Treffpunkt Padiş-Plateau

Sehenswürdigkeiten, Touristen, Herden, Gästehäuser, Zelte

Pferde gehören zum Padiş dazu.

Dolinen mit Tannen prägen die Landschaft.

Blick in den Gemănata-Schacht

Die alte Schutzhütte ist aufgegeben worden.
Fotos: der Verfasser

Höhlen, wilde Täler, Felsenschluchten, Wälder und Wiesen, Karstquellen, aus denen das Wasser heraussprudelt („izbucuri“), tiefe Schächte – im Westgebirge/Munţii Apuseni gibt es vieles zu erkunden. Kein Wunder, dass dort 2000 ein Naturpark eröffnet wurde. Es handelt sich nämlich um eines der schönsten und größten bewaldeten Karstgebiete Europas. Der beste Ausgangspunkt für Ausflüge zu den Sehenswürdigkeiten ist das bei rund 1200 Metern Höhe gelegene Padiş-Plateau.

Ein Naturpark der  vieles bietet

Früher gab es dort die Padiş-Schutzhütte, umgeben von Zelten, einige kleine Holzhäuser der Forstarbeiter, ab und zu Ställe für Pferde und Kühe. Heute sieht es ganz anders aus: Brădet – eine neue Schutzhütte ist entstanden, wie auch andere Gästehäuser, Terrassenlokale und sogar ein kleiner Laden. Es sieht nach einer kleinen Siedlung aus, die sich entlang der Asphaltstraße entwickelt hat. Etwas weiter entfernt stehen Container und Baracken, aber auch schmucke Gästehäuser und einige Wohnwägen, oft von Holzzäunen umfriedet. Ein buntes, leicht chaotisches Gemisch, das man mitten in einem Naturpark nicht erwartet hätte. Padiş sollte auch ein Skiort werden – ein Projekt das letztendlich aufgegeben wurde, da dort keine großen Pisten mit der erforderlichen Neigung angelegt werden können.
Nicht weit entfernt – rund 30 Minuten Gehzeit – gibt es zwei große Wiesen, Vărăşoaia - in Richtung Stâna de Vale und Glăvoi - in Richtung Cetăţile Ponorului, die im Sommer als Parkplatz oder Camping umfunktioniert werden, nebenan weiden Schafherden und Kühe. „Glăvoi fără Gunoi“ - heißt eine Kampagne, die seit Jahren zumindest versucht, die Umweltverschmutzung möglichst gering zu halten.

Touristen kommen per Auto, Motorrad oder Fahrrad, bis Sudrigiu an der DN 76 Deva-Oradea sind es über die Gemeinde Pietroasa 34 asphaltierte Kilometer,  die meisten  Ausländer sind Ungarn. So ist es nicht verwunderlich, dass sämtliche Wegweiser zweisprachig, rumänisch-ungarisch, beschriftet sind. Und Käse, Speck, Pfannkuchen, Heidelbeeren-Sirup oder-Likör und andere Getränke werden samt Preise ebenfalls auf Rumänisch und Ungarisch vor den improvisierten Verkaufsständen auf Schildern ausgezeichnet. Wer zu Fuß nach Padiş im Bihor-Gebirge wandert, hat mehrere Varianten: von Stâna de Vale (rotes Band, Wanderzeit 4-5 Stunden), von Vârtop, auf der DN 75 Turda-Oradea gelegen (ebenfalls rotes Band, 3-4 Stunden) oder von Pietroasa (blaues Kreuz, 5 Stunden). Die beiden ersten Routen sind nicht besonders schwierig und bieten auch schöne Rundblicke auf das Westgebirge sowie das Codru-Moma-Gebirge im Westen und die dazwischen liegende Beiuş-Senke. Als Bonus kann man sich unterwegs im August mit Heidel- und Preiselbeeren laben.
Was Padiş landschaftlich so einzigartig und malerisch prägt, sind die Dolinen – kleine oder größere Vertiefungen, in denen auch Tannen wachsen und wo sich manchmal Wasser ansammelt. Da das Klima ziemlich feucht ist, bilden sich oft Nebelschwaden, die über dem Erdboden schweben. Wenn dann auch Pferde auftauchen – oft laufen diese noch frei herum –, so sind das unvergessliche Bilder.

Unterwegs in der Verlorenen Welt

„Lumea pierdută“, „Verlorene Welt“ - allein dieser Name ist wie eine Herausforderung für jeden Wanderer, der etwas Neues entdecken will. Die Bezeichnung ist keine Neuerfindung, um Touristen anzulocken. Auch unter dem kommunistischen Regime hieß dieses Gebiet so, obwohl dort keine kapitalistischen Überbleibsel aufzufinden waren. Die Erklärung für diesen auffälligen Namen soll mit dem spurlosen Verschwinden einiger Leute in Zusammenhang stehen. Vielleicht sind sie einfach in einen der vier Schächte gestürzt, die mitten im Wald versteckt sind. Ein „schwarzes Loch“ als Endpunkt einer Reise in die Verlorene Welt? Es kann dort nur spannend sein; vielleicht verbunden mit etwas Mystery a la „Twin Peaks.“ Gibt es noch eine Steigerung? Vergessen, verlassen, verirrt  in der Verlorenen Welt?
Der Weg ist mit gelben Kreuz gut markiert und führt von der alten Padiş-Hütte rund drei Stunden hin und zurück, weil er als Rundgang geführt wird. Nach rund 20 Minuten zweigt der Weg von der gemeinsamen Route nach links in einen Wald ab. Der gelbe Punkt und der blaue Punkt führen zu zwei anderen, besser bekannten und  besuchten Sehenswürdigkeiten des Westgebirges: der Galbenei-Rundgang durch die gleichnamige Fels-Klamm bzw. der Rundgang um den Eingang und die Schlucht, in der die Höhle „Cetăţile Ponorului“ liegt.

Die Verlorene Welt erweist sich als eine schöne Karstgegend mit dichtem Mischwald, aber auch mit grünen Wiesen und einem überraschend klaren Bach, der stellenweise über moosbedeckte Steine fließt. Nur manche vertrocknete Bäume, sowie umgestürzte Baumstämme, die man umgehen oder überklettern muss, lassen eine gewisse geheimnisvolle Stimmung aufkommen, wie auch die Tatsache, dass an diesem Tag außer einem jungen Paar niemand anzutreffen war. Selbst Spuren anderer Wanderer in Form von Müll oder Essensresten sind nicht vorhanden. Nur die Flugzeuge, die am Himmel zu hören sind, sowie das vorhandene Handysignal sind Zeichen, dass in diesem abgelegenen Gebiet die Zeit nicht erstarrt ist.

Von den vier Schächten ist Gemănata der beeindruckendste. Er ist rund 100 Meter tief und heißt so, weil seine Öffnung zweigeteilt ist. Begehbar ist er für Normaltouristen nicht und man kann auch nicht mehr als ein dunkles, bodenloses Loch erkennen. Rund zehn Minuten entfernt ist „Avenul Negru“. Auf einer zweiten Wegvariante sind die kleineren Schächte „Pionerului“ und „Acoperit“ zu erreichen. Warnschilder weisen auf die Gefahr hin, sich zu stark dem Abgrund zu nähern, weil ein Ausrutschen oder Straucheln einem Verschwinden im Schacht gleichkommen könnte.  Auf Selfies mit dem schwarzen Loch im Hintergrund sollte man verzichten.
Ein Ausflug in die Verlorene Welt ist mit Sicherheit keine verlorene Zeit. Was bei Padiş verloren gehen könnte, ist der einmalige Charakter dieser Gegend, wenn der Massentourismus unkontrollierte Züge annimmt. Ein sanfter Tourismus wäre die beste Medizin für dieses Herz des Naturparks im Westgebirge.