Projekt zum Zinnen-Tunnel in einer Neuauflage

Unterschriften-Aktion des Forums hat bisher nicht beeindruckt

Die drei Varianten eines Tunnels durch die Zinne so wie sie die Kronstädter Lokalpresse vorstellt.

Kronstadt – Einen Tunnel  unter der Zinne wollte ein Teil der Kronstädter bereits vor dem Zweiten Weltkrieg. Es kam nicht mehr dazu. Später, unter dem kommunistischen Regime, tauchten diese Überlegungen wieder auf, diesmal auch mit wirtschaftlicher Begründung – man könnte Kraftstoff und Zeit sparen, wenn man aus dem Burggrundtal ins historische Stadtzentrum unter der Zinne und nicht um sie herum oder über den Burghals fahren würde. Das Vorhaben wurde relativ schnell aufgegeben, obwohl manche Fachleute es für technisch machbar hielten. Wahrscheinlich war es zu teuer.

Nach der Wende wurde der Zinnen-Tunnel wohl nur vom Kronstädter Flughafen-Projekt in den Schatten gestellt. Vor allem vor Lokalwahlen wurde immer wieder getestet, wie die Bevölkerung zu solchen großen Projekten steht, die anfangs eher als Wunschträume oder Science-fiction galten.

Im Vorjahr überraschte Bürgermeister Scripcaru die Kronstädter mit einem Projekt, den Verkehr in der Inneren Stadt und zur Oberen Vorstadt, hinter die Stadtmauern, entlang der Graft umzuleiten. Das setzte, in einer der Varianten, einen 600m-langen Tunnel voraus. Ob die Proteste des Kronstädter Deutschen Forums ihn zu einem (vorläufigen) Rückzug des Projektes vor einer Debatte im Stadtrat bewegt haben, kann vermutet, aber nicht behauptet werden.

Die von über 300 Personen unterschriebene Beschwerde des Forums hat wohl den Bürgermeister oder andere Lokalpolitiker nicht beeindruckt, denn nun stellt Scripcaru als eine der vorgesehenen Großinvestitionen für den Zeitraum bis 2020, der auch aus EU-Mitteln bezuschusst werden soll, weitere Zinnen-Tunnel-Projekte vor. Das Projekt soll die städtische Verkehrsmobilität verbessern und gerade dieser Bereich werde nun auch von der EU-Kommission gefördert. Die Kronstädter Sozialdemokraten protestieren – nicht gegen das Projekt, sondern weil der Bürgermeister ihre Pläne übernommen habe.

Beim gegenwärtigen Tunnel-Projekt, für das nur eine „Vormachbarkeitsstudie“ existiert, gibt es drei Varianten (siehe Skizze). Der Tunnel sollte eine Länge zwischen rund 900 und 1300m haben, über zwei Fahrbahnen (mit einer Breite von je 3,5 m), zwei Notstreifen (je 70cm breit) und zwei Gehsteige (von je einem Meter) verfügen. Die Höhe des Tunnels beträgt 5 m, seitlich über den Gehsteigen 2,5 m.

Die Stadtverwaltung bevorzugt anscheinend die Variante, die im Burggrundviertel gegenüber dem Staudamm unter die Zinne führen und auf der Gegenseite bei der Weberbastei wieder herausführen soll. Dann wird der Verkehr auf folgender Trasse aus der Stadt geführt: Brediceanu-Allee – Kreisverkehr – Rossmarkt – Klostergasse – Langgasse – DN 13 Richtung Schäßburg. Was schon bemerkt wurde: dieser Tunnel setzt den nächsten Tunnel (jener bei der Graft) voraus, denn der zusätzliche Verkehr aus dem Burggrundviertel (inzwischen praktisch eine „Kleinstadt“ in der Großstadt) kann von der zweispurigen Klostergasse nicht aufgenommen werden.

Vieles spricht gegen dieses Projekt: die Zinne (ein Schutzgebiet) wird darunter leiden, repräsentative Bauten Kronstadts (Weberbastei, Eislauf-Pavillion) werden gefährdet, ebenso private am Fuße der Zinne gelegene Wohnhäuser. Auch die Wirtschaftlichkeit dieses gar nicht so billig umzusetzenden Projektes löst Fragen auf. Für die Umwelt ist es eine denkbar schlechte Lösung. Warum soll der Verkehr verstärkt durch die Innere Stadt ablaufen, wenn ein guter Teil davon lediglich Transitverkehr sein wird? Die paar Minuten, die durch die Tunnelfahrt gewonnen werden, kosten die Stadt, ihre Bewohner und die Umwelt zu viel, dass man  versuchen sollte, solche Projekte zumindest zu verschieben, wenn nicht aufzugeben.

Kronstadt und seine Politiker haben genügend andere Projekte, die auf ihre Umsetzung warten: der Flughafen und die Arbeiten am Honterushof – um nur zwei zu nennen.