Schönes Land zum Verkauf

Ab Januar 2014 uneingeschränkter Bodenankauf für Ausländer aus der Europäischen Union

Das idyllische Bild der Banater Heide verrät nichts von harten Geschäften um den Boden.
Foto: Zoltán Pázmány

Unser Land, vor Jahrzehnten wegen seines guten Ackerbodens und den hohen Getreideernten als Kornkammer Europas bekannt, wurde und wird auch heute noch – eher von außen als von innen –  als Agrarland mit hohem und ungenütztem Potenzial betrachtet. Leider hat das Jahrhundert der Weltkriege, aber vor allem die Jahrhunderthälfte des Kommunismus Landwirtschaft wie Bauernschaft vom normalen Weg zu einer modernen Agrarwirtschaft, wie man sie heute in den westlichen EU-Ländern erlebt, abgebracht. Die langjährige Misswirtschaft der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften und staatlichen Landwirtschaftsbetriebe (SLB) – der Boden gehört dem ganzen Volk, hieß es patriotisch in einer der kommunistischen Parolen – ist nun, Gott sei Dank, vorbei, doch deren Altlasten, ein starkes Unkraut, konnten selbst nach zwei Jahrzehnten nicht restlos ausgemerzt werden.

Der Boden des Vaterlandes wurde mittels sukzessiver Bodengesetze ab 1990 verteilt, die Landbewohner wurden über Nacht nolens-volens wie ihre Väter und Großväter zu Bauern und Bodeneigentümern. Die mittels des Rückerstattungsgesetzes an die ehemaligen enteigneten Bauern und deren Erben erfolgte Bodenübergabe war eine langjährige, schwierige Prozedur, sie sorgte auf dem Lande anfänglich für viel Freude, dann aber schnell für allgemeine Ernüchterung, bei vielen auch für Unwillen und immer mehr Ratlosigkeit und Ohnmacht. Von den Übergriffen und dem neuen Unrecht in der Bodenrückerstattung da und dort wurde nach der Wende und wird noch heute in den Medien berichtet. Die zahlreichen Prozesse der unzufriedenen Neubauern mit dem Staat, den Präfekturen und Kommunalverwaltungen laufen heute noch. Hinzu kamen in etlichen Landesteilen umstrittene Privatisierungen der ehemaligen SLB, restlos geklärt ist vielerorts heute noch nichts.
Der Boden ist also verteilt. Fachleute sagen seit Jahren, dass die zu starke Zerstückelung und Parzellierung der rumänischen Landwirtschaftsfläche eine moderne Landwirtschaft gar nicht zulassen würden. Für viele Landwirte wurde es leider kein Zuckerbrot, sie fristen schlecht und recht das Dasein der traurigen Subsistenz-Landwirtschaft. Die über APIA gewährten EU-Unterstützungen, die leider ungenügenden staatlichen Zuwendungen reichen nur dafür, dass sie sich über Wasser halten.

Wenn die Bauern ihren Grund vor Einbruch des Kommunismus noch als unschätzbaren und auch unverkäuflichen Wert und Familienbesitz betrachteten – Boden wurde allgemein nicht verkauft, sondern nur vermehrt und vererbt –, so wird dieses Gut heute von vielen Bauern nicht nach seinem Ertrag, sondern eher nach seinem Verkaufswert eingeschätzt. Viel dazu und zur unaufhaltsam steigenden Preisspirale haben verlockende Angebote geldkräftiger Ankäufer, vor allem aus dem Ausland, die Immobilienentwickler und nicht zuletzt gar der Staat z. B. mit seinen Großprojekten für den Autobahnbau beigetragen. Die Preise stiegen von einigen Hundert Lei bis zu Tausenden Euro für ein Hektar Ackerboden. Jetzt hat sich auch die rumänische Regierung in den Immobilienmarkt eingeschaltet: Ab dem 1. Januar 2014 soll es, laut einem Gesetz, das der EU-Gesetzgebung in diesem Bereich auch in Rumänien Gültigkeit verleiht, EU-Ausländern möglich sein, in Rumänien uneingeschränkt Landwirtschaftsflächen anzukaufen. Selbst die ursprüngliche Begrenzung auf 100 Hektar, die eigentlich gegen die Verfassung verstößt, wurde fallengelassen.

Aufwind oder anrüchiges Geschäft?

Dieses neue Gesetz hat, wie erwartet, ebenso viele Befürworter wie Gegner. Einer der heftigsten Gegner dieser Liberalisierung des Bodenmarktes ist Valeriu Tabără, ehemaliger Landwirtschaftsminister. Er befindet, dass diese Maßnahme sich zu einem großen anrüchigen Geschäft entwickeln könnte und den einheimischen Landwirten sicher große Nachteile bringen wird. Es ist eine Tatsache, dass sich große Flächen Ackerboden schon längst in den Händen der neuen einheimischen Großgrundbesitzer befinden oder von Ausländern, die rumänische Firmen gründeten und seit der Wende Boden zusammengekauft haben. Dieses Gesetz könnte, laut Tabără, viele rumänische Landwirte nach einem schwierigen und allgemein unrentablen Landwirtschaftsjahr allzu schnell dazu verleiten, die Flinte endgültig ins Korn zu werfen und ihren guten Ackerboden selbst zu niedrigen Preisen zu verkaufen.

Hier einige Grundbestimmungen des Gesetzes: Ein Käufer muss beweisen, dass er landwirtschaftliche Grundkenntnisse und fünf Jahre lang vor Inkrafttreten des Gesetzes eine landwirtschaftliche Tätigkeit entfaltet hat. Vorrang beim Ankauf wird Miteigentümern, Nachbarn, Pächtern und Privatpersonen bis zum Alter von 40 Jahren eingeräumt. Ankäufer können  rumänische Staatsbürger, Bürger eines EU-Mitgliedsstaates, auch Staatenlose mit Wohnsitz in Rumänien oder in einem EU-Land sein. In den Gebieten entlang der Staatsgrenzen, bis zu 10 Kilometer von der Grenze, kann Ackerboden nur nach einem Gutachten des Verteidigungsministeriums verkauft werden. Desgleichen ist ein Gutachten vom Kulturministerium für den Ankauf in Gebieten mit archäologischer Auswertung erforderlich.  Eine Missachtung der Gesetzesvorschriften wird mit einer Geldstrafe bis zu 100.000 Lei pro Hektar bestraft. Der Staat möchte, laut Gesetz, auch den rumänischen Ankäufern durch Kredite mit einem Vorschuss von 10 Prozent – der Zinssatz ist nicht bekannt – dabei behilflich sein, Boden zu kaufen. Rumänische Staatsbürger werden damit bis zu 1000 Hektar Ackerboden kaufen können.

Zu den vorrangig anvisierten Gebieten gehört außer der Donau-Tiefebene auch die seit eh und je ertragreiche Banater Heide, vor allem der Landeskreis Temesch. Laut Angaben der Temescher Landwirtschaftskreisdirektion befinden sich schon derzeit 75.000 Hektar, das macht 15 Prozent der gesamten Temescher Landwirtschaftsfläche von 520.000 Hektar aus, in fremder Hand. Der Kreis ist auf Landesebene ganz oben in der Liste der ausländischen Investitionen in der Landwirtschaft. Der Ankauf von Boden durch Ausländer, mittels in Rumänien eingetragener Firmen, wuchs hier seit der Wende jährlich konstant mit 10 Prozent an. Als erste kauften eine große Zahl italienischer Staatsbürger Tausende Hektar im Banat an, anfangs gar zu Spottpreisen von 100-200 Mark pro Hektar, später zu 200-300 Euro. Ein Teil davon wurde an andere ausländische Ankäufer aus Deutschland, Österreich, der Schweiz – selbstverständlich viel teurer, zu Preisen von 1200-1500 Euro pro Hektar – weiterverkauft. Laut Daten des rumänischen Landwirtschaftsministeriums wurden auf Landesebene in der Zeit eines Marktbooms 1998-2004 Kaufanträge für insgesamt 430.000 Hektar Ackerboden verzeichnet, das ergab 200.000 Kauf-Verkaufsverträge.

Laut Dipl. Ing. Viorel Solomie von der Temescher Landwirtschaftskreisdirektion wird die angekündigte Liberalisierung zu einem nie dagewesenen Anstieg des Bodenankaufs im Temesch-Gebiet führen: wegen der hervorragenden Bodenqualität, der geografischen Lage und des hier vorhandenen Fachpersonals. Die Preise werden selbstverständlich auch kräftig in die Höhe schnellen – das nicht nur für Ackerboden, sondern auch für Weideland. Der Preis für ein Hektar Boden im Banat wird in den nächsten zehn Jahren höchstwahrscheinlich bis zu 15.000-20.000 Euro ansteigen. Laut Schätzungen wird bald die Hälfte der Temescher Landwirtschaftsfläche in fremder Hand sein.