Oskar Pastior und Ernst Jandl

Eine Ausstellung bot den Anlass zu Lesungen und Würdigungen in Hermannstadt

Literaturhaus-Direktor Ernest Wichner, Liviana Dan, die Leiterin der Galerie für zeitgenössische Kunst, und Kurator Lutz Dittrich bei der Ausstellungseröffnung
Foto: Hannelore Baier

In den letzten September- und ersten Oktobertagen finden in Hermannstadt/Sibiu seit einigen Jahren internationale Dichtertreffen statt. Sie tragen den Namen des wohl in der deutschen Literatur bekanntesten in Hermannstadt geborenen Poeten: Oskar Pastior. Im vorigen Jahr war das Dichtertreffen abgesagt worden, da man sich über Pastiors IM-Tätigkeit Klarheit verschaffen wollte, sagte Ernest Wichner, der Leiter des Literaturhauses Berlin und stellvertretende Vorsitzende der Pastior-Stiftung.

Nachdem bekannt geworden war, dass Pastior das berüchtigte Gelöbnis bei der Securitate unterzeichnet hat, haben Wichner und Corina Bernic Dossiers im Archiv des Nationalrates für die Aufarbeitung der Securitate-Akten gelesen. Sie stellten fest, Pastior habe niemandem geschadet, erklärte Wichner auf einer Pressekonferenz. Folglich soll das Oskar-Pastior-Poesie-Festival 2012 in der bis 2009 bestehenden Art fortgesetzt werden.

Heuer fand am 29. und 30. September eine Sonderveranstaltung statt. Im Mittelpunkt stand der Pastior-Freund Ernst Jandl, der ebenso geniale Sprach-Experimentierer. Veranstaltet wurde eine Ausstellung, doch war die Poesie fast genauso präsent wie bei den Festivals. Selbst auf der Reißenfelsgasse, vor dem einstigen Haus Nummer 4, heute Strada Gheorghe Lazăr Nummer 6, in dem Oskar Pastior seine Kindheits- und Jugendjahre verbrachte und an dem eine Gedenkplatte enthüllt worden ist, fand eine Lesung statt.

„Ernst Jandl: On Stage“. Die ursprüngliche Ausstellung war von Prof. Bernhard Fetz von der Uni Wien und Leiter des österreichischen Literaturarchivs, sowie Hannes Schweiger im Auftrag des Museums der Stadt Wien konzipiert und anlässlich des 80. Geburtstages von Ernst Jandl im Literaturhaus Wien ausgestellt worden. Die Exposition wanderte nach München und Berlin weiter, wo sie von Lutz Dittrich kuratiert und anlässlich des 10. Todesjahres von Ernst Jandl (1925-2000) im Literaturhaus zu sehen war.

Die Schau in Rumänien ist auf die Filmaufnahmen fokussiert, wurde zum Teil rumänisch untertitelt, wird nach Temeswar/Timişoara weiterziehen und soll im März 2012 in Bukarest eröffnet werden, zeitgleich mit dem Erscheinen einer ersten Anthologie von 100 Dichtungen Jandls in Rumänisch. An den Übersetzungen arbeiten Corina Bernic und Horaţiu Decuble. Aus den rumänischen Fassungen las Corina Bernic erstmals in Hermannstadt. Zu den gebotenen Kostproben gehörte „oskar zu pastior“.

Der Schweizer Schriftsteller Urs Allemann, der an allen bisherigen Pastior-Festivals teilgenommen hat, bot ein Jandl-Rezital, in das er Pastior einflocht. Allemann gehörte wie auch Jandl und Pastior dem Bielefelder Kolloquium an, dem über 25 Jahre veranstalteten Treffen internationaler Dichter und Künstler aus dem Umfeld der konkreten Poesie. Schade, dass seine Performance, wie auch die von Oswald Egger, dem jungen Poeten aus Südtirol und ersten Oskar-Pastior-Preisträger, vor leider sehr wenig Zuschauern verhallte und nicht aufgezeichnet wurde.

Die Ernst-Jandl-Ausstellung ist in Hermannstadt bis zum 16. Oktober in den Räumen der Galerie für zeitgenössische Kunst des Brukenthalmuseums zu sehen. Einem Literaten und der Poesie gewidmet, passte sie dennoch bestens in das diesjährige Galerie-Programm, das performative Künstler vorstellte.

In vier Modulen aufgebaut, gibt die Exposition anhand von „ganz wunderbaren Filmaufnahmen“ (Lutz Dittrich) vier chronologisch aufeinander folgende Stationen im Leben und Wirken, vor allem aber Experimentieren mit Sprache und Laut, von Ernst Jandl wieder. Um die Monitore herum, auf denen Jandl live zu erleben ist, sind an den Stellwänden biografische Daten, Fotografien, Gedichttexte, Fotos, Zeitungsausschnitte und mehr angepinnt.

Sie beinhalten auch Bezugnahmen zum deutschsprachigen Literaturbetrieb in Rumänien. Dass er die Aktionsgruppe Banat wahrgenommen hat, ist verständlich, dass er aber auch die „Pipatsch“ und Banatschwäbisch gelesen hat und „Großvater, verzähl vum Kriech“ von Josef Hornyacsek verjandlt hat, beweist die immense Beschäftigung Jandls mit dem zeitgenössischen Literatur- und Sprachgeschehen.