Pokemon GO erobert die Welt

Der Hype bietet völlig neue Möglichkeiten für den Handel, wirft aber auch moralische Fragen auf

Eine neue Mode im Bereich der Online-Spiele erobert die Welt im Sturm. Es handelt sich um das mittlerweile in aller Munde befindliche Pokemon GO, das seit Mitte Juli Jugendliche, aber auch Erwachsene und sogar Rentner wie besessen spielen. Andauernd hört oder liest man schräge Nachrichten darüber, was den Leuten alles zustößt, weil sie mit der Nase im Handybildschirm stecken. Doch für eher bewegungsscheue Jugendliche scheint das Spiel Wunder zu wirken: Plötzlich ziehen diese die Laufschuhe an und joggen mal eine Stunde oder länger durch die Stadt, um Pokemons zu fangen. Positiv wirkt sich das Spiel auch auf die lokale Wirtschaft und auf Kulturstandorte aus, weil die Stationen im Spiel die Kundschaft direkt vor die Haustür der teilnehmenden Geschäfte locken. Werbung wird nicht mehr im TV ausgestrahlt, sondern lotst die Kundschaft direkt ins Geschäft.

Pokemon GO ist ein kostenloses Augmented-Reality-Spiel, das am 6. Juli 2016 in Australien und Neuseeland im Google Play Store und im App Store angeboten wurde. Am darauffolgenden Tag wurde es in Nordamerika offiziell lanciert. Seit dem 13. Juli 2016 kann die App auch in Deutschland heruntergeladen werden und auch in Rumänien werden seit Neuestem Pokemons gejagt. Das Spiel greift auf die Standortdaten des Spielers zu, sodass dieser in der realen Welt gegen die Pokemons kämpfen, sie fangen und sogar tauschen kann. Um Pokemons anzutreffen, muss sich der Spieler in der realen Welt bewegen, das heißt, den Fernseher oder den Computer ausschalten und zur Abwechslung mal etwas Bewegung machen. Es soll für alle Spieler auf diese Art möglich sein, innerhalb von fünf Minuten Pokemons in ihrer Umgebung zu lokalisieren. In Pokemon GO wird man von Professor Willow begleitet, der dem Spieler an bestimmten Stellen Hilfestellungen und Erklärungen zu bestimmten Funktionen gibt.

Pokemons sind in zu ihnen passenden Gebieten zu finden, zum Beispiel das Wasser-Pokemon in der Nähe von Gewässern. Bestimmte Pokemons sind seltener anzutreffen als andere. Da es nicht jedem Spieler möglich ist, alle Taschenmonster zu treffen, gibt es auch die Möglichkeit, sie zu tauschen. Ein bestimmtes Pokemon kann aufgepäppelt werden, indem der Spieler dieses „Tierchen“ wiederholt einfängt. Dadurch erhält er Bonbons für das Monsterchen, die verfüttert werden können, um es zu stärken. An sogenannten PokeStops, die sich in der realen Welt an besonderen Orten wie Sehenswürdigkeiten befinden, kann der Spieler Gegenstände und Eier erhalten. Eier werden ausgebrütet, indem man eine bestimmte Entfernung zurücklegt. Des Weiteren gibt es drei Teams, denen sich die Spieler beim Erreichen der Stufe 5 anschließen können. Zur Auswahl stehen das Team Intuition bzw. Team Gelb, das Team Weisheit bzw. Team Blau und das Team Wagemut bzw. Team Rot. Spieler können Pokemons in neutralen oder von ihrem Team eingenommenen Arena-Standorten platzieren, um diesen Standort zu stärken und zu verteidigen.

Auch können sie Arena-Standorte von anderen Teams herausfordern und für ihr Team übernehmen. In dem Spiel gibt es ein Levelsystem für die Trainer, mit dem beispielsweise neue Gegenstände an PokeStops gefunden und bestimmte Pokemons gefangen werden können. Des Weiteren gibt es besondere Herausforderungen, die in bestimmte Kategorien wie Pokemon-Fang und  Pokemon-Forschung eingeteilt sind. Beim Erfüllen der Herausforderungen erhält der Spieler Medaillen, die es in drei Varianten, Bronze (1 Stern), Silber (2 Sterne) und Gold (3 Sterne), gibt. Eine Auflistung über alle Medaillen in Pokemon GO und die jeweils zu erfüllenden Anforderungen sind auf Profil-Seiten im Internet zu finden. Die Hauptansicht ist eine Karte der realen Umgebung, auf der der Spieler, sein Aktionsradius, sein Level, sein Name und in der Nähe befindliche Pokemons abgebildet sind. Auf dem Fangbildschirm befindet sich das Pokemon in der von der Kamera des Smartphones aufgenommenen Umgebung. Das Fangen von Pokemons ist wie in den meisten Pokemon Spielen auch in Pokemon GO einer der Hauptaufgaben. Anschließend hat man die Möglichkeit, seine Pokemons aufzubauen, an Kämpfen teilzunehmen, Eier durch das Zurücklegen von Entfernungen zwischen zweieinhalb bis zehn Kilometern auszubrüten und vieles mehr.

Neues Spiel – neue Probleme

Das Spiel sorgt seit seinem Erscheinen aber auch für Kopfzerbrechen, weil es rechtliche und moralische Fragen aufwirft. Beispielsweise wenn Jugendliche abends mit ihren Handys für längere Zeit vor dem Haus einer Frau herumlungern. Die Frau denkt, man wolle bei ihr einbrechen und ruft die Polizei. Diese stellt fest, dass die Jugendlichen nur Pokemon GO spielten. Der Bereich der Verkehrssicherheit hat desgleichen einige Schläge verkraften müssen: Weil die Spieler kreuz und quer durch die Gegend laufen, kann es passieren, dass sie beim Überqueren von Straßen oder am Steuer nicht hinreichend auf ihr Umfeld aufpassen, sodass es seit Anfang Juli immer wieder zu teils schweren Verkehrsunfällen kam. In den USA, wo das Spiel bereits seit dem 7. Juli ausgiebig gespielt wird, sind bereits etliche Gamer-Autounfälle passiert. In einem besonders tragischen  Fall stürzte im Grand Canyon eine Frau zig Meter in den Tod. Andere Auswirkungen der Spielwut sind Verbote, an Gedenkstätten, zum Beispiel Auschwitz-Birkenau, oder auf Friedhöfen zu spielen. Wegen Pokemon GO wurden bereits Schlägereien ausgelöst, Diebstähle begangen und es wird wohl nicht mehr allzu lange dauern, bis jemand in den USA wegen unerlaubten Betretens eines Grundstücks angeschossen wird... Aufgrund des hohen Gefahrpotentials machen sich nun sogar Politiker Gedanken. Zumindest in West-Europa gibt es Anzeichen dafür, dass es demnächst sogar verboten werden könnte.

Mit Köder zu besserem Geschäft

Händler profitieren indes von dem Hype und passen sich so gut wie möglich an. Viele Geschäfte bieten Ermäßigungen für Pokemon-Spieler. Eigens für sie eingerichtete Fitnesszentren schießen vor allem in den USA und Westeuropa wie die Pilze nach dem Regen aus dem Boden. Die PokeStops, welche die Spieler anziehen, kommen den Händlern in der Gegend zugute, weil sie ihnen die Kundschaft direkt vor die Haustür bringen. Eine ganze Welt von Möglichkeiten für neue Marketing-Strategen eröffnet sich. Im Internet können Firmen mit Gutscheinen oder Rabatten auf ihre Online-Shops aufmerksam machen. Köder, die im Spiel gesetzt werden können, ziehen weitere Spieler an und locken sie in Geschäfte oder Restaurants. Einige Restaurants verwenden diese Taktik bereits, um Kunden zu bestimmten Uhrzeiten anzuziehen.

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Rund 30 Millionen US-Dollar haben Nintendo und Google in die Entwicklung von Pokemon GO investiert. Bereits am ersten Tag nahm das Spiel über 14 Millionen Dollar ein und 3,9 bis 4,9 Millionen Dollar verdienen die beiden Großkonzerne seither täglich daran. Den Börsenwert von Nintendo hat die Smartphone-App um ganze zehn Milliarden Euro ansteigen lassen.