Schnapsbrennzeit

Der Eindruck, den die Politik in Rumänien dem mühevoll-unimplizierten Betrachter aufdrängt, ist jener des unaufhörlichen Brodelns und Wallens. Wie in einem Schnapskessel, wo der Vorlauf grad zu rinnen beginnt und man unaufhörlich umrühren muss. Sonst brennt die Maische an.

Der Wahlkampf um das Präsidentschaftsamt tobt bereits offen, bevor er überhaupt offiziell gestartet ist. Die Gegenkandidaten V. V. Pontas zerfleischen sich – auch ohne dass die Giftnudel Dragnea, Pontas Strippenzieher, was dazutut. Der Verfassungsbrecher B²sescu und Großmaul Antonescu lecken, jeder in seiner Ecke des politischen Raums, ihre Wunden und kämpfen gegen das öffentliche Vergessen. Ponta selber gibt sich „johannismäßig“: er schweigt sich aus. Kämpfen muss er nicht, solange er als Regierungschef den Rechtsstaat für 45 Tage aus den Angeln gehoben hat durch die Initiative Dragnes und seine eigenhändige Unterschrift zum Dringlichkeitsbeschluss, der für alle demokratisch Gewählten Rumäniens einen rechtsfreien Raum der folgenfreien persönlichen (Neu-)Option zur Parteizugehörigkeit schuf. Es ist die wichtigste Vorbereitung für den Wahlsieg Pontas im November – zu der die westlichen Botschaften in Bukarest, entgegen ihren sonstigen Gepflogenheiten, schweigen. Löbliche Ausnahme: die US-Botschaft.

Inzwischen darf Basescu, bei Übertretung der Verfassungspflicht der politischen Neutralität, seine Pupille Elena Udrea an der Spitze der PMP als Präsidentschaftkandidatin hochloben, während die Partei, die sein politisches Vermächtnis werden soll, langsam untergeht. Mit ihr und ihm selber alles, was er Gutes in seiner langen und widersprüchlichen Präsidentschaft vertrat.

Antonescu bafft zwischendurch, ein trotziges Kind, aus seiner Schmollecke gegen seine Kreation, Klaus W. Johannis – und verbaut sich, mit für ihn unspezifischem Fleißaufwand, den Weg für eine geläuterte politische Karriere. Dass er dabei acht- oder rücksichtslos gerade seinen eigenen politischen Traum von noch vor ein paar Monaten zertrampelt, ist tragikomische Frustration – ruft aber auch die Arroganz (hart an der Grenze des Dümmlichen) in Erinnerung, die er 2012 für ein paar Wochen als Senatschef im Amt des Interimspräsidenten zeigte.

Der binnen Wochen sowohl als PMP- als auch als unabhängiger Präsidentschaftskandidat gestolperte Cristian Diaconescu ist zu Kreuz gekrochen und hat sich unter den großzügigen Rockschößen der Elena Udrea (s)ein kuscheliges Plätzchen gefunden. Auch Johannis wurde dahin eingeladen. Calin Popescu-Tariceanu, der Keil in der Christliche-Liberalen Allianz ACL, spielt seine Rolle balkanuntypisch verlässlich und harrt der Brosamen, die um Weihnachten abfallen. Monica Macovei (sie vergleicht sich mit Nelson Mandela) könnte als Einzige etwas vom Positiven des „Basismus“ retten – wenn sie auch nur den Funken einer Chance hätte.

So wallt denn der Schnapskessel in diesem pflaumenarmen Jahr drauflos und schafft ununterbrochen den Stoff, der Caragiales „Besoffnen Bürger“ fragen lässt: „Und mit wem wähle ich?“