Stündlich Trompetensignal vom Turm der Marienkirche

Zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört auch die Altstadt von Krakau

Krakau – architektonische Perle an der Weichsel
Foto: der Verfasser

Mit seiner Dimension ist  der alte Marktplatz von Krakau die größte diesbezügliche Anlage Europas. Von der dort befindlichen Marienkirche, eine der schönsten und wirkungsvollsten Sehenswürdigkeiten der Altstadt, erklingt stündlich  von einem ihrer beiden Türme, die Trompetenmelodie „Hejnal“. Diese erinnert laut Legende  an einen Wächter,  der von einem feindlichen Pfeil durchbohrt wurde, als er die Stadt vor dem unmittelbaren Überfall der Tataren warnte.

Krakau mit seinen zahlreichen mittelalterlichen Bauten der Renaissance- und Barockarchitektur ist für Polen praktisch der touristische Magnet. Um dieses Kulturerbe zu schützen, wurde die gesamte Altstadt 1978 - wie auch das nahegelegene Salzbergwerk Wieliczka – in das UNESCO-Welterbe  aufgenommen. Am südlichen Ende der Altstadt, die bestens erhalten ist, erhebt sich oberhalb der Weichsel der Wawel-Hügel. Laut Chroniken gab es dort schon im Jahr 1000  eine Kathedrale. Das dort befindliche Wawelschloss war 500 Jahre lang Sitz der polnischen Könige. In seiner heutigen Form besteht das Schloss seit dem 16. Jahrhundert und weist Ähnlichkeiten mit gleichartigen italienischen Prachtbauten auf. Bezeichnend ist sein fünfeckiger Innenhof mit den dreistöckigen Arkadengängen. Dort befindet sich auch der Kronschatz, sowie eine Sammlung alter orientalischer und flandrischer Teppiche. Im Kronsaal kann das goldene Schwert bewundert werden, mit dem seit 1320 die Herrscher zu Königen geschlagen wurden.

Auch diejenigen, die Krakau noch nicht besucht haben oder dieses vor 2010 taten, wurden spätestens dann in jenem Jahr weltweite Zeugen der tragischen Ereignisse in der Stadt - auf dem Bildschirm: durch den Flugabsturz vom 10. April, als bei der Landung auf dem russischen Militärflughafen Smolensk-Nord die Präsidentenmaschine abstürzte, an deren Bord sich der damalige polnische Staatspräsident Lech Kaczynski mit seiner Gattin Maria, zahlreichen Ministern und hochrangigen Politkern befand. 96 Personen fanden dabei den Tod. Die Beisetzung Kaczynskis und seiner Frau fand acht Tage später, am 18. April, in Krakau im Wawelschloss statt, in dem mehrere Könige des Landes ihre letzte Ruhe fanden. Vorher waren sie in der Marienkirche aufgebahrt worden. Da die gesamte Trauerfeier  live übertragen wurde, hatte man die Gelegenheit, auch das Innere der Marienkirche und  zahlreiche Baudenkmäler entlang des Trauerzuges und das Wawelschloss zu bewundern.
Gehen wir aber auf unserem Reiseziel voran und gelangen auf den prachtvollen Königsweg, wo früher die polnischen Könige wandelten, und von wo aus man einen wundervollen Blick auf die Tuchhallen  auf dem Hauptmarktplatz, dem Babakan,  genießt, sowie auch immer wieder auf die Marienkirche. Diese stammt aus dem 15. Jahrhundert, Glanzstück ist der größte gotische Altar der Welt, ein Werk des Meisters Veit Stoß aus den Jahren 1477 – 1489. In den Altbauten am Marktplatz findet man zahlreiche Cafes, Bars, Clubs, Buchläden und Restaurants. In ganz Krakau sind derartige elegante, einladende  Einrichtungen anzutreffen. Ein reges Nachtleben wird ebenso verzeichnet. Übrigens: schöne Frauen und unterhaltsame Männer trifft man in ganz Polen an.

Zweitgrößte Stadt Polens

Nach der Landung auf dem Warschauer Flughafen geht es mit dem Wagen unserer netten Gastgeber  in den Süden des Landes, in das 350 Kilometer weit entfernte Krakau, zweitgrößte Stadt des Landes.  Auf der Autobahn kommt man schnell vorwärts und erreicht bald die 760.000 Einwohner umfassende Hauptstadt der Woiwodschaft Kleinpolen. Gelegen an der Weichsel war Krakau bis 1596 Hauptstadt des Königreiches Polen. Krakau wird durch mehrere Superlative gekennzeichnet. Hier hat die zweitälteste Universität Europas, nach der von Prag, ihren Sitz. Zahlreiche Humanisten aus ganz Europa, darunter auch aus Siebenbürgen, studierten dort im Mittelalter - die bekannteste siebenbürgische Persönlichkeit ist der Humanist und Reformator Johannes Honterus.

Auch heute noch wird Krakau  als die ungekrönte Hauptstadt Polens bezeichnet. Die Stadt ist ein bedeutendes Industrie-, Wissenschafts- und Kulturzentrum. Zahlreiche technologische und biowissenschaftliche Institutionen des Landes befinden sich dort. Laut Angaben des World Investment Reports aus dem Jahre 2011 der UNO-Konferenz  für Handel und Entwicklung (UNCTAD) war Krakau damals der  am stärksten aufstrebende Standort der Welt für Investitionen und Innovationen.
Krakau war 2000 Kulturhauptstadt Europas. Vier Jahre später fand dort die Volleyball-Weltmeisterschaft der Männer statt und Krakau wurde zur Sportstadt Europas erklärt. 2016  wurde dort die Handballeuropameisterschaft der Männer ausgetragen. Auch war Krakau in diesem Sommer Gastgeber des Weltjugendtages der katholischen Kirche.
Jährlich finden mehrere Theaterfestivals statt. Im Mai zieht das Studentenfestival tausende Jugendliche an. Im Juni/Juli  lockt das Jüdische Kulturfestival. Internationales Publikum trifft sich zum Jazzfestival im Juli, aber auch zum Festival der Jazztrompeter im September. Einen besonderen Anziehungspunkt bildet der Wettbewerb der Krakauer Weihnachtskrippen, der im Dezember die Stadt in besonderem Glanz erleuchten lässt. Das Alte Theater, das Juliusz-Slowacki-Theater, das Theater Bagatela, das Volkstümliche- oder Groteske-Theater, die Opera Krakowska, Kabaretts und Kinos laden Einheimische und Ausländer zu ihren Vorstellungen ein.

In der Geschichte verankert

 Laut Sage hat der Stammesfürst Krak die Siedlung am Wawelhügel über einer Drachenhöhle errichtet, nachdem er diesen getötet hatte. Laut Überlieferung sind unter je einem der dort befindlichen Hügel Krak und seine Tochter Wanda beigesetzt. Ende des 10. Jahrhunderts war Krakau schon ein wichtiger Handelsplatz, besonderes durch seine Salzvorkommen. Im Jahr 1000 wurde es von Boleslaw dem Tapferen zum Sitz des Bistums erhoben. Kasimir machte dann Krakau 1038 zur Hauptstadt Polens. Die polnischen Fürsten standen in verwandtschaftlichen Beziehungen  zu den europäischen Königshäusern.  Viele Künstler lebten an diesen, wie beispielsweise Hans Dürer, ein Bruder von Albrecht Dürer, Hans von Kulmbach u.a.
Die Habsburgermonarchie annektierte Krakau  im Jahre 1795. Von 1809 bis 1815 gehörte es dann zum von Napoleon errichteten Herzogtum Warschau.  Nach dem Aufstand von 1846  ging Krakau wieder an Österreich über. Nach dem Ersten Weltkrieg wird die Wiederentstehung des polnischen Staates verzeichnet.  Während der deutschen Besetzung 1939 bis 1945 hat Polen schwere Jahre verzeichnen müssen. Die Altstadt von Krakau blieb aber  intakt. Über 5000 Altbauten können dort gegenwärtig bewundert werden.

Sehenswertes in und um Krakau

Über hundert Kirchen und Klöster und 28 Museen – das Nationalmuseum, das der Stadtgeschichte, der Kunstbunker, das Luftfahrtmuseum, das Archäologie-, das Pharmazie-Museum, das jüdische Viertel Kazimierz, die Salzmine Wieliczka, nahe der Stadt gelegen, aber auch über 200 Kellerkneipen können in Krakau besucht werden. Fast 1600 Unterkünfte stehen Touristen zur Verfügung. Die Hotelpreise liegen zwischen 180 bis 350 Lei, je nach Sterne-Kategorie. Die Stadt umfasst 40 Parkanlagen, die ein Prozent der Stadtfläche, insgesamt 320 Hektar, ausmachen. Empfehlenswert ist ein Rundgang durch die Altstadt auf dem sogenannten Königsweg, der beim Denkmal der Schlacht von Tannenberg beginnt, das dem Sieg der Polen über den Deutschen Orden gewidmet ist, bis zum Florianstor.  Von dort kann man als zweite Tour die Universitätsroute einschlagen: Insgesamt elf Universitäten (Jagiellonen, Technische-, Wirtschafts-Uni, die Akademien für bildende Künste bzw. für Bergbau und Hüttenwesen - liegen im Stadtgebiet.

Befindet man sich in Krakau, ist es unumgänglich, auf den Spuren von Karol Wojtyla zu wandeln, dem ehemaligen Erzbischof von Krakau, der, 1978 zum Papst gewählt, als Johannes Paul II. in die Geschichte einging. Auch einen Besuch im nahegelegenen ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz sollte man vornehmen. Zwar hat man sicher schon viel über den dort durchgeführten Massenmord gelesen, doch ein Lokalaugenschein ist ergreifend und bleibt einem fürs Leben in Erinnerung. Auch eine Fahrt bis Zakopane, dem polnischen Wintersportzentrum, sollte man nicht unterlassen. Gelegen am Fuß des Tatra-Gebirges, 1000 Meter über dem Meeresspiegel, treffen dort jährlich drei Millionen Besucher ein. Dieses Eldorado für Skifahrer ist auch Sitz der Verwaltung des Tatra-Nationalparks. Die dortige Architektur, bestehend aus Holzvillen, die weiter gepflegt wird, wirkt besonderes anziehend. Nach Zakopane gelangt man über die Schnellstraße S 7. Über die Autobahn A4 wird man mit Westeuropa verbunden. Zudem steht der Flughafen Johannes Paul II. Krakau-Balice zur Verfügung. Auch der städtische öffentliche Verkehr ist gut ausgebaut. Von Flußdampfern auf der Weichsel aus kann man das Panorama der Stadt genießen.

Auch die klimatischen Verhältnisse sind durchaus verlockend: Krakau liegt am Rande des Atlantischen See- und Kontinentalklimas. Im Sommer herrscht meist ruhiges, etwas feuchtes Wetter mit geringen Temperaturschwankungen, wobei die Temperaturen auch die 30 Grad Celsius überschreiten können. Im Winter sind es meist -2 Grad Celsius, die aber auch bis -20 hinuntergehen können. Aus Krakau und seiner Umgebung kehrt man mit bleibenden Erinnerungen heim - überzeugt, trotzdem noch viel Sehenswertes für einen nächsten Besuch aufgehoben zu haben.