„Unter Anderen – Donauschwaben im südöstlichen Europa heute“

Publikation des Donauschwäbischen Zentralmuseums Ulm

Ein Album, eine Quelle für Forscher und ein Überblick für den Leser, der Interesse an dem Leben der Donauschwaben hat, das alles ist „Unter Anderen“. Der zweisprachig (Deutsch und Englisch) veröffentlichte Katalog, der die gleichnamige Ausstellung begleitet, die bereits im Oktober 2016 in Ulm eröffnet wurde, wächst weit über diesen Status hinaus. Christian Glass, der Direktor des Donauschwäbischen Zentralmuseums und Herausgeber des Bandes, hält in der Einleitung einige Aspekte fest, die von der Geschichte und vor allem von der Gegenwart der Donauschwaben sprechen. So belegt er mit Zahlen die Bedeutung der deutschsprachigen Bevölkerung für die Gründung und Prägung von Ortschaften in diesem Raum, zählt die Großereignisse des 20. Jahrhunderts auf, die tiefe Spuren hinterlassen haben, vom Ersten Weltkrieg bis hin zur Spätaussiedlung, und hebt richtig hervor, dass Zahlen allein nicht alles aussagen, z. B. Zahlen von den Volkszählungen. Denn es bleiben Fragen offen wie: „Zahlreiche Deutsche haben andersnationale Ehepartner – bekennen sich ihre Kinder noch zur deutschen Minderheit? Oder pflegen sie nur die kulturelle Tradition ihrer Eltern und Großeltern? Oder ist ihnen die ethnisch-kulturelle Herkunft heute gleichgültig?“

Auch erklärt der Herausgeber den Titel, der „bewusst mit der sprachlichen Nähe zum beiläufigen ‚unter anderem‘ spielt“: „Man kann darüber streiten, ob die Geschichte der Donauschwaben durch Vertreibung, Auswanderung oder Assimilation in diesen Ländern als weitgehend abgeschlossen bezeichnet werden kann und ob die dort Verbliebenen nur als zahlenmäßig zu vernachlässigende Minderheit zu betrachten sind. Unser Ansatz war aber genau entgegengesetzt, indem wir die Aufmerksamkeit auf das Individuum richteten. Inwieweit daraus allgemeinere Schlüsse auf die Situation der Minderheit zu ziehen sind, mag der Leser und Betrachter der Porträts selber entscheiden.“
In Wort und Bild ist das Leben der Donauschwaben heute im südöstlichen Europa dokumentiert: in Rumänien, Ungarn, Kroatien und Serbien. Der Band vereinigt Porträts – in Bild und Text. Der serbische Fotograf Dragoljub Zamurovic hielt die Porträtierten in ihrem Umfeld (Arbeitsfeld) fest, die entstandenen Fotos heben einige Eigenschaften hervor und sprechen trotzdem Bände. Die Texte erklären die Entstehungsgeschichte der Fotos und halten auch in ein paar Zügen das Wesentliche von Personen und Persönlichkeiten fest, die heute die do-nauschwäbische Welt konstituieren. „Ich möchte ihr möglichst alles, was ich in meiner langen Karriere erlebt und gelernt habe, mitgeben auf den Weg, meine ganze Erfahrung mit ihr teilen. Ein Lehrer, der eine solche Schülerin hat, muss froh sein darüber.“ Die Essenz des Lehrerberufs gibt Johann Fernbach in diesen Worten wieder, das Foto entstand an der Musikhochschule, wo er unterrichtet, und porträtiert den Lehrer mit der Schülerin, der jungen Violinistin Annamaria Cristina Popan.

Johann Fernbach leitet auch als Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen im Banat das Kapitel über die Donauschwaben aus Rumänien mit einem Text ein, in dem er präzisiert: „Der Glaube an Identitätsbewahrung ist keineswegs abhandengekommen“.
Bei den porträtierten Donauschwaben aus Rumänien handelt es sich um erfolgreiche Geschäftsleute wie Andreea Kremm, die ein Unternehmen aufgebaut hat, das über 600 Beschäftigte in sechs Ländern hat. Es geht um altes Handwerk, wie das Dieter Bortscher, der in der fünften Generation Müller und in der ersten Generation Bäcker ist, oder Adam Csonti, der in seiner Werkstatt, einer Schneiderei, porträtiert wurde, belegen. Es geht um die Freude am Beruf, die man vielen der Porträtierten abliest, so Werner Kremm, dem verantwortlichen Redakteur der „Banater Zeitung“ mit der neuesten Ausgabe in der Hand, oder Pfarrer Andreas Reinholz, beim Segnen in der Kirche. Es geht um die Bewahrung von Traditionen, so wie das Emese Ildiko Barta in Billed beim Schmücken eines Kerweihhuts zeigt. Es geht um den Einsatz für die Anderen in der Politik, wie das der Abgeordnete Ovidiu Gan] macht. Oder um das Wirken in der Gemeinschaft wie im Fall von Erwin Josef }igla. „Das Bild täuscht“, heißt es im Text. Und: „Der Bibliothekar ist kein stiller Bücherwurm, sondern ein umtriebiger Interessenvertreter der deutschen Minderheit“. Oder im sozialen Bereich: Helmut Weinschrott ist beim Rundgang durch das Altenheim im Adam-Müller-Guttenbrunn-Haus porträtiert, das er leitet. Und es geht schließlich um internationalen Ruf und weltverändernde Erkenntnisse, wie im Falle des aus dem Kreis Arad stammenden Nobelpreisträgers Stefan W. Hell. Ersichtlich ist eines: Die Donauschwaben leben nicht nur unter, sondern auch mit Anderen, für Andere, sind eingebettet in der Gesellschaft, wirken auf sie ein.

„Unter Anderen“: Herausgegeben von Christian Glass / Donauschwäbisches Zentralmuseum Ulm. Das Buch ist 2016 im Ulmer Verlag Klemm + Oelschläger erschienen. Es wurde von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert.