Sündig teure Projekte mit bösem Nachspiel

Über die schwierige Verwaltung wertvoller, alter Bausubstanz

Die bildschöne Theresienbastei ohne Untermieter
Foto: Zoltán Pázmány

Es ist eine Schande! So der jahrelang lautstarke Chor der Leute, die sich tagtäglich das traurige Gesamtbild der wertvollen Altbauten aus der glanzvollen k.u.k. Zeit, heute abgebröckelt, dem Verfall preisgegeben, manche gar bis zur Ruine heruntergekommen, angucken müssen. So die Tiefstimmung der Bevölkerung wie in etlichen anderen Städten Rumäniens, so auch in der Begastadt, die ein wertvolles, einzigartiges architektonisches Erbe von circa 14.000 Altbauten, vom Barock bis zum Jugendstil, ihr eigen nennt, es jedoch nach der Wende nicht schafft, diesen Schatz entsprechend zu verwalten. Dafür spricht in beredter Manier die Tatsache, dass in Temeswar/Timişoara seit der Dezemberrevolution, in zwei Jahrzehnten, lediglich ein paar der historischen und denkmalgeschützten Altbauten saniert werden konnten. Für das stets knappe Stadtbudget – die Finanzkrise hinterließ zudem große Löcher im Haushaltssäckel – ist es fürwahr ein schwieriges und kostspieliges Vorhaben. Das glänzende Vorzeigebeispiel Hermannstadt/Sibiu hat jedoch vorgeführt, dass es auch hierzulande machbar ist und vor allem, wie man solche Großprojekte anpackt und verwirklicht. Es geht um das Einbinden aller Entscheidungsfaktoren, um eine viel effizientere privat-öffentliche Kooperation, aber vor allem geht es um die einmalige Chance für unsere Stadtväter, die großzügigen EU-Mittel dafür zu nutzen.

Nachdem man sich in Temeswar jahrelang schwer getan hat, versuchen es die Stadt- und Kreisbehörden nun endlich verstärkt auf der EU-Schiene. Seit 2008 wurden etliche entsprechende EU-Großprojekte für Temeswar erarbeitet und zum Teil auch durchgeführt. So das Projekt der Sanierung des Hunyadi-Schlosses, dem bekanntlich ältesten Bau der Stadt, im Stadtzentrum durch den Temescher Kreisrat: Die aufwendigen Sanierungsarbeiten im Gesamtwert von zehn Millionen Euro (der Hauptteil sind EU-Gelder, der Rest fließt aus dem Kreishaushalt) sind derzeit in vollem Gange. Kurz vor seinem Start im Mai steht jedoch ein weit schwierigeres und kostspieligeres Großprojekt: die Sanierung des historischen Stadtkerns, von der sich die Stadt Temeswar einen durchschlagenden Imagegewinn, aber auch eine lang erwartete Lösung für die wertvollste Bausubstanz der Begastadt verspricht. Das schon von der Ciuhandu-Stadtverwaltung erarbeitete Vorhaben wird sage und schreibe 70 Millionen Lei aus EU-Mitteln verschlingen, doch damit werden vier historische Stadtplätze – Domplatz, Freiheitsplatz, Sankt-Georgs-Platz und Trajanplatz – sowie zehn Straßen im Stadtzentrum (unter anderem die Mercy-Straße und die Eugen-von-Savoyen-Straße) von Grund auf saniert und ab Mitte 2015 in Fußgängerzonen umfunktioniert.

Ein Projekt, worin sich die großen Ambitionen der neuen USL-Kommunalverwaltung, aber auch die schönen Wünsche der Temeswarer Bevölkerung perfekt wiederfinden. Doch Achtung: Solche groß angelegten Vorhaben gehen hierzulande, wo die Wirtschaft vor allem eng mit der Kommunalpolitik verstrickt ist und oft eine schädliche Vetternwirtschaft ergibt, meist nur mit vielen Schwierigkeiten, Hürden, Vergeudung, Misswirtschaft und Skandalen bis in den Gerichtssaal über die Bühne. Siehe nur die skandalumwitterte Banater Autobahn, die teuren und zum Teil schlechten Arbeiten an der Straßeninfrastruktur in den letzten Jahren, die etlichen skandalösen unnützigen Projekte beim Bau von Schulen, Straßen, Sportplätzen und Parks in den Ortschaften der Westregion. Die ersten Skandale, Einsprüche und gerichtlichen Klagen sind schon bei den anstehenden Versteigerungen zu erwarten, die von den Bauausführern stets hart umkämpft werden. Das ganze, kostspielige Spektakel kann sich, wie es die Praxis der letzten Zeit gezeigt hat, zum Leidwesen der Stadt und der Nutznießer auf Jahre hinausziehen.

Neue Altlasten: Die  sanierte Temeswarer Theresienbastei

In manchen Fällen gibt es selbst nach Fertigstellung des Bauvorhabens keine Ruhe: Ein eher unrühmliches Beispiel stellt in Temeswar die mit vielen Millionen Euro und großen Versprechen vom Temescher Kreisrat gemeinsam mit dem Stadtrat durchgeführte Sanierung der alten Theresienbastei dar. Das Gemeinschaftsprojekt der Generalüberholung der Theresienbastei (9760 Quadratmeter Nutzfläche und zwei Hektar Gelände) kostete zehn Millionen Euro. Knapp die Hälfte des Geldes, fünf Millionen Euro, stammte aus EU-Fonds. 2,5 Millionen Euro steuerte der Temescher Kreisrat, 1,6 Millionen Euro die Regierung und 754.000 Euro die Stadt Temeswar bei. Obwohl die Arbeiten schon 2009 fertiggestellt sein sollten, konnte das Projekt dann nach vielen Hürden, vor allem wegen des Streits mit den Untermietern, erst Ende 2011 seiner Bestimmung übergeben werden. Und nun haben die Hausherren, der Kreisrat und der Stadtrat große Schwierigkeiten, den Riesenbau zu vermieten und normal mit Gewinn zu verwalten: Man schreibt das Jahr 2013, und nur 80 Prozent der schönen Räumlichkeiten werden genutzt, besser gesagt nur 17 Räume sind funktional und haben verschiedene Firmen als Untermieter.

Vertragsmäßig steht der Stadt ein Teil der Bastei mit einer Nutzfläche von 1275 Quadratmetern zur Nutzung zu. Leider kann die Kommunalverwaltung diese Räume (visavis des Gebäudes der Temeswarer Fakultät für Zahnmedizin) seit 2011 nicht einmal nutzen: Die alten Untermieter gewannen ihren Prozess gegen den Stadtrat und bleiben somit ungestört bis 2018 in Untermiete. Der Untermieter (Gaststätte und Kunstgalerie) hat seit Monaten nicht mehr seine Miete beglichen und schuldet der Stadt schon über 44.000 Lei. Somit ein anderes Verlustgeschäft ohne Ende. Laut Informationen aus dem Rathaus wünscht man sich eigentlich nur eines, diese Räume in der Theresienbastei so schnell wie möglich loszuwerden, also zu verkaufen.

Periodisch werden hier, jedoch ohne besonderen Erfolg, Versteigerungen abgehalten. Es bringt wenig Untermieter ein, da die vom Kreisrat angesetzten Mieten nach Aussage der Firmen viel zu hoch sind. Eigentlich ist der Kreisrat in dieser Sache an Händen und Füßen gebunden: Laut Projekt darf die sanierte Bastei fünf Jahre lang nur zu kulturellen Zwecken, für Kulturcafés, Ausstellungsräume, Buchhandlungen und Bibliotheken genutzt werden. Die Gesellschaft Timişoara und einige Institutionen des Kreisrats nutzen hier gar unentgeltlich Räume. Die alten Untermieter, vor allem Gewinn einbringende Diskotheken, Bars, Gaststätten, Weinstuben, Klubs, sind vergrault und zeigen sich ostentativ uninteressiert. Der Kreisrat versucht nun, nach einer gründlichen Analyse, als einzige rettende Lösung neue, anziehende Mieten auszuarbeiten. Die ganze Sache, eingangs als großes kulturelles und touristisches Projekt angegangen, entpuppt sich langsam aber sicher zu einem Flop, einem beträchtlichen Verlustgeschäft für Kreis und Stadt. Ein böses Nachspiel, woran die Behörden gar nicht denken möchten, könnte dazu führen, dass man die genutzten Gelder an die EU zurückzahlen müsste.