Sonderführung im Museum „Casa Mureşenilor“

Eine Ausstellung für Technik-Begeisterte

Dr. Valer Rus vor der Vitrine mit alten Telefonen

Die elektromagnetische Geige setzte sich durch: der amerikanische Geiger Mark Winthrop Wood, Gründungsmitglied und gewesener Leiter der Streichinstrumentenmusiker des Trans-Siberian Orchestra spielt nur noch auf nach dem Patent rechts im Bild gebauten Instrumenten.
Fotos: Hans Butmaloiu

Sie umgibt uns täglich: morgens wenn uns der digitale Wecker mit dem Lieblingssong aufweckt, um dann auf den eingestellten Rundfunksender zu schalten, danach der Kaffeeautomat, der Kartenautomat oder die Elektronik im Auto bei der Fahrt zur Arbeit und später der Computer oder das iPhone oder… Die Technik beherrscht eben unseren Alltag und sehr wenige von uns denken noch daran, wie es „damals“ war, als es all diese Dinge noch nicht gab.

Das Museum „Casa Mureşenilor“ in Kronstadt bietet bis März einen Rückblick auf die Vorfahren zahlreicher technischer Hilfsmittel oder auch Werkzeuge aus dem vorigen Jahrhundert. Als Führer durch die Ausstellungsräume begleitete uns Dr. Valer Rus, Leiter des Museums, der uns Einzelheiten und Hintergrundgeschichten erzählte.

„Wir sind nun bei der dritten Zusammenarbeit mit dem Technischen Museum ‘Ştefan Procopiu’ aus Jassy, über die Jahre hatten wir ganz besondere zeitweilige Ausstellungen, eine davon, vielleicht die interessanteste, war die mit Aufzeichnungs- und Wiedergabegeräten für Ton. Damals hatten wir eine beeindruckende Sammlung von Grammophonen. Jetzt haben wir eine Ausstellung mit viel mehr Exponaten aus der Geschichte der Technik und Wissenschaft: Es sind 178 Ausstellungsobjekte sehr verschiedener Art. Wir haben Exponate aus der Geschichte des eigentlich ganz jungen IT-Bereichs, Haushaltsgeräte, Ergebnisse geologischer Forschung, Tonaufzeichnungsgeräte nach dem Patent des allgemein bekannten Thomas Edison mit den klassischen Wachszylindern. Wir sind aber stolz, ein außerordentliches Exponat zeigen zu können: eine elektromagnetische Geige, eine rumänische Erfindung des Ingenieurs Gabriel Dimitriu, 1930 in Paris patentiert. Dazu gehören Belege, aber auch persönliche Gegenstände von Wissenschaftlern und Forschern, hauptsächlich aus der Moldau, welche durch ihren Erfindungsgeist Grenzen versetzt haben. Ştefan Procopiu, der Namensgeber des Museums in Jassy, ist nur einer davon, aber auch der Chemiker Petru Poni ist vertreten. Ausgestellt sind Veröffentlichungen von Doktorarbeiten, Auszeichnungen und Ehrungen sowie Erfindungspatente.“

Vor einer der Vitrinen verweilen wir länger und Dr. Rus Valer erwähnt, indem er auf einige der Veröffentlichungen aus Paris deutet, den Kontext, in dem diese entstanden sind: „Wir leben heute in einer digitalen Welt, beherrscht von Kommunikationselektronik, doch diese Erfindungen beruhen größtenteils auf anderen Energiegrundlagen, die es vor dem allgemeinen Einsatz des elektrischen Stromes gab: Grammophone wurden von einer Feder angetrieben, Bügeleisen mit Dampf beheizt, andere Geräte waren rein mechanisch oder durch Menschenkraft betätigt, wie z. B. die Nähmaschine durch ein Tretpedal.“

Ein gesonderter Bereich ist den Aufzeichnungsgeräten für physikalische Größen und Werte vorbehalten. Hier stehen Thermometer, Manometer, Feuchtigkeitsmesser und auch einige Besonderheiten wie z. B. ein Sonnenscheinautograph (auch Heliograph oder Sonnenschreiber). Das Gerät besteht aus einer Glaskugel und einer Halterung durch welche sie konstant festgehalten wird. Das durch die Glaskugel gebündelte Sonnenlicht erzeugt einen heißen Fokuspunkt, der entsprechend der Sonnenbewegung auf einem empfindlichen Papierstreifen Markierungen hinterlässt. Mit diesem Gerät wird auch heute in der Meteorologie die Sonnendauer eines Tages belegt. Für die Helligkeit der Sonnenstrahlung wird ein Luxmeter verwendet, welches eben-falls ausgestellt ist. Dies besteht aus einem Millivoltmeter (Messgerät für Niedrigspannung) und einer angeschlossenen Platte mit fotovoltaischem Element, welche der Sonnenstrahlung ausgesetzt wird.

„Hier stehen wir vor einem Stück Technikgeschichte, zu der Kronstadt erheblich beigetragen hat: der Flugzeugbau. Durch die großzügige Geste eines Kronstädters können wir ein Stück Flugzeugbaugeschichte zeigen. Es handelt sich um einen Kolbenkopf des Modells IAR 1000. Das auch als IAR 47 bekannte Modell wurde in Kronstadt 1943 bis 1945 gebaut und war ein mit Fotokameras bestücktes Aufklärungsflugzeug.“ Und Dr. Valer Rus setzt fort: „Es ist sehr bedauerlich, dass nach 1990 der Großteil der Belege für technische Leistung beim Auflösen der Industriewerke einfach abgewrackt wurde und in den Schmelzofen gewandert ist. Einiges von dem, was uns heute umgibt, an Metall meine ich, könnte von dieser unwiderruflich verlorenen Geschichte erzählen.“

Es geht weiter mit dem Rundfunk, illustriert mit Exponaten, welche vielleicht noch vage in Erinnerung sind: mit dem Lautsprecher des bis in die 60er Jahre noch vorhandenen nationalen Netzes. „Audioinformation, so wie wir sie heute kennen, das, was über Empfänger im Auto, zu Hause, am Arbeitsplatz kommt, ist schon länger vorhanden und ersetzte die gedruckte Information, die unweigerlich einer zeitlichen Verzögerung ausgesetzt ist. Der Rundfunk war für zwei bis drei Jahrzehnte DIE Informationsquelle, welche von sich behaupten konnte, in „Echtzeit“ zu arbeiten. Durch das Lautsprechernetz im Eigenheim gab es eine weite Verbreitung der Nachrichten. Nebenbei kamen auch Sendungen, Musik, Übertragungen, vieles was die Welt veränderte und was heute für viele Zeitgenossen unverständlich ist. Obwohl auch heute eigentlich der Rundfunk die weiteste Verbreitung weltweit hat.“

Ein anderer Saal ist der Bilderfassung gewidmet, ausgestellt sind Vorfahren der heutigen 3D-Technik, bekannt als Stereoskopie. Der letzte Raum ist ein interaktiver Vorführsaal mit Geräten, durch welche einige physikalische Grundgesetze veranschaulicht werden: das Maxwellsche Pendel, kommunizierende Gefäße, Zentrifugalkräfte sind nur einige davon.

Die Ausstellung kann bis März 2017 besichtigt werden. Danach folgt eine neue Ausstellung. „Als Museum betrachten wir uns als Bewahrer und Vermittler geschichtlichen Erbes. Viel zu lange wurde bei der Bewahrung unseres Erbes das Wesentliche übersehen oder zumindest vernachlässigt. Wir haben gegenüber unseren Zeitgenossen und Nachfolgern die Pflicht, die Vorarbeiten darzustellen und zu bewahren. Das, was uns heute an Technik umgibt, ist nicht vom Himmel gefallen, sondern ist das Ergebnis langjähriger Forschung, eines Entwicklungsprozesses, der manchmal auch ein ganzes Leben dauerte. Eines Lernprozesses, der für die Menschheit mit der Entdeckung des Feuers begonnen hat und sich seit damals fortsetzt.

Zwischen Feuer und Rad haben wir eine lange Zeitspanne, welche jedoch aus historischer Sicht sehr kurz ist. Seitdem hat sich alles beschleunigt, wir merken es vielleicht nicht, doch die Geschwindigkeit der Entwicklung ist heutzutage rasant. Von einer Generation zur anderen wurde z. B. die Baukunst weiter entwickelt, vor der wir heute stehen und staunen, ohne uns zu vergegenwärtigen, dass vieles, was heute als „normal“ eingestuft wird, auf einer viele Jahrtausende angesammelten Erfahrung beruht. Wir als Museum betrachten es als Ehrensache, Wissen, Erfahrungen, Belege, Ausstellungsobjekte der heutigen jungen Generation zu vermitteln. Es gab nach 1990 einen Trend, weg vom Technischen, weg von der Industrie, weg vom Praktischen. Man wandte sich Berufen wie Anwalt oder Berater zu und vieles ist auf der Strecke geblieben, vieles ist unweigerlich in den Schmelzofen gegangen. Doch ich möchte noch etwas für Ihre Leser ankündigen: Wir haben das Projekt einer Ausstellung für das nächste Jahr vorbereitet, die Finanzierung ist uns nicht zugesagt worden, doch sie wird trotzdem mit eigenen Mitteln veranstaltet werden. Es handelt sich um eine Ausstellung, die sich mit der Geschichte des Flugzeugbaus in Kronstadt befassen wird“, sagt Rus.

Wir verabschiedeten uns mit einem letzten Blick auf ein Exponat: das Kleinmodell eines IAR-Flugzeuges, gebaut aus Eigenmitteln, mit viel Geduld und Können, ein Hobby dem leider nur noch wenige nachgehen.