Über die Transparenz von Beschlüssen

Welches war 2015 die undurchsichtigste Verwaltung Rumäniens?

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Die zivilgesellschaftliche Organisation „Coaliţia 52“ der Mitglieder der Academy of Advocacy hat das ganze Jahr 2015 über das Verhalten in puncto Transparenz der Entscheidungsfindung in mehreren hundert Ortschaften Süd- und Westrumäniens einem Monitoring unterzogen. Es ging vor allem darum zu verfolgen, wie bedeutsame anstehende Entscheidungen der Verwaltung den Betroffenen zur Kenntnis gebracht und deren Meinung dazu eingefordert wird. Konkret: Mit welcher Häufigkeit und Regelmäßigkeit führen die Kommunalverwaltungen Befragungen der Bevölkerung zu Themen, die diese direkt betreffen, durch?

Marian Apostol, Berufsgewerkschafter und Direktor des Reschitzaer Gewerkschaftskulturhauses, ist einer der Mitglieder der Academy of Advocacy. Er lud die Medien zu einer Bekanntmachung der Ergebnisse der Untersuchung von 2015 ein. „Was die Transparenz der Entscheidungsfindungen der öffentlichen Verwaltung betrifft, liegt Reschitza an letzter Stelle unter Hunderten von untersuchten Kommunalverwaltungen“. So leitete Apostol seine Zusammenfassung ein.

Das Kommuniqué der „Coali]ia 52“ ist noch direkter: „In einem Top der Geheimniskrämerei versus Transparenz war das Rathaus Reschitza unter allen Ortschaften der untersuchten Regionen am undurchsichtigsten. Und ließ damit auch alle anderen Ortschaften des Banater Berglands weit hinter sich. Wir haben für Reschitza (der Stepanescu-Administration, die zehneinhalb der zwölf untersuchten Monate herrschte – Anm. Werner Kremm) einen Transparenzgrad von gerade mal 1,68 Prozent errechnet. Oder: gerade mal zwei Projekte für städtische Normativakten sind 2015 einer öffentlichen Meinungsbefragung unterzogen worden, bei insgesamt 119 Beschlüssen des Stadtrats. Demgegenüber lag Karansebesch bei 43,47 Prozent – oder zehn von 23 Verwaltungsakten, über welche die Bevölkerung um ihre Meinung gebeten wurde.“

Der errechnete Durchschnittswert der Transparenz bei Entscheidungen liegt im Banater Bergland 2015 bei acht Prozent. Allerdings macht „Coali]ia 52“ auf noch einen Aspekt aufmerksam, der wahrscheinlich viel schwerwiegender ist: Trotz Bevölkerungsbefragung gibt es kein einziges Projekt einer Normativakte, das nach der Befragung abgeändert wurde.

Was mindestens zwei Fragen aufwerfe, meint Marian Apostol: „Einerseits hängt die Frage in der Luft, ob die Befragungen bloß Demokratie und Einbindung der Betroffenen in die Entscheidungsfindung vortäuschen, also eine Formalität sind, andrerseits müsste – wenigstens im Falle von Reschitza – dem Zusammenhang zwischen Transparenz und potenzieller Straffälligkeit in der öffentlichen Verwaltung auf den Grund gegangen werden, denn schließlich erwartet der Bürgermeister von Reschitza, Mihai Stepanescu, sein Urteil in einem Korruptionsprozess, der sich auf Amtshandlungen während jener Zeitspanne bezieht. Dass es einen Zusammenhang gibt zwischen Undurchsichtigkeit von Entscheidungen und potenzieller Korruption, das weiß man von anderen Untersuchungen schon lange.“

Wie aus der Mitteilung der „Coaliţia 52“ hervorgeht, ist der Verwaltungskreis Arad in der Westregion der Kreis mit der höchsten Transparenz bei der Entscheidungsfindung, sie beträgt 80 Prozent. Es folgen Hunedoara mit 26 Prozent und Temesch mit neun Prozent. An letzter Stelle: Karasch-Severin mit acht Prozent. Damit ergibt sich für die Westregion der nicht gerade erhebende Durchschnittswert von 16 Prozent Transparenz. Zum Vergleich: Für die Südwestregion wurde ein Transparenzwert von 67 Prozent errechnet, für die Südostregion, ausschließlich Bukarest, 21 Prozent.

Apostol gab bei seiner Bekanntgabe noch etwas zu bedenken: „Für die 1,68 Prozent Transparenz in Reschitza, dem geringsten Wert landesweit, sollte man nicht allein die Verwaltung beschuldigen. Schuldig sind wir alle, alle Bürger. Wir haben fast nie versucht, in Entscheidungsfindungsprozesse einzugreifen, auch wenn die Beschlüsse, die vom Stadtrat gefasst werden, uns alle betreffen.“

Als treffende Beispiele für positive Beeinflussung von Entscheidungen aufgrund der Mobilisierung von NGOs und Bürgern, die eingriffen, nachdem bereits eine offizielle Entscheidung gefallen war, erwähnt Marian Apostol die Verhinderung des Baus einer Lukoil-Tankstelle in einem Park in Reschitza und die Durchsetzung der Umbenennung einer Straße nach einem unter tragischen Umständen verstorbenen Reschitzaer Poeten und Bohemien, Ion Chichere.