Popenattacke auf den Bürgermeister

Vier orthodoxe Pfarrer fordern im Stadtrat Bokschan Haushaltsgelder für ihre Kirchen

Auf der jüngsten Tagung des Bokschaner Stadtrats kam es zu einem ungewöhnlichen Auftritt von vier rumänisch-orthodoxen Popen. Es ging um die Frage der Verteilung von Haushaltsgeldern für 2019, bei der sowohl die PSD-Opposition als auch die Liberalen-Fraktion im Stadtrat mit Bürgermeister Eugen Cismăneanțu (PMP) aneinandergerieten. Die Popen hatten als Bürger an der öffentlichen Stadtratstagung teilgenommen und ums Wort gebeten.


Sie beklagten zunächst, dass der Bürgermeister im Jahreshaushalt 2019 nur eine sehr geringe Summe für eine (einzige) im Aufbau befindliche Kirche festgelegt hatte und nicht bereit war, wegen „chronischer Unterfinanzierung“ auch nur um ein Geringes von seiner finanziellen Planung für irgendeine andere Kirche abzuweichen, andrerseits starteten die Popen regelrechte persönliche Angriffe auf Cismăneanțu – der nicht orthodox ist, sondern einer religiösen Sekte angehört.


Unter anderen warfen sie ihm vor, dass er in seinem zweiten Bürgermeistermandat, nachdem seine Familie nach Temeswar gezogen ist, täglich Pendlerfahrten nach Temeswar macht – laut Popen auf Kosten der Stadt Bokschan. Gleichzeitig habe er die orthodoxen Kirchen „ohne Geld gelassen“. Als erster fuhr Valentin Costea von der „Mariä Himmelfahrt“-Kirche seine Attacke: „Während alle anderen Kirchen und Kulte ein Dach über dem Kopf haben, steht meine Kirche seit sechs Jahren ohne Dach da!“ Jedermann/-frau im Rathaussaal wusste allerdings, dass der Bau der Kirche erst vor sechs Jahren begonnen hat und Jahr für Jahr hauptsächlich aus Stadtmitteln weiter finanziert und konstruiert wurde. Für Ortsfremde klang die Aussage aber extrem dramatisch, auch wenn 2019 ein Jahr ist, in dem die Stadt für den Weiterbau der Kirche „bloß“ 25.000 Lei – eigentlich genau so viel wie 2018 - zur Verfügung stellt. Pope Costea: „Unsere Geduld ist zu Ende!“ Ganz so, als ob eine Ortschaft verpflichtet wäre, aus der Gemeinschaftskasse Gelder für Kirchen und Kirchenbau zur Verfügung zu stellen und der „Verpflichtung“ durch das Vorenthalten von Finanzierungen nicht nachkomme. Dabei berief sich Bürgermeister Cismăneanțu auf „fehlende Gesetzesbestimmungen.“


Demgegenüber argumentierte der Pope Caius Negrea, dass die orthodoxen Kirchen der Stadt Bokschan in der siebenjährigen Amtszeit Cismăneanțus konsequent hart benachteiligt worden wären, wenn es um Finanzierungen ging: „Der Herr Bürgermeister schiebt immer wieder die ‘rechtlichen Grundlagen’ vor, aber wir wissen sehr wohl, dass in den vergangenen Jahren die Summen, die für neoprotestantische Kulte zur Verfügung gestellt wurden, bei Weitem jene für die orthodoxen Kirchen übertroffen haben. In diesem Jahr ist’s nicht schlimmer als in anderen Jahren, aber in all den Jahren war es sehr schlimm mit unseren Finanzierungen. Und wer zahlt dem Herrn Bürgermeister das Reisegeld für die täglichen Fahrten mit dem Auto des Rathauses? Dafür gibt’s wohl reichlich Geld?!“


Pope Ciprian Costiș von der Kirche „Entsendung des heiligen Geistes“ schlug in dieselbe Kerbe: „Vor einiger Zeit – es war wieder Mal Wahlkampagne – berief der Bürgermeister die Pfarrer aller Kulte ins Rathaus. Er drohte uns: wenn wir keine korrekte Wahlkampagne hinlegen, werden wir zu leiden haben! Wir haben uns in nichts eingebracht, was Wahlkampagne sein könnte. Dann hat uns der Bürgermeister erklärt, er wäre der größte Verhandlungsführer in Bokschan. Er hat uns mitnichten sein Gesicht zugewandt, vor allem nicht den Bewohnern von Deutsch-/Montan-Bokschan. Den Haushalt hat er intransparent verteilt. Wohlgemerkt: die Gelder aller Beitragszahlenden.“


Auch Pope Silviu Belciug von der Sankt-Nikolaus-Kirche in Roman-Bokschan klagte an: „In sieben Jahren hat dieser Bürgermeister keine einzige Straße zu den Friedhöfen der Stadt reparieren lassen. Vor lauter Schlamm kann man kaum noch zu den Grabstätten gelangen!“


Bürgermeister Eugen Cismăneanțu wies alle Anschuldigungen von sich: „Ich kann mich an keinerlei Gespräch mit dem Popen Costiș erinnern, in dem es um Wahlen gegangen wäre. Meines Wissens hat die Kirche nichts mit Politik gemein. Wenn Pope Costiș hier dies alles behauptet, bestätigt er bloß, dass er sich in die Politik einmischt! Ich habe ihn nicht um Einmischung gebeten und werde das auch nie. Ich brauche keine Popen in der Politik. Popen sollen sich um die Seelen ihrer Gläubigen kümmern, wenn sie jener Berufung folgen, von der sie behaupten, dass sie ihr Leben bestimmt. Ihr Problem ist einfach, dass der Bürgermeister ihnen in diesem Jahr kein Geld schenkt, wie gewünscht und gewohnt. Und: meine Fahrten nach Temeswar zahle ich selbst. Das ist nachprüfbar. Niemand schreibt einem Bürgermeister vor, dort zu wohnen, wo er wirkt, solange er seinen Job rabattfrei macht. Alles andere ist politische Böswilligkeit!“