Rumäniens Jugendliche stehen vor Berufsdilemma

Minister vs. Experten – zwei unterschiedliche Meinungen

Fachausbildung in Berufsschulen mit dualem System – gefördert von deutschsprachigen Unternehmen – gelten immer mehr als Alternative für Jugendliche. Foto: Zoltán Pázmány

Rumänien hat EU-weit den größten Anteil an Jugendlichen, die weder einen Beruf ausüben, noch einer Ausbildung nachgehen, sagt Rumäniens Minister für Hochschulwesen, Forschung und Technische Entwicklung, Mihnea Costoiu. In der EU seien 6,8 Millionen Jugendliche zwischen 25 – 29 Jahren in dieser Kategorie zu finden, „was einer von fünf Jugendlichen bedeutet“, erklärte Costoiu auf einer Konferenz in Bukarest zum Thema, Verbleib der Jugendlichen auf dem Arbeitsmarkt, oder in der Aus- und Weiterbildung. Dabei ging es um „Gemeinsame Herausforderungen – gemeinsame Lösungen“. Mit 23 Prozent der Jugendlichen ohne Arbeitsstelle oder Ausbildungsplatz liege Rumänien über dem EU-Durchschnitt, so Minister Costoiu. Jugendliche in Rumänien seien einfach von der Regierung vernachlässigt, sagt der Temeswarer Wirtschaftsexperte Nicolae Taran. Es würde an Strategien fehlen, um Jugendlichen eine gute Chance auf dem Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Dies beginnt nach Ansicht des Professors von der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften bei einer fehlenden Übereinstimmung der Studiengänge mit der Realität auf dem Arbeitsmarkt. Viele Hochschulabgänger üben nicht ihren erlernten Beruf aus, sagt Nicoale Taran und betont: „Ich kenne Absolventen der Rechtswissenschaften, die im Supermarkt für die Warenmanipulation zuständig sind.“

Bei der gleichen Veranstaltung im Bukarester Parlaments-Palais „zeichnete“ der Bildungsminister Remus Pricopie ein Porträt des Jugendlichen, der weder Job noch Ausbildungsplatz hat. Als wichtigste Charakteristiken erkennt er geistige Behinderung, Status eines Auswanderers, einen gesunkenen Bildungsgrad, die Herkunft aus abgelegenen Gegenden, Abstammung aus Familien mit geringem Einkommen, Eltern als Erwerbslose, Eltern mit einem gesunkenen Bildungsgrad. Nicolae Taran sieht eben das größere Problem bei Jugendlichen im Bereich der Hochschulbildung, weil in Rumänien über weite Strecken geringer Mehrwert generiert wird und deshalb Absolventen schlecht verdienen, was sie automatisch von den Arbeitsplätzen und von einer spezifischen und gezielten Fachausbildung fern halten. „Wachstumspole sind in jenen Regionen erkennbar, wo Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum investieren Mehrwert generieren und zu mehr da sind, als nur um schlecht bezahlte Lohnarbeit durchführen zu lassen. Ecaterina Andronescu, Vorsitzende des Bildungsausschusses im Senat des rumänischen Parlaments ist der Meinung, dass die Schule die jungen Generation auf Jobs vorbereiten muss, „die es noch gar nicht gibt“. Die Vorbereitung müsse ihrerseits so gestaltet werden, dass sich die Jugendlichen an die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt anpassen können. Andronescu findet es dramatisch, wenn die Erwerbslosigkeit unter Jugendlichen die 25-ProzentMarke überschreitet. Man müsse eine Antwort auf die Frage finden, was man Neues im rumänischen Bildungswesen bringen könne. Egal welches der jeweilige Schulabschluss sei, müssten die Chancen der Jugendlichen auf dem Arbeitsmarkt gesteigert werden, so Andronescu.