verlauf der Erarbeitung oder Verabschiedung einer Gesetzesvorlage zur Verantwortung gezogen werden kann“, heißt es in der Urteilsbegründung des mehrheitlichen Beschlusses der neun Verfassungsrichter. Die Begründung hält zudem fest, dass „die oben angeführten Argumente dem Rechtsorgan die Einstellung seines Ermittlungsverfahrens“ gebieten.

Eine Sondermeinung vertrat VG-Richterin Livia Stanciu: Die frühere Präsidentin des Obersten Gerichts war der Auffassung, dass „in dieser Etappe der Strafverfolgung keine Einmischung der Staatsanwälte in die Regierungstätigkeit nachweisbar ist“, die DNA sei lediglich vorschriftsmäßig einer Anzeige nachgegangen. Unter Verweis auf die Empfehlung der Verfahrenseinstellung vertrat Stanciu die Auffassung, dass das Verfassungsgericht „weder strafrechtliche Einstufungen vornehmen noch Lösungen vorgeben“ könne – dies obliege ausschließlich den Gerichtsinstanzen, dadurch habe das VG seine eigenen Kompetenzen überschritten. Rechtsexperten und Verfassungsrechtler äußerten sich ihrerseits kritisch zum jüngsten VG-Urteil und dessen Begründung: Die Verfassungshüter hätten sich nicht nur auf strafrechtliche Einstufungen eingelassen und damit ihren Kompetenzbereich klar überschritten, sondern, schlimmer noch, Ministern eine Immunität zugesprochen, die weder in der Verfassung noch sonst wo rechtlich verankert sei.