„Stärke ist so individuell wie jede Frau selber“

Die Alphafrauen stehen für Schönheit, Klugheit und Kompetenz

„Auf der Autobahn kann mich kaum einer überholen und in der Luft fühle ich mich so zu Hause wie ein Fisch im Wasser“, sagt Andreea Kremm. Im Bild: Auf dem Flugplatz Wiener Neustadt nach ihrer Prüfung für den Flugschein für mehrmotorige Flugzeuge.

Roxana Costache ist die Pressesprecherin der Temescher Grenzpolizei.

Erika Weisz ist die einzige ausgebildete Hippotherapeutin in diesem Landesteil. Ihre Ausbildung absolvierte sie in Italien.

Mona Petzek ist die Leiterin des Deutschen Kulturzentrums Temeswar. Sie vereinbart erfolgreich Beruf und Familie.
Fotos: privat

Ihre freundliche und offene Art, aber auch ihre Entschlossenheit und das sichere Auftreten scheinen Markenzeichen von Andreea Kremm (36) zu sein. Die aus Reschitza stammende Unternehmerin ist eine geschätzte Präsenz bei Treffen jeglicher Art, denn sie drückt offen und ehrlich ihre Meinung aus, wenn sie danach gefragt wird. Andreea Kremm ist Vizepräsidentin des Deutschsprachigen Wirtschaftsclubs „Banat“ und erfolgreiche Unternehmerin. „Eine Frau hat in einer Männerwelt einen großen Vorteil“, sagt sie. „Die männlichen Stereotypen und die Erziehung zum Gentleman und Beschützer greifen sofort. Es fällt Männern schwer, mit Frauen zu verhandeln, weil einer Frau einen Wunsch abschlagen ist ja unhöflich“, erklärt sie, wieso sie es nicht als schwer empfindet, sich als Unternehmerin in einer männerdominierten Welt zu behaupten.

Andreea Kremm gehört definitiv zu der Kategorie Frauen, die man als „stark“ bezeichnen kann. Und dabei geht es nicht um die physische Stärke, sondern in erster Linie um die psychische. „Stärke ist ebenso individuell wie eine Frau selber“, sagt Andreea Kremm. Seit dem Jahr 2000 ist das Unternehmen Netex Consulting in Betrieb, das Andreea Kremm zusammen mit ihrem Partner Claudiu Patt gegründet hat. Das Unternehmen, ursprünglich ein Internetanbieter, wuchs rasant, Tätigkeitsfelder wie Kundenbetreuung, Webprogrammierung und Bürodienstleistungen kamen hinzu, Netex expandierte in Rumänien und ins Ausland. Andreea Kremm ist heute eine erfolgreiche Unternehmerin, die mit 27 „das erste Mal ´in Rente`gegangen ist“, wie sie selbst gesteht. „ Damals habe ich Geschäftsführer eingesetzt, die sich um meine Firma kümmern und bin nur meinen Hobbys nachgegangen. Das Geheimnis ist delegieren und eine gewisse LMAA-Einstellung“, sagt sie. Zu ihren größten Leidenschaften gehören das Pilotieren von Flugzeugen und Heißluftballons.

Welche die Eigenschaften waren, die sie persönlich wie auch beruflich weitergebracht haben? „Ich bin das Ergebnis der Begegnungen mit vielen einzigartigen Menschen, die mich geprägt und geformt haben“, sagt Andreea Kremm, die zuerst Computerwissenschaften und später Psychologie studiert hat. Von ihrer Oma hat sie gelernt, ehrlich und korrekt zu sein. „Pfui! Deutsche schummeln nicht“, hieß es. „Meine extreme Fairness im Geschäftsleben hat mir zu Geschäftsbeziehungen geholfen, die sich erfolgreich über mehr als einem Jahrzehnt erstrecken“, sagt sie. „Mein Opa hat mir handwerkliches Geschick und Umgang mit Geld beigebracht. Als Kind hat er mir ein Sparschwein gegeben und gesagt: Teile das Geld immer in drei gleiche Teile – ein Drittel fürs Haus, ein Drittel für dich und ein Drittel für schlechte Zeiten. Das mache ich heute noch so“, fügt sie hinzu. Ihr Vater, der langjährige BZ-Redaktionsleiter Werner Kremm, hat ihr beigebracht, gesellig zu sein und ihr die Vorteile des Networking vorgelebt. „Durch meine Mutter habe ich die rumänische Volksseele verstanden“, sagt sie. Von ihrem Lebenspartner wurde sie zum Querdenken ermutigt und inspiriert. Es gab viele andere Begegnungen, aus denen Andreea Kremm etwas mitnahm. „Ich hatte das Glück, wunderbaren Menschen zu begegnen und nutze bis heute jede Chance, an diesen Begegnungen zu wachsen“, sagt sie.

Andreea Kremm glaubt nicht an die Einführung einer Frauenquote für Aufsichtsräte und sonstige Organisationen. „Da, wo es Frauen gibt, die fähig sind, Aufsichtsräte zu sein und dies auch möchten, da schaffen sie es auch ohne Frauenquote in egal welche Führungsebene“, sagt sie.

 

Mit Schönheit und Entschlossenheit durch die Männerwelt gehen

Roxana Costache ist 25 Jahre alt. Sie kommt aus Drobeta Turnu-Severin. Mit 18 fasste die junge Frau die Entscheidung, die „Avram Iancu“-Schule für Grenzschutzpolizisten in Großwardein/Oradea zu besuchen. Sie wählte den Polizeiberuf, weil dies eine schöne Art sei, dem Land zu dienen, verrät sie der BZ gegenüber. „Der Beruf bietet viele Perspektiven, man nimmt mit vielen Personen Kontakt auf und lernt ständig etwas Neues“, sagt die Polizeibeamtin. Mittlerweile wurde Roxana Costache zur Pressesprecherin der Temescher Grenzschutzpolizei. „Den Leuten so schnell wie möglich die richtigen und kompletten Informationen weiterzuleiten – das ist immer wieder mein Ziel“, sagt sie entschlossen.

Eine Frau in einer Männerwelt; Frauen werden als das schöne jedoch schwache Geschlecht angesehen, vor allem, wenn man einen derart „männlichen Beruf“ ausübt. Roxana Costache hält von diesen Vorurteilen nichts. „Frauen sollen sich trauen, ihre Träume zu leben. Ich glaube nicht, dass es eine Männerwelt ist, die, in der wir leben. Es ist eine Welt für Männer und Frauen gleichermaßen. Ich glaube fest, dass die Frau eine wichtige Stütze der Gesellschaft ist, weil sie sowohl Mutter, als auch Haus-, Ehe- und Geschäftsfrau und alles sein kann, was sie sich vornimmt. Somit sind diese Stereotypen in der heutigen Gesellschaft nicht mehr gültig. Um es konkret auszudrücken: Frauen sind sogar stärker als Männer, es hängt jedoch immer wieder von der Situation ab. In meinem Beruf betrachte ich Frauen und Männer gleich“, sagt die Beamtin.

Was macht aber eine Frau stark, hängt nicht von der physischen Stärke ab, sondern von der Psyche. Davon ist Roxana Costache ganz fest überzeugt. „Die Haltung ist das Stärkste, was eine Frau besitzen kann. Diese Haltung, zusammen mit einem starken Charakter und mit der weiblichen Schönheit, machen eine Frau stark“, setzt Roxana Costache fort. Die Überzeugung, der Ehrgeiz, das Selbstvertrauen und die Ausdauer - diese sind Kriterien, wonach sich Roxana Costache im Alltag richtet, lässt die Grenzschutzpolizistin wissen.

 

Arbeit mit kleinen Helden

Zu den starken Frauen gehört auch Erika Weisz (31). Die ausgebildete Ärztin arbeitet mit Kindern mit besonderen Bedürfnissen und setzt dabei die Hippotherapie ein. Bei dem therapeutischen Reiten wird das Therapiepferd benutzt, um dreidimensionale Schwingungen auf den Menschen zu übertragen. Diese Bewegung des Pferdes ist dem Gang des Menschen sehr ähnlich. Hüft- und Rückenmuskulatur der reitenden Patienten werden gestärkt, die Wirbelsäule wird beweglicher, Gleichgewicht und Koordination werden geschult, die Atmung verbessert sich. Darüber hinaus werden auch Selbstwertgefühl, Kontaktverhalten, Aufmerksamkeit oder Konzentration positiv beeinflusst. Seit einigen Jahren engagiert sich die ausgebildete Hippotherapeutin in diesem Bereich und hat inzwischen ihren eigenen Verein, HorsEmotion, ins Leben gerufen.

„Wenn nicht Frauen für den Sozialbereich bestimmt sind, wer sonst? Wer sonst hätte die nötige ´Schwäche´, um mit kranken, behinderten, alten oder obdachlosen Menschen zu arbeiten? Wer hat soviel Mitgefühl, um Waisenkindern die Welt schöner zu gestalten?“, fragt sich Erika Weisz rhetorisch. Und rhetorisch ist natürlich auch das Wort „Schwäche“ gemeint, denn Erika Weisz nimmt täglich den Schmerz der Kinder, die sie therapiert, wahr. „Schwächen sehe ich nur allzu selten in meinem Beruf: Ich treffe täglich starke Eltern, die für das Wohlergehen ihrer Kinder kämpfen. Ich arbeite nicht mit behinderten Kindern, sondern mit kleinen Helden, die für Normalität kämpfen. Schmerz und Leid gehören zum Leben dazu, genau wie die Regentage, ohne die wir die sonnigen nicht zu schätzen wüssten. Aber so viel Ehrgeiz und Willensstärke wie bei diesen Kindern habe ich nur selten erlebt“, sagt Erika Weisz voller Überzeugung. „Ich bin einfach nur da, um ihnen zu zeigen, was für außerordentliche Dinge sie selbst leisten können“, betont sie.

Eine starke Frau, die sich mit Herz und Seele für die anderen einsetzt: Das ist Erika Weisz. „Meine größten Stärken sind zugleich meine größten Schwächen: Ich bin ehrgeizig, dickköpfig und stur, ich kämpfe bis zum letzten Atemzug und ich gebe immer alles. Wer mich kennt, der weiß, dass es mit mir nie einfach, aber auch nie langweilig wird“, sagt sie.

 

Sinn für Humor und Eigenironie

Seit eineinhalb Jahren hat Mona Petzek (38) die Leitung des Deutschen Kulturzentrums Temeswar inne. Die Absolventin der Germanistik und Anglistik an der West-Universität Temeswar unterrichtete nach Abschluss der Universität Deutsch und Übersetzungswissenschaften an der TU Politehnica, war zwischendurch Kulturreferentin am Deutschen Kulturzentrum und arbeitete eine Zeit lang auch in einem Planungsbüro im Bauwesen, wo sie für Öffentlichkeitsarbeit und Verwaltungssachen zuständig war. Zu den Eigenschaften, die sie persönlich, wie auch beruflich weitergebracht haben, zählt Mona Petzek „den Sinn für Humor und Eigenironie, die Erkennung der eigenen Grenzen als weiter- und höher führendes Impuls und zugleich, dass es nicht besonders gesund ist, sich zu ernst zu nehmen“. Mona Petzek steht an der Spitze einer Einrichtung, die zwei Bereiche bewältigen muss: Zum Einen ist es das Kulturangebot für die Bürger der Stadt Temeswar, zum anderen die Sprachkurse, die das Einkommen des Kulturzentrums sichern. Die Arbeit am Deutschen Kulturzentrums ist sicherlich nicht leicht, aber abwechslungsreich und herausfordernd.

Mona Petzek sieht die Einführung der Frauenquote für Aufsichtsräte mit gespaltenen Gefühlen. „Zum Einen denke ich, dass eine weibliche Komponente ein Gleichgewicht schaffen kann, zum anderen sollen Kompetenz, Klugheit und Weisheit nicht geschlechtlich beurteilt sein“, sagt sie. Die Aussage, dass Frauen das „schöne oder sogar schwache Geschlecht“ seien, findet sie als „verkappt diskriminierend“. „In der Verkleidung eines Kompliments (schön) bzw. einer nachsichtig-romantisierenden Konzilianz kommt leider immer noch oft der Wille zur Macht zum Ausdruck. Wie männlich geprägt dieser Wille ist, haben schon andere – viel klügere – vor mir erklärt. Die Tatsache, dass wir es mögen, als schön bezeichnet zu werden, kann und möchte ich aber selbstverständlich nicht verneinen; aber wenn der Aussage ein gewisser Unterton angehängt wird, haben wir das Recht, uns zu sträuben. Und ich plädiere nicht gegen Höflichkeit – diese hat einen nie obsoleten, zivilisatorischen Wert – sondern gegen Doppelmoral“, sagt Mona Petzek überzeugt.

Die Vereinbarung von Familie und Beruf schafft Mona Petzek mit Erfolg. Ihre Familie unterstützt sie. „Auf rein persönlicher Ebene konfrontieren sich fast alle arbeitenden Frauen, die eine Familie haben, mit der schwierigen Zeiteinteilung, aber wir finden immer Lösungen. Weil wir stark sind“, sagt Mona Petzek lächelnd.

Ihrer kleinen Tochter möchte sie unter anderem „die Bestrebung um das Gerechte, den Sinn für Humor und die Kraft, sich nicht entmutigen zu lassen“ mit auf ihren Lebensweg geben.