Seit 23 Jahren steht Qualität an oberster Stelle

Gespräch mit Florin Zori, Gründer der Kronstädter Übersetzungsfirma ASCO

Florin Zori in dem Sitzungsraum von ASCO

Einführend zu diesem Beitrag über einen besonderen Tätigkeitsbereich, in welchem zahlreiche wenig bekannte Profis arbeiten, ein Erlebnis des Verfassers, welches fast anekdotenhaft anmuten kann. Zugetragen hat es sich beim Übersetzen der Ansprache eines Gewürzerzeugers der Fleischverarbeitung. Um die Bedeutung der Gewürze zu unterstreichen, nannte der Redner, als er über die Tradition des Gewürzhandels sprach, seinen Beruf den „zweitältesten“, welcher geschichtlich nachgewiesen werden kann. In der darauf folgenden Pause konnte er jedoch überzeugt werden, dass der Anspruch der Dolmetscher und Übersetzer auf diesen Rang gerechtfertigt ist, denn selbst die Urmenschen brauchten Kenner anderer Stammessprachen, um sich mit entfernter lebenden Menschen zu verständigen. Über den ältesten Beruf gab es keine Meinungsverschiedenheiten. Wie wichtig heute Übersetzungen sind, auf Produkten, Gebrauchsanweisungen oder auf Reisen, braucht nicht weiter erläutert zu werden, und dass daraus eine Berufsbranche entstanden ist, noch weniger. Florin Zori (50) gründete 1990 in Kronstadt/Braşov die Übersetzungsfirma ASCO. Florin Zori erzählt in einem ausführlichen Gespräch mit Hans B u t m a l o i u  über den abenteuerlichen Anfang und die hohen Ansprüche, welche heute in diesem Bereich gestellt werden.

Wie hat alles begonnen?

Es hat eigentlich viel vor 1990 begonnen; mein Vater machte laufend Übersetzungen schon viele Jahre vorher – all die Unterlagen, die von den Kronstädtern für ihre Auswanderung benötigt wurden. Diese Unterlagen wurden in Bukarest einer letzten sehr strengen Überprüfung unterzogen und genehmigt. Dort legte man die Übersetzungen vor und diese mussten peinlich korrekt sein. Das ist mir bis heute hängen geblieben: die Genauigkeit der Übersetzung. Und diese beruht wiederum auf Sprach- und Fachkenntnis.

Fangen wir also mit den Sprachkenntnissen an...

Das ist einfach: Als gebürtiger Kronstädter habe ich eine deutsche Grundschule besucht, also Deutsch gelernt. Um zu übersetzen – das habe ich viel später verstanden – muss man aber Ausgangs- und Zielsprache gründlich beherrschen. Da in den Jahren immer mehr Lehrkräfte auswanderten, begann es im Unterricht Lücken zu geben, sogar erhebliche, und ich ging über zu einer rumänischen Schule, wo ich in der Oberstufe den erweiterten Lehrstoff in der Zweitsprache lernte. Das formte mich. Ich habe später Fahrzeugbau studiert und – hier in Kronstadt durchaus üblich – auch als Fremdenführer und Skilehrer gearbeitet. So habe ich den Sprachgebrauch geübt. Später, als ASCO schon tätig war, habe ich noch ein Masterstudium in Klausenburg in European Master for Translation (EMT) gemacht, welches mir von großem Nutzen ist, da es europaweit anerkannt wird.

Und dann kam die Wende von 1989 und wir haben uns anpassen müssen...

Und wie! Gab es bis dahin eine geringe Nachfrage, wie gesagt, Auswanderer und ihre Urkunden, so zeichnete sich nun eine Umwälzung ab, welche auch die Nachfrage nach Übersetzungen umfasste. Die ersten Kontakte waren mit den Lieferungen von Hilfsgütern, endlose Schlangen von LKWs vor dem Stadtpark und die Abfertigung der Zollpapiere. Damit hat ASCO begonnen, mit einer Eintragung in einem Schulheft, in einem Büro der Präfektur, durch eine Beamtin, welche nicht recht wusste, was es mit den „Privaten“, wie man uns schräge Vögel damals taufte, auf sich hat. ASCO war Firma Nummer sieben und verfügte über eine Schreibmaschine. Wenn es zu viel Arbeit gab, borgten wir uns noch eine von unserem Nachbarn aus. Und mit Schreibmaschinentexten hatte ich wiederum eine Bestätigung, dass es nicht einfach ist, Übersetzer zu sein.

Wieso denn?

Es wäre fast zu einer Strafklage gekommen, als wegen eines Lieferscheins die Überbringer des Diebstahls beschuldigt wurden. Die Lieferung umfasste, was damals so kam: Schreibtische, Ausrüstungen, Matratzen usw. und weil der deutsche Text das Wort „paturi“ enthielt, glaubte man, es gehe um Betten, wobei es eigentlich „pături“ waren. Es fehlte das kleine Hütchen auf dem „a“. Heute, wo durch die Umschalttaste so etwas banal ist, klingt es vielleicht lächerlich, doch bei einer Schreibmaschine ist so etwas nicht zu machen.        
Es folgten die ersten Versuche der Wirtschaftskontakte hiesiger Kleinunternehmen, sodass ASCO zu einer Drehscheibe der mehrsprachigen Kommunikation wurde: Telex-Verbindung, Fax, E-Mail im Zuge der Ausweitung des Internets, was dann auch sofort geläufig wurde. In den ersten Jahren waren die meisten Übersetzungen die Auswanderungspapiere und die Fahrzeugpapiere derer, welche sich damals Gebrauchtwagen aus Deutschland kauften.

Das sind, was die Übersetzung betrifft, einfache Texte!

Genau, doch der Umfang war riesig. Damals haben wir diesen Teil der Aufträge auf dem Rechner gemacht – es war die Zeit, als ein PC den Preis eines Autos hatte – und so konnten wir einen sehr großen Umfang bewältigen und wurden dadurch auch bekannt. Zeitweilig hatten wir bis zu 120 Kunden pro Tag, was einen Riesenaufwand bedeutete. Wenn wir die Aufträge übergaben, hatten wir höchstens drei Minuten, um alles abzuwickeln. Doch die Zeiten sind vorbei, der Wandel hat sich vollzogen und wir haben uns von diesen einfachen Aufträgen zu größeren Herausforderungen hingewendet. Doch der damalige Umsatz ermöglichte es uns, unsere Ausstattung zu verbessern und auf den (damaligen) Höchststand zu bringen. Wir sprechen von einem Stand, als wir die Texte ausgedruckt, im Briefumschlag über die Post bekamen und die Dateien auf Disketten. Es war ein riesiger Schritt, als wir über das Internet versenden und empfangen konnten.

Sie sprachen über die Infrastruktur der Tätigkeit. Wie stand es aber mit den Übersetzern?

Wir haben sehr schnell erfahren, eigentlich zu spüren bekommen, dass weitergeleitete Aufträge, an den Übersetzer meine ich, nicht einer durchgehenden Qualitätskontrolle unterzogen werden konnten; also haben wir erstmals Stichproben gemacht. So haben wir festgestellt, dass etwa ein Fünftel der Arbeiten fehlerhaft waren. Ab dann begannen wir, alle Arbeiten einer Zweitüberprüfung zu unterziehen. Es ging nicht nur um Fehler aus Unachtsamkeit, sondern wegen der Grenzen, welche ein jeder von uns hat. Auch meine Arbeiten wurden einer Zweitüberprüfung unterzogen. Es war ein weiterer Schritt, ein Übergang zu einer anderen Stufe: Wir lernten so, dass der Übergang von formatierten Übersetzungen zu gezielten Arbeiten anderen Forderungen unterstehen. Neben sehr guten Sprachkenntnissen braucht es auch Fachkenntnisse auf dem Gebiet, zu welchem der Text gehört.

Was für Übersetzer konnten solche Texte übernehmen und vor allem, wo waren diese zu finden?

Nach und nach fand eine Auslese statt, auch durch die Zweitüberprüfung der Texte. Es war unvermeidlich, dass sich bei einem solchen „Vier-Augen-Prinzip“, Übersetzer und Prüfer, eine Aussonderung vollzog. In so einem Tandem gibt es einen sprachlich und einen fachlich orientierten Übersetzer. Im Endeffekt  klingt  der fertige Text richtig, ohne dass man heraushört, dass es eine Übersetzung ist, wobei das letzte Wort dem Fachmann zusteht, der die Richtigkeit der, sagen wir, technischen Sprache beherrscht. Diese Vorgangsweise zeigte uns auch, dass es eigentlich zwei Bereiche gibt: den technischen und den medizinischen. So zogen wir schon in den 90er Jahren bei unserer Arbeit Fachkräfte heran, welche auch die notwendigen Sprachkenntnisse hatten.

Welche Sprachen waren und sind gefragt?

Eigentlich sind es zwei, welche zu gleichem Anteil etwa 80 Prozent des Gesamtumfangs ausmachen: Deutsch und Englisch. Auch wir hatten und haben weiterhin in unserem Angebot auch andere Sprachen, doch diese machen nur einen kleinen Teil aus. Nach mehr als 20 Jahren Tätigkeit in dieser Branche kann ich sagen, dass in unserem Raum diese beiden Sprachen dominieren. Es ist wohl die Folge der geschichtlichen Bindungen und jetzigen Entwicklungen.

Kehren wir ein wenig zu den beiden erwähnten Bereichen, Technik und Medizin, zurück, wieso eigentlich diese Orientierung?

Nun, es sind die Bereiche in welchen der Einsatz hoch liegt, wo es die Kunden gibt, welche die Übersetzungen benötigen und diese letztendlich auch bezahlen können. Die Verständlichkeit einer Übersetzung bedeutet auch Qualität, und diese kostet. Die Billigversion ist heute die automatische Übersetzung online. Diese ist nützlich, wenn man den Inhalt einer Seite kennen will, um überhaupt entscheiden zu können, ob diese von Interesse ist. Ansonsten sind diese Übersetzungen vage und manchmal gefährlich. Automatische Übersetzungen entwickeln sich weiter. Heute funktionieren sie nicht mehr nach gut ausgereiften Algorithmen, sondern aufgrund der Suche nach schon übersetzten, vorhandenen und gespeicherten Sätzen oder Absätzen, also Segmente, welche von Übersetzern erzeugt im Cloud vorliegen und abgerufen werden (Cloud: Kontext onlinebasierter  Speicher- und Serverdienste). Doch das ist ein anderes, gesondertes, Kapitel.

Außer dem Bereich der Fachübersetzungen, der Texte also, gibt es noch einen Bereich, wahrscheinlich der geschichtlich gesehen ältere: das Dolmetschen, die Simultanübersetzungen bei Konferenzen z. B.

Damit haben wir bei ASCO um 1996 begonnen. Es war eine Zusammenfügung mehrerer Faktoren: Kronstadt liegt in einer Gegend mit regem Tourismus, also Hotels, diese haben auch größere Räume, die sich für Tagungen eignen, und sie boten schon damals gute Bedingungen für internationale Treffen, welche eben auch Simultanübersetzungen benötigen. Das war vor allem im Frühling und Herbst der Fall. Angefangen haben wir mit einer selbst gebastelten Anlage, welche ihre Grenzen hatte, aber damit sind wir eingestiegen. Schwieriger war es mit den Dolmetschern. Wir haben mit unseren Übersetzern angefangen, doch Textübersetzung ist nicht Dolmetschen und umgekehrt. Aus zehn guten Textübersetzern kann man im besten Fall 1-2 Dolmetscher auswählen, wenn man Glück hat.
Wir haben auch in diesem Bereich die Tätigkeit angepasst, mit zwei Dolmetschern in der Kabine, mit Vorbereitung zu dem Thema der Tagung, mit Überprüfung. Doch vor Überraschungen ist man nie sicher. Bei einer Übersetzung hatten wir einen Redner, der sich partout weigerte, das tragbare Mikrofon am Revers seines Anzuges zu tragen. Er bekam also eines mit Antenne. Da er diese andauernd bearbeitet hat, gab es Nebengeräusche und Störungen, welche den Empfang in den Kopfhörern unmöglich machte. Zum Glück gab es eine Textvorlage seiner Rede und dieser folgte eben der Dolmetscher mit abgeschaltetem Ton. So merkte er nicht, dass er mit dem Text bald weiter als der Redner war und las auch einen Witz vor – der übrigens sehr gut war – was die Zuhörer zum Lachen brachte. Der arme Redner war ganz verstört, denn er glaubte irgendetwas Falsches gesagt zu haben, den Witz hatte er ja noch nicht gesagt. Später kam er auch zu diesem, doch in den Kopfhörern war da schon das Ende seiner Rede zu hören, also wurde nicht mehr gelacht. So etwas kann schon passieren, aber Ende gut, alles gut.     

Nochmals zu der Personalfrage, wie ist diese zur Stunde abgedeckt?

Nun, seit einiger Zeit, sind auch wir an der Ausbildung in gewisser Weise beteiligt, indem wir  Studenten, welche an dieser Branche Interesse haben, Einsicht in die Übersetzertätigkeit ermöglichen. Diese „Schnupperprobe“ ist beiderseits nützlich.

Wir danken für diese Ausführungen.