Tage des Kulturerbes in Kronstadt

Zahlreiche Besucher wollten die Ausgrabungen in dem Abschnitt zwischen der Rückseite des Chores der Schwarzen Kirche und dem Haus Marktplatz Nr. 17/Blaues Haus aus der Nähe betrachten.

Eröffnung der Ausstellung „Martinsberger Kirche“, von links nach rechts, Dr. Ligia Fulga, Direktorin des Ethnografiemuseums, Stadtpfarrer Christian Plajer, Bürgermeister George Scripcaru, Archäologin Dr. Daniela Marcu Istrate und George Mitran, Direktor des Kreisamtes für Kultur und Nationales Kulturerbe Kronstadt.

Restaurierter Kerzenhalter, 14. Jh., gefunden in einer Vorratsgrube auf der Nordseite der Martinskirche.

Die Freilegung der Wandmalerei bedeutet Feinarbeit und viel Geduld.

Noch nicht restauriertes Blumenmotiv an der Decke des „Freskenhauses“, Marktplatz Nr. 16

Historiker Gernot Nussbächer erklärt anhand einer Großaufnahme Einzelheiten über die Geschichte der Gebäude am Hof der Schwarzen Kirche, links Kunsthistoriker Agnes Ziegler.
Fotos: Hans Butmaloiu

Die Reihe von Ausstellungen, Besichtigungen und Vorträgen, welche im Rahmen der Tage des Kulturerbes in Kronstadt veranstaltet wurden, wurde am Donnerstag, dem 4. Oktober, mit einer Ausstellung in der Mansarde des Museums der Städtischen Kultur eingeleitet.

Diese umfasst eine erhebliche Anzahl von Exponaten, die im Verlauf der Archäologischen Forschung in der Martinsberger Kirche und dem Kirchhof im Herbst 2008 und Frühling 2009 freigelegt worden sind: Särge, Münzen, Schmuckstücke, Kleidungsfragmente und Kerzenhalter. Eine Broschüre welche in ihrem Inhalt bei weitem die geläufigen Angaben eines Ausstellungskatalogs überschreitet, verfasst von der leitenden Archäologin Dr. Daniela Marcu Istrate, gibt ausführliche Auskunft über die Geschichte der Kirche und den Verlauf der Ausgrabungsarbeiten. Diese ist in der Ausstellung erhältlich, die noch zwei Wochen lang geöffnet sein wird.

Die Ausgrabungen im Hof der Schwarzen Kirche

Eine Besichtigung der Ausgrabungen, welche seit März dieses Jahres im Hof der Schwarzen Kirche begonnen haben, fand auch am 4. Oktober statt und zwar unter der kompetenten Führung der Archäologen, welche die Arbeiten überwachen. Dabei konnten die Besucher die freigelegten Mauerreste und Fundamente von Anlagen sehen,  die laut einer vorläufigen Meinung von Archäologin Dr. Daniela Marcu Istrate vor Beginn des Baus der Schwarzen Kirche, bzw. spätestens zu Baubeginn angelegt worden sind. Da die Ausgrabungen noch bei weitem nicht abgeschlossen sind, kann über die endgültigen Ergebnisse noch keine Aussage gemacht werden. Die bisher freigelegten Anlagenreste belegen doch schon jetzt das Vorhandensein eines Siedlungskerns in diesem Bereich sowie das eines längere Zeit benutzten Friedhofes.

Vortragsreihe im Gemeindekeller

Am Freitag, dem 5. Oktober, wurden die Veranstaltungen mit einer Vortragsreihe fortgesetzt, welche Historiker Gernot Nussbächer eröffnete. Sein Thema waren die Gebäude am Hof der Schwarzen Kirche und ihre Geschichte, bzw. auch Geschichten in Verbindung mit diesen. Das Plecknersche Haus, das Gebäude, das heute als „Freskenhaus“ bekannt ist und an dessen Stelle einst die erste Stadtapotheke stand, die Schulgebäude, das Pfarrhaus und das heute umgebaute Haus in welchem sich die Bibliothek von Johannes Honterus befand. Seinen Vortrag ergänzte Gernot Nussbächer mit reichem Fotomaterial und zusätzlichen Ergänzungen über die Bewohner der Bauten.

Ein zweiter Vortrag war der von Archäologin Dr. Daniela Istrate Marcu, welche einen Überblick über den Stand der Ausgrabungen im Kirchenhof bot. Anhand von Ausgrabungsplänen und Fotos erläuterte sie die Fundstellen der Gräber, die aus mehreren Zeitetappen stammen und die Lage der vorgefundenen baulichen Anlagen mit deren Entwicklung. Dabei ging sie auch auf einige Vermutungen ein, deren Bestätigung jedoch noch eingehende Forschungen benötigen.

Ebenso interessant war auch der Vortrag von Architekt Johannes Bertleff, der das Projekt für die Neugestaltung des Hofes sowie dessen wichtigste neuen Elemente vorstellte.

Das „Freskenhaus“

Ebenfalls am Freitag konnten Besucher erstmalig auch das Gebäude am Marktplatz Nr. 16 von innen besichtigen und die dort arbeitenden Restauratoren beim Werk sehen. Dieses beherbergte bis 1987 den Einkaufsladen „Turist“ und war durch nicht fachgerechte Trennwände im Erdgeschoss in mehrere Bereiche unterteilt worden. Dass sich unter der Putzschicht und einem Anstrich Wandmalereien befanden, konnte vom Besucher des Ladens nicht einmal geahnt werden.

Ein damals begonnener Umbau brachte jedoch einen Wandabschnitt mit den Malereien zum Vorschein und seither, also mehr als 25 Jahre, wird an diesen und an der Restaurierung des Gebäudes mehr oder weniger intensiv gearbeitet. Für all diejenigen, welche sich die Frage gestellt haben, wieso die Arbeiten so lange dauern, war ein Besuch im „Freskenhaus“ aufschlussreich.
Restauratoren, mit Pinzette und nur wenige Millimeter breiten Spachteln entfernen wortwörtlich millimetergroße Stückchen Putz und Farbe von den Fresken. Diese sind im Bereich des Erdgeschosses schon fast vollständig zu bewundern: Blumenmuster über Bogendecken, Verzierungen entlang der Kanten und mehrere Szenen mit biblischem oder mythologischem Inhalt.

Eine solche Szene, an der Ostwand, stellt die Rettung von Jonas dar, wobei sich im Hintergrund eine Darstellung von Kronstadt abzeichnet. Die Fläche der Fresken ist sehr groß, nur in dem Raum, welcher sich im Nordwesten des Gebäudes befindet sind es 90 Quadratmeter. Ebenso wertvoll sind auch mehrere Türeinfassungen aus Sandstein sowie die Balkendeck im Obergeschoss.

Für die zukünftige Bestimmung der Räumlichkeiten gibt es schon konkrete Pläne, die wohl nur schrittweise zur Verwirklichung kommen werden. Im Kellergeschoss, über einem Eingang welcher schon mit Platten aus massivem Naturstein belegt ist, wird ein Buchladen eingerichtet werden.

Das Erdgeschoss und das Obergeschoss sind als Kulturzentrum und Ausstellungsraum geplant, wobei auch musikalische Veranstaltungen dazugehören werden. Für die Restaurierung der Fresken wurde auch bei dieser Gelegenheit ein Spendenaufruf seitens des Vereines „Haus Kronstadt“ gemacht. Der 2005 gegründete Verein hat als einzigen Tätigkeitsgegenstand die Restaurierung und Pflege des Hauses Marktplatz Nr. 16.