Rumänien klagt gegen Registrierung von EU-Bürgerinitiative

Minority SafePack Initiative will Schutz der nationalen und sprachlichen Minderheiten stärken

Beim ProEtnica-Festival in Schäßburg sprach Loránt Vincze zur Minority-SafePack-Initiative.
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Bereits im Jahr 2011 wurde die „Minority SafePack Initiative“ (MSPI) durch Unterstützung der Föderalistischen Union der Europäischen Nationalitäten (FUEN) in die Wege geleitet. Doch erst nach einem Rechtsspruch des Europäischen Gerichtshofes im Februar dieses Jahres wurde sie von der EU-Kommission registriert. Ziel der Initiative ist es, den Schutz der nationalen und sprachlichen Minderheiten zu verbessern und die kulturelle und sprachliche Vielfalt in der Europäischen Union zu stärken. Gegen die Registrierung der Bürgerinitiative hat der rumänische Staat nun Klage eingereicht. Die Einreichung der Klage beim Europäischen Gerichtshof erfolgte bereits am 28. Juni, das geht aus dem Amtsblatt der Europäischen Union vom 14. August hervor.

Darin beantragt Rumänien, den Beschluss der Kommission vom 29. März 2017 über die geplante Bürgerinitiative „Minority SafePack — one million signatures for diversity in Europe“ für nichtig zu erklären. Als Klagegrund führt Rumänien einen Verstoß gegen die Bestimmungen der Verträge der Europäischen Union über die Zuständigkeiten der Union an. „Die geplante Bürgerinitiative sei ausschließlich darauf gerichtet, den Schutz der Rechte der Angehörigen von nationalen und sprachlichen Minderheiten zu verbessern, ohne direkte Verbindung zur kulturellen Vielfalt im Sinne von Art. 3 EUV und Art. 167 AEUV“, so die Begründung. Darüber hinaus will Rumänien einen Verstoß gegen die Begründungspflicht nach Art. 296 Abs. 2 AEUV erkannt haben. Denn, „die Kommission listet lediglich Vorschläge für Rechtsakte auf, für die Unterstützungsbekundungen der Bürger gesammelt würden, und macht keine Rechtsausführungen zur Begründung der Schlussfolgerung, dass die Rechtsakte in ihren Zuständigkeitsbereich fielen.“

In einer Pressemitteilung vom 18. August kritisieren FUEN-Präsident Loránt Vincze und UDMR-Exekutivpräsident Bálint Porcsalmi die Entscheidung Rumäniens, die ein Schritt in die Selbstisolation sei und gegen den Willen von 50 Millionen EU-Bürgern, die nationalen Minderheiten und Sprachminderheiten angehören, strebe. Porcsalmi erklärte, dass die rumänische Regierung mit diesem Vorgehen gegen die kulturelle und sprachliche Vielfalt in Europa handele. Das Motiv des rumänischen Staats sei nur schwer auszumachen, so Vincze während der ProEtnica-Sommerakademie in Schäßburg/Sighişoara am 19. August. Vincze, der selbst der ungarischen Volksgruppe in Rumänien angehört, vermutet im Vorgehen die diffuse Angst des rumänischen Staates, dass die Initiative „das Tor zu territorialer Autonomie für die Ungarn in Rumänien aufstößt“. Dieser Befürchtung entgegnete Vincze mit dem Unterstreichen der europäischen Werte der Initiative und betonte zugleich, dass niemand etwas verlieren wird, aber alle Bürger etwas gewinnen können. „Jeder europäische Bürger, der an ein vielfältiges und multikulturelles Europa glaubt, mit gleichen Rechten für alle Bürger, muss die Minority-SafePack-Initiative unterzeichnen. Wir brauchen Garantien von der Europäischen Union, um sicherzustellen, dass die Minderheitenrechte nicht länger beschnitten werden können.“

Bisher hat die Europäische Union das Thema Minderheitenschutz in ihren Grenzen allerdings kaum beachtet. Lediglich bei der Aufnahme eines Staates in die EU war eine minderheitenfreundliche Ausgestaltung des nationalen Rechts eine Voraussetzung. Für alte Mitgliedsstaaten gelten die sogenannten Kopenhagener Kriterien allerdings nicht, wie Vincze in Schäßburg kritisierte. Insbesondere Frankreich und Griechenland widersetzen sich einem Schutz der in ihren Grenzen lebenden ethnischen und sprachlichen Minderheiten. Beide Staaten haben das Rahmenabkommen des Europarats von 1995 zum Schutz nationaler Minderheiten, welches den wichtigsten Bezugspunkt im europäischen Minderheitenschutzsystem darstellt, bis heute weder in Kraft gesetzt noch überhaupt ratifiziert. Gleiches gilt für die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen. Sowohl Griechenland als auch Frankreich würden mit einem Antrag auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union heute scheitern.