Radio survived video

Radio Bruk und Partnerschulen produzierten vierte Livesendung

Zwei Tage lang arbeiteten 20 Schülerinnen und Schüler aus Hermannstadt, Schäßburg, Sathmar und Temeswar gemeinsam an einer Live-Radiosendung. Die jungen Nachwuchsjournalisten mussten Interviews führen, Beiträge produzieren und eine komplette Sendung zusammenstellen. Ihnen zur Seite standen vier erfahrene Journalisten.

Wie echte Profis: Paul Toma, Alondra Marin und Erszebet Szilagyi moderierten die zweistündige Radio-Sendung live. Dafür erstellten sie ein Drehbuch. Im Skript war der gesamte Programmablauf sowie die wichtigsten Informationen über die gespielte Musik, die produzierten Beiträge und die daran beteiligten Schüler vermerkt.

Besuch bei den Profis: Am Freitag Nachmittag besuchten die Teilnehmer das Regionalstudio von Radio România in Hermannstadt. Ihnen wurde bei einem Rundgang erklärt, wie der Tagesablauf in der Redaktion ausschaut.

Im Gespräch: Die Nikolaus-Lenau-Schülerin Larissa Purtätor interviewt den deutschen Schauspieler Daniel Bucher. Er arbeitet als Gastschauspieler am Radu-Stanca-Theater Hermannstadt, deutsche Abteilung.
Fotos: Alois Kommer

Entgegen der Meinung kritischer Stimmen, bleibt Radio als Medium selbst im Zeitalter des Internets relevant und durchaus ein Ausdrucksmittel für Jugendliche. Das beweisen die erfolgreichen Live-Sendungen von Radio Bruk - dem Pausenradio der Hermannstädter Brukenthalschule. Seit Herbst 2013, also inzwischen seit zwei Jahren, sendet das Schülerteam unter der Leitung des Geschichtslehrers Hugo-Alexander Frohn und des erfahrenen Radiojournalisten Alois Kommer in regelmässigen Abständen Beiträge und Sendungen. Diese findet man auf der Webseite von Radio Bruk,  sowie auf Facebook.

Nachrichten und aktuelle Themen aus dem Herzen Hermannstadts erreichen so alle Deutsch sprechenden Hermannstädter aus der ganzen Welt. Ein Service, der nicht selbstverständlich ist und die damit verbundene Arbeit  ist gerade deswegen beachtlich, weil sie von Jugendlichen gestemmt wird. Gewinn davon haben alle: Die jungen Nachwuchsjournalisten erhalten erste Arbeitserfahrungen und werden durch die Praxis in die Theorie eingeführt, ihr Publikum, meistens ausgewanderte Siebenbürger Sachsen, erhalten eine weitere Plattform, die sie über ihre alte Heimat informiert. Gefördert wird das Projekt von der Donauschwäbischen Kulturstiftung des Landes Baden-Württemberg.

Pausenradio in Rumänien

Sie startete auch 2004 das Projekt PausenRadio an der Nikolaus-Lenau-Schule in Temeswar/Timişoara, also im Herzen des Banats sozusagen. Das damalige Schulradio-Projekt wurde über die Jahre zu einem Netzwerkprojekt ausgebaut. Weitere deutschsprachige Schulen aus West- und Nordrumänien führten Pausenradios ein. Über Jahre wurden Gemeinschaftsprojekte sowie eine Gemeinschaftssendung erstellt.
Die Zusammenarbeit zwischen diesen Schulen ist irgendwann eingeschlafen. Doch die Pausenradios sind erhalten geblieben, wenn auch in verschiedenen Formen. In Temeswar wird heute aufgrund der Renovierungsarbeiten an der Schule, kein Pausenradio mehr betrieben sondern “echtes” Radio - die Jugendlichen produzieren unter der Leitung der ifa-Kulturredakteurin Annik Trauzettel die Jugend- und Kinderrubrik der deutschsprachigen Sendung bei Radio Temeswar.

In Schäßburg/Sighişoara wird weiterhin Pausenradio gemacht, allerdings werden selten Wortbeiträge gesendet und meistens nur Musik. In Sathmar wird nicht am Johann Ettinger-Lyzeum in den Pausen Radio betrieben, sondern das Deutsche Forum hat ein kleines Studio eingerichtet und einmal die Woche eine Stunde Sendezeit bei einem lokalen Radiosender erhalten. Die Sendung Deutschexpress, die ursprünglich von den älteren Mitgliedern des Forums produziert wurde, wird nun von Schülern gemacht.

Diese drei Schulen und Radio Bruk kamen Mitte Juni in Hermannstadt zusammen, um eine Gemeinschaftssendung zu produzieren. Es handelt sich um die vierte Live-Sendung von Radio Bruk - zwei Stunden lang wurden neben Musik auch Nachrichten, Beiträge mit O-Tönen, Interviews und Umfragen gesendet, das ganze wurde live moderiert.

An der Vorbereitung der Sendung arbeiteten 20 Schüler zwei Tage lang. In Werkstätten wurden die Jugendlichen in Themen wie „Nachrichten schreiben“, „Presse- und Öffentlichkeitsarbeit”, „Moderation einer Sendung” und „Redaktionsarbeit” eingeführt. Die Theorie sollten sie dann gleich in die Praxis umsetzen. Die Schüler mussten einen Ablaufplan zusammenstellen, sich über die Inhalte und Themen der Sendung Gedanken machen, einen Moderations-Skript verfassen, Musik auswählen und natürlich die Beiträge, Interviews und Umfragen zurechtschneiden.

Es bedeutete jede Menge Arbeit in sehr knapper Zeit. Doch gerade das, machte auch den Reiz aus. Nicht anders würde es in einer professionellen Redaktion ausschauen, erklärte Alois Kommer den Jugendlichen. Kommer hat zusammen mit Alexander Frohn Radio Bruk aus der Taufe gehoben. Während Frohn für die Schüler und den normalen Ablauf im Schulredaktionsalltag verantwortet, ist Kommer für das technische Know-How zuständig. Er ist der Experte des Teams, der die Schule und die Schulredaktion in technischen  Angelegenheiten berät, sowie durch Fortbildungen und Werkstätten, den Jugendlichen die journalistischen Grundlagen beibringt. Er war auch einer von vier Werkstattleitern, zuständig für die Gruppe “Redaktion”. Die weiteren drei Workshops wurden von der ifa-Kulturredakteurin Annik Trauzettel, Manuel Stübecke von der Evangelischen Akademie Siebenbürgen sowie dem ADZ-Redakteur und freien Mitarbeiter bei Radio Temeswar, Robert Tari, geleitet.

Die Sendung erstellten Alondra Marin, Erszebet Szilagyi, Denisa Lacatus, Karina Sandor und Patrick Alfater (alle vom Johann-Ettinger-Gymnasium Sathmar, Begleitung: Iulia Sirbu und Joseph Hölzli), von Larisa Cojocaru, Andreia Juraole, Larissa und Fabian Purtätor sowie Paul Toma (alle von der Lenausschule Temeschwar, Begleitung: Annik Trauzettel), von Miruna Micu, Maria Suteu, Dan Cosorca, Victor Arapu und Andreas Bodnariuc (alle von der Bergschule Schässburg, Begleitung: Yvonne Varvara-Baier) sowie von den “Radio Bruk”-Mitarbeitern Raluca Barbu, Alexia Troanca, Teodora Nechita, Dorel Posa und Andrei Dragomir.

Radio überlebt

Trotz dem recht großen Team hatte jede Schülerin und jeder Schüler etwas zu tun. Während die einen besonders einen Tag vor der Sendung viel Arbeit mit dem Aufnehmen von O-Tönen (das sind Aufzeichnungen von Personen, die danach als Zitate in Beiträgen verwendet werden), ihrem Zurechtschneiden sowie dem Aufbau der Beiträge, mussten andere am Samstag unter Zeitdruck einen Moderationsskript erstellen, der sämtliche Beiträge und Themen in der zweistündigen Sendung zusammenführen sollte. Für Paul Toma, Alondra Marin und Erszebet Szilagyi wurde auch Lampenfieber ein Problem. Die drei saßen nämlich während den zwei Stunden vor dem Mikrofon und moderierten die Sendung.

Das Ergebnis kann man auf der Webseite von Radio Bruk hören. Zudem wird die zweistündige Sendung in mehreren Teilen bei Radio Temeswar gesendet und zwar in den nächsten Sommermonaten.
Vor etwa 30 Jahren als MTV auf Sendung ging und die Buggles das Lied  „Video killed the radio star” sangen, da nahmen viele den Popsong ernst. Dahinter vermuteten viele eine geradezu prophetische Aussage und den Untergang des Radios. Sie haben sich geirrt. Heute gibt es mehr Radiosender, als es jemals zuvor gab. Das eigentliche Problem ist das Überangebot. Wie schafft es eine junge Redaktion aus dem Herzen Hermannstadt zusammen mit Freunden aus anderen Teilen Rumäniens, einem Land im Osten Europas, die Welt auf sich aufmerksam zu machen? Muss sie nicht. Publikum findet sich auch so. Vielleicht nicht das Millionenpublikum, das etwa ein Popstar hat, dafür aber ein Publikum, das durchaus treu ist, weil es wegen den Inhalten einschaltet und nicht wegen der Musik, die auf den zahlreichen anderen Konkurrenzsendern ohnehin läuft.

Auch die vierte Livesendung hat viele spannende Themen: Von internationalen Musikfestivals, die in ganz Rumänien veranstaltet werden, über das internationale Theaterfestival in Hermannstadt, den schönsten touristischen Orten Rumäniens bis hin zu Bildungsthemen. Für jeden Geschmack ist etwas dabei. Wer sich davon überzeugen will, muss nur reinhören und zwar unter www.radiobruk.ro.