Premiere in der evangelischen Landeskirche

Die Kronstädter Honterusgemeinde hat ihr Leitbild erarbeitet

Ein reger Meinungsaustausch war während der abschließenden Gesprächsrunde zum Leitbildprozess festzustellen.

Stellvertretend für die Honterusgemeinde Kronstadt: die Schwarze Kirche und das Honterusdenkmal.
Foto: Hans Butmaloiu

Anfang Juli trafen sich im A-Gebäude der Honterusschule die Mitglieder des Presbyteriums, der Gemeindevertretung der Honterusgemeinde, die Verantwortlichen der Bereiche in der Verwaltung des Kronstädter evangelischen Stadtpfarramtes sowie weitere Gemeindeglieder zu einer abschließenden Debatte zum Thema „Leitbild der Kronstädter evangelischen Honterusgemeinde.“ Begonnen wurde diese „Leitbildprozess“ benannte Initiative bereits im November 2012, wobei als Fachberater und Moderatoren Dorothee Mattheis und Ernst-Georg Gäde vom Institut für Personalberatung, Organisationsentwicklung und Supervision (IPOS) der evangelischen Kirche in Hessen und Nassau verpflichtet wurden.

Bereits vorher gab es eine ähnliche Initiative an den „Impulstagen“, zu denen die Leitung der Honterusgemeinde eingeladen hatte. Sinn des auszuarbeitenden Leitbildes sei, eine Orientierung nach innen – also für die Gemeinde – und nach außen – für die Öffentlichkeit - zu geben, sich Gedanken über die Zukunft zu machen, Prioritäten zu benennen.

Ein Leitbild zur Stärkung des Gemeinschaftsgefühls

Nicht alle Teilnehmer waren von der Notwendigkeit dieser zeit- und kostenaufwendigen Aktion überzeugt; äußerten ihre Bedenken aber nicht im Plenum. Einige Gemeindeglieder sahen keinen Bedarf für Klärungen, hauptsächlich wenn es ums Selbstverständnis ging oder um die Hauptaufgaben jeder Kirchengemeinde: Verkündigung und Seelsorge. Für manche schien alles klar zu sein: Allgemeinplätze auf Papier zu setzen bringe nichts Neues, nichts Spezifisches. Etwas in Frage zu stellen und somit vielleicht einen Anstoß zu Veränderungen zu geben, schien in diesem Kreis unerwünscht zu sein, wie möglicherweise auch unter jenen, die der Debatte fernblieben.

Hinzu kommt auch die Frage, wie effizient so ein Leitbild ist, wenn es zu seiner Umsetzung kommen soll. Das Leitbild sei leider kein Wunschrezept, hieß es zum Abschluss. Es sei aber ein notwendiger Schritt. Es selber, aber auch die Arbeit daran, führe zur Stärkung des Gemeinschaftsgefühls.

Der rechts abgedruckte Text wurde von den drei Pfarrern der Honterusgemeinde (Stadtpfarrer Christian Plajer, Pfarrer Peter Demuth, Pfarrer Martin Meyer) und von Anca Tudose und Andreas Philippi redigiert. Bei der Abschlussdebatte, die fünf Stunden dauerte, wurde er eingehend in Gruppenarbeit diskutiert, sowohl was den Inhalt betrifft, als auch die sprachliche Formulierung.

Der Entwurf soll nun vom Presbyterium bei seiner nächsten Sitzung bewilligt werden. Die endgültige Fassung wird in der „Karpatenrundschau“ veröffentlicht.

Wichtige Punkte: deutsche Sprache und Kirchenmusik

Die Honterusgemeinde zählt zur Zeit rund 1100 Mitglieder und kann somit als eine der stärksten Kirchengemeinden der evangelischen Landeskirche A.B. in Rumänien bezeichnet werden. Ihr deutscher Charakter soll erhalten bleiben, die Verkündigungssprache ist und bleibt Deutsch, selbst wenn zusätzlich auch Rumänisch verwendet wird, heißt es im Leitbildtext. Unterstrichen wurde auch, dass „Kinder, Jugendliche und Familien aus unserem Umfeld“ erreicht werden sollen, die aber, das zeigen die Veränderungen der letzten Jahrzehnte, nur begrenzt über gute Deutschkenntnisse verfügen. Das ist eine Tatsache, die nicht nur in der Honterusgemeinde festzustellen ist.

Was spezifisch für diese Gemeinde ist, und was im Leitbild berücksichtigt wird, ist die Sonderstellung der Kirchenmusik in all ihren Formen: Bachchor, Jugendbachchor, Canzonetta-Jugendensemble, Orgelkonzerte, große musikalische Aufführungen. Durch die gut besuchten Konzerte in der Schwarzen Kirche, durch die Tatsache, dass in den Chören auch zahlreiche Anderskonfessionelle mitsingen, erreicht sie auch eine bemerkenswerte ökumenische Dimension, wurde in den Gesprächen unterstrichen. Der besondere Stellenwert der Kirchenmusik geht beim Absatz zur „Gesellschaftlichen Verantwortung“ auch aus  der Reihenfolge der Schwerpunktaufzählung hervor: „Altenheim Blumenau, Kirchenmusik, Denkmalpflege, wissenschaftliche Veröffentlichungen und touristische Angebote“. Ebenfalls bemerkenswert ist das Bildungsangebot in dieser Gemeinde. Überlegt wurde, ob in diesem Kontext nicht auch der Stellenwert des Archivs der Honterusgemeinde hervorgehoben werden sollte. Im Leitbild sollte auch festgehalten werden, die Kontakte über das engere Umfeld auf die Evangelische Kirche in Deutschland, das Hilfskomitee der evangelischen Pfarrer und andere Pfarrgemeinschaften zu erweitern, lautete ein Vorschlag.

Das Leitbild als Dokument steht fest. Es erfüllt seinen wahren Zweck, wenn es, heute und vor allem in naher Zukunft, so weit wie möglich auch in Tatsachen umgesetzt wird.

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„Leitbild der Evangelischen Kirche A.B. Kronstadt - Honterusgemeinde“ (Entwurf)


Wir sind eine christliche Gemeinde und gehören zur Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien.
Grundlage unseres Glaubens ist die Bibel im Verständnis der lutherischen Reformation, so wie sie Johannes Honterus in Siebenbürgen eingeführt hat.

Unsere Aufgabe ist die Verkündigung des Evangeliums in allen Lebensräumen der Gemeinde. In der Verkündigung wissen wir uns mit allen christlichen Kirchen verbunden.

Wir stehen in der Tradition deutscher Kultur siebenbürgisch-sächsischer Prägung und verstehen uns als Teil des öffentlichen Gemeinwesens, an dessen Gestaltung wir uns beteiligen.

Die Honterusgemeinde versteht Verkündigung als Raum, in dem Glauben entstehen und wachsen kann. Wir verkündigen die frohe Botschaft, wie sie in der Bibel bezeugt wird. Dies geschieht durch Gottesdienste, Bibelarbeit, Religionsunterricht und vielfältige Andachten. Darüber hinaus durchdringt sie alle Lebensräume der Gemeinde.

Die Verkündigung richtet sich in erster Linie an die Gemeinde, an Kinder, Jugendliche und Familien aus unserem Umfeld. Unsere Verkündigungssprache ist Deutsch, zusätzlich wird die rumänische Sprache verwendet.

Wir vertrauen darauf, dass durch Verkündigung unter uns christliche Gemeinschaft in Glauben, Liebe und gegenseitigem Verständnis entsteht.

Seelsorge

In der Honterusgemeinde bieten Pfarrer und Laien geistlichen Beistand an. Aufgrund der biblischen Zusagen soll die Verbindung der Menschen zu Gott und der Gemeinde gestärkt werden.

Dadurch wollen wir hauptsächlich unsere Gemeindeglieder in unterschiedlichen Lebenssituationen begleiten.
Bei Besuchen zu Hause, in Altenheimen und Krankenhäusern sprechen wir Trost, Hoffnung und Mut zu.
Wir nehmen uns vor, vermehrt Gelegenheiten zur Seelsorge wahrzunehmen. Hausbesuche sind uns besonders wichtig.

Ökumene

Die Honterusgemeinde steht öffentlich zu ihrem Glauben. Dies geschieht in religiöser Toleranz, die in Siebenbürgen traditionell verankert ist. In diesem Sinne treten wir für gegenseitigen Respekt und Nächstenliebe gegenüber Christen, aber auch Andersgläubigen und Menschen anderer Überzeugungen ein.

Wir verstehen Ökumene als Dialog mit anderen christlichen Kirchen und Gemeinschaften. Alle gehören gleichermaßen zum Leib Christi. Daher fördern wir den ökumenischen Dialog und werden uns in Zukunft weiterhin an ökumenischen Veranstaltungen beteiligen.

Bildung

Die Honterusgemeinde verbindet ihren Glauben mit Bildung und Erziehung.

Wir helfen dadurch Menschen, ihre von Gott geschenkten Gaben zu entfalten und im Glauben zu wachsen. So werden sie in ihrer Eigenverantwortlichkeit vor Gott und ihren Mitmenschen gestärkt.

In die Bildungsangebote nehmen wir unser siebenbürgisch-sächsisches Kulturerbe auf. Wir fördern die deutsche Sprache schwerpunktmäßig in der Kinder- und Jugendarbeit. Kernanliegen ist die katechetische Erziehung von klein auf.   
Die Zusammenarbeit mit den Schulen soll ausgebaut werden.

Diakonie

Aus Glauben und christlicher Nächstenliebe nimmt die Honterusgemeinde ihren diakonischen Auftrag wahr. Wir helfen unseren Gemeindegliedern und deren Familien in sozialen Notlagen zur Deckung der Grundbedürfnisse. Dazu gehören: Hilfe im Haushalt, materielle und finanzielle Unterstützung, medizinisch-pflegerische Beratung, primäre Krankenpflege, sowie Betreuung im Altenheim. In Zukunft wollen wir unser diakonisches Angebot ausweiten.

Kirchenmusik

Die Honterusgemeinde nimmt ihren Auftrag zur Verkündigung auch durch die Kirchenmusik wahr. Unsere Angebote stehen in einer herausragenden Tradition. Sie tragen zur musikalischen Erziehung bei, bilden Gemeinschaft und pflegen ein wertvolles kulturelles Erbe. Dazu laden wir alle Interessierten aus der Gemeinde und ihrem Umfeld ein. Die wichtigsten Bereiche unserer Kirchenmusik sind: der Bachchor, der Jugendbachchor, das Canzonetta-Ensemble, sowie Orgelkonzerte und große musikalische Aufführungen. Dadurch sind wir maßgeblich an der Gestaltung des kulturellen Lebens der Stadt und darüber hinaus beteiligt.

Gesellschaftliche Verantwortung.

Aus ihrem Glauben heraus übernimmt die Honterusgemeinde soziale und gemeinnützige Aufgaben, sie bereichert durch hochwertige kulturelle und wissenschaftliche Arbeit die Stadt und ihr Umfeld. So wird die Tradition der Gemeinde in der Geschichte Kronstadts fortgeführt. Unsere Schwerpunkte sind: Altenheim Blumenau, Kirchenmusik, Denkmalpflege, wissenschaftliche Veröffentlichungen und touristische Angebote.

Gemeinschaft

Die Honterusgemeinde lädt in ihren Lebensräumen zu christlicher Gemeinschaft ein. Die Liebe zu Gott und dem Nächsten bildet die Grundlage für ein Zusammenleben in Toleranz und Respekt.