Rumänischer Premier wurde vor achtzig Jahren Opfer eines Attentats

Insgesamt drei Regierungsvorsitzende verloren ihr Leben in Anschlägen. Auch Zeitbombe explodierte im Senat

I. G. Duca wurde am 29. Dezember 1933 Opfer eines Attentats auf dem Bahnhof von Sinaia. Somit sind in diesen Tagen achtzig Jahre verstrichen, seitdem ein rumänischer Politiker, der die hohe Funktion als Premierminister bekleidete, Opfer eines Anschlags wurde. Insgesamt waren es drei rumänische Premierminister in der modernen Geschichte des Landes, die auf diese Weise aus dem Leben schieden. Auch wurde ein Attentat im rumänischen Senat, und ebenfalls im Dezember, allerdings im Jahr 1920,  verzeichnet, das mehrere Opfer hinterließ. Es bleibt nur zu hoffen, dass derartige extremistische Anschläge nicht mehr verzeichnet werden.

Doch zurück zu den einzelnen Fällen. Der liberale Politiker I. G. Duca, auch als Ion Gh. Duca oder als Ion Gheorghe Duca in den unterschiedlichen Dokumenten vermerkt, wurde am 20. Dezember 1879 in Bukarest geboren. Im Dezember 1933, nur neun Tage nach seinem 54. Geburtstag und nach einer sehr kurzen Amtszeit als Premier, wurde er erschossen.  Drei Legionäre, Angehörige der Eisernen Garde, hatten dabei fünf Kugeln auf ihn abgefeuert. Nach ihrer Festnahme argumentierten sie, ihre Tat durchgeführt zu haben, da der Premier die faschistische Organisation der sie angehörten, verbieten wollte.

I. G. Duca hat eine aufsehende Karriere als Politiker verzeichnet. Mit 29 Jahren war er schon Mitglied in der rumänischen Abgeordnetenkammer. Von 1914 bis 1918 war er Bildungsminister. Es folgte das Amt als Landwirtschaftsminister von 1919 bis 1920. Zwei Mal (1922 bis 1926 und 1927 bis 1928) wurde er mit der Leitung des Ministerium der Inneren Angelegenheiten beauftragt. König Carol II. beauftragte ihn dann am 14. November 1933 mit dem Amt als Premierminister, das er nur knapp über einen Monat ausüben konnte. Gemeinsam mit mehreren Professoren und Wissenschaftlern hatte  er auch die Bewegung der rumänischen Pfadfinder gegründet.

Der Hauptattentäter Nicolae Constantinescu stammte aus Gala]i, hatte die Handelsakademie abgeschlossen und war auf den Wahllisten der Eisernen Garde in Fogarasch registriert. Seine zwei Mittäter waren Studenten und stammten aus der Dobrudscha, Ion Caranica und Doru Belimace. Constantinescu versuchte entlang des  Eisenbahngleises von Sinaia zu verschwinden, nachdem er die tödlichen Schüsse abgegeben hatte. Doch konnte er von dem Detektiven Petre Petre, den er ebenfalls mit einem Schuss verletzte, gefasst werden. Constantinescu wurde in einen Raum des Bahnhofs abgeführt und einem ersten Verhör unterzogen. Er schien stolz auf seine vollbrachte Tat zu sein. Er habe auf eigene Initiative gehandelt und sei von niemandem zu der Tat beauftragt worden, erklärte er dabei. Er habe den Premierminister erschossen, da dieser sich „dem Ausland verkauft habe“, betonte er. Ein anderer Grund des Attentats soll gewesen sein, dass nach Hitlers Machtübernahme I .G. Duca  die Einbürgerung in Rumänien von 300.000 Juden aus Deutschland, Österreich und Polen genehmigt haben soll.

Die Gattin und die beiden Brüder von I.G. Duca trafen am nächsten Tag in Sinaia ein. An jenem Tag wurde sein Leichnam von Dr. Minovici einbalsamiert, der auch die Totenmaske im Beisein des Bildhauers Oscar Han abnahm. Aufgebahrt wurde er im Bukarester Athenäum. Die Beisetzung fand in Horezu statt.  Carol II. berief als Nachfolger den jungen liberalen Politiker Gheorghe Tătărescu ins Amt und beauftragte ihn mit der Bildung der Regierung.

Rätselhaft geblieben ist bis heute der Mord am ersten Premierminister der vereinigten rumänischen Fürstentümer, am 8. Juni 1862. Barbu Catargiu, der am 26. Oktober 1807 in Bukarest geboren wurde, war ein konservativer Politiker und ein Gegner der Agrarreform. Er war der Leiter der Regierung in Bukarest vom 20. April bis zum 12. Mai 1861. Fürst Alexandru Ioan Cuza beauftragte ihn, die erste gemeinsame Regierung der Rumänischen Fürstentümer nach der Vereinigung vom 24. Januar 1859 zu bilden. Catargiu stand dieser dann vom 22. Januar bis 8. Juni 1862 vor, als er vermutlich von einem bezahlten Attentäter gezielt in den Hinterkopf erschossen wurde. Darauf lässt auch die Tatsache schließen, dass der vermeintliche Täter Gheorghe Bogati kurz darauf einen nicht erklärbaren Wohlstand aufweisen konnte. Die Tat wurde abends verübt, als der Premierminister sich mit dem Polizeipräfekten Nicolae Bibescu in einer offenen Kutsche befand. Als sie unter dem Turnul Mitropoliei durchfuhren, fiel der tödliche Schuss. Es scheint, die Behörden selbst wollten nie Licht in dem Attentat schaffen, da angeblich hochrangige Staatsfunktionäre die Hand im Spiel gehabt haben sollen. Der in Paris studierte Politiker erfüllte während seiner Amtszeit als Premierminister auch die Aufgaben des Innenministers sowie  des Minister für öffentliche Arbeiten.

Dritter Premierminister des Landes, der während seiner Amtszeit ermordet wurde, war Armand Călinescu. Er wurde Opfer eines Attentats, durchgeführt in Bukarest am 21. September 1939 von einem Kommando der Legionäre, geleitet von dem Advokaten Miti Dumitrescu. Als Grund gaben sie an,  Călinescu habe einen Geheimplan gehabt, der von Großbritannien genehmigt worden war, um die Erdölvorkommen im Prahova-Tal in Brand zu setzen, um der deutschen Armee durch den Mangel an Treibstoff beträchtlichen Schaden zu bereiten. Als die Attentäter darauf versuchten, den staatlichen Radiosender in ihre Macht zu bekommen, wurden sie auf der Straße erschossen.

Armand Călinescu wurde am 4. Juni 1893 in Piteşti geboren. Er hatte Rechtswissenschaften und Philosophie studiert, seine Dissertation im Bereich der politischen Wissenschaften in Paris verteidigt. Er war Mitglied der Rumänischen Bauernpartei und war einer der Politiker, der sich gegen die Legionäre und Eiserne Garde aussprach.  Seine Haltung war standhaft und hat eine wichtige Rolle in der Verhaftung von Corneliu Zelea Codreanu im Jahr 1938 gespielt. Im gleichen Jahr hat er als Gründungsmitglied  zur Bildung der Front des Nationalen Wiederaufbaus  beigetragen. Zeitweilig hat er als Minister mehrere Ministerien (Gesundheit, Bildung und Verteidigung) geleitet. Letzteres auch in seiner Amtszeit als Premierminister vom 7. März bis zum 21. September 1939 als er erschossen wurde.

Armand Călinescu ist auch in die Geschichte eingegangen als er im September 1939 der polnischen Regierung erlaubte, durch Rumänien zu flüchten, nachdem das Land von Deutschland besetzt worden war. Desgleichen hat er auch den Transport des polnischen Schatzes durch Rumänien genehmigt.

Weniger bekannt ist ein am 8. Dezember 1920 im rumänischen Senat verübtes Attentat mit einer Zeitbombe. Experten sprechen davon, es sei zum ersten Mal gewesen, dass eine Zeitbombe bei einem Attentat eingesetzt wurde. Organisiert worden war das Attentat von einer Anarchisten- und Terroristengruppe bestehend aus Max Goldstein, Saul Osias, Leon Lichtblau. Als kommunistische Parteimitglieder gehörten sie einer Gruppierung mit dem Sitz in Odessa an. Anscheinend hatten sie noch andere Helfer, die ein Jahr darauf die Rumänische Kommunistische Partei gründeten. Die Bombe wurde unter der Rednertribüne im Senat angebracht  und ist 14.30 Uhr, vor Beginn der Aussprachen, im Plenum hochgegangen. Unbeschreibliche Panik ist dabei ausgebrochen, alle Fenster sind durch den Druck zerborsten. Infolge des Attentats sind der Justizminister  Dimitrie Greceanu und Senator  Gheorghe Spirea  kurz darauf im Spital gestorben. Senator Radu Demetriu, griechisch-katholischer Bischof von Großwardein, starb am Explosionsort.  Verletzt wurden dabei weitere Personen: der Senatsvorsitzende  Constantin Coandă, die orthodoxen Bischöfe Nifon  und Roman Ciorogariu.

Die Attentäter  wurden erst nach geraumer Zeit gefasst. Goldstein (23) konnte im Oktober 1921 gefasst werden, als er versuchte das Land zu verlassen. Der in Brăila geborene Beamte  wurde zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Er  hatte  im November 1920 ebenfalls an einem Attentat gegen den Innenminister Constantin Argetoianu teilgenommen, doch dieses misslang. Bestellt worden war diese Tat von Moskau aus, vom Komintern, wobei auch das Ehepaar Pauker in diese Aktion impliziert gewesen war. Die anderen Angeklagten erhielten bis zu zehn Jahren Haftstrafe. Auch wurde die Kommunistische Partei später verboten. Der Vorsitzende der Partei Gheorghe Cristescu wies allerdings alle Anschuldigungen zurück, die Partei hätte keinen Zusammenhang mit dem Attentat gehabt. Es bleibt zu hoffen, dass derartige extreme Aktionen nicht mehr stattfinden werden.