„Veranstaltungen dieser Art geben die Möglichkeit, das gesamte Spektrum der deutschen Wirtschafts- und Kulturpräsenz im Banat darzustellen“

ADZ-Gespräch mit dem deutschen Konsul in Temeswar, Rolf Maruhn

Der deutsche Konsul in Temeswar, Rolf Maruhn, initiierte in diesem Jahr die Deutschen Kultur- und Wirtschaftstage Banat.
Foto: Zoltán Pázmány

Eine großangelegte Veranstaltungsreihe prägte in den vergangenen zwei Monaten die Temeswarer Kulturlandschaft: Das Deutsche Konsulat in Temeswar organisierte zum ersten Mal die Deutschen Kultur- und Wirtschaftstage Banat. Initiator war Konsul Rolf Maruhn, der damit ein Zeichen setzen wollte: Das Konsulat der Bundesrepublik Deutschland in Temeswar möchte nämlich die Stadt an der Bega auf ihrem Weg zum Europäischen Kulturhauptstadtjahr 2021 begleitend unterstützen. Konsul Maruhn befindet sich am Ende seines Mandats in Temeswar und gleichzeitig auch seiner 45-jährigen Karriere im öffentlichen Dienst. Er zieht bald nach Deutschland zurück, verspricht aber, die Geschehnisse in Rumänien und die Entwicklung der deutsch-rumänischen Beziehungen mit Interesse weiter zu verfolgen. Über die Deutschen Kultur- und Wirtschaftstage Banat unterhielt sich ADZ-Redakteurin Raluca Nelepcu mit dem deutschen Konsul.

Im Rahmen der Deutschen Kultur- und Wirtschaftstage Banat konnten die Banater über mehrere Wochen deutschen Veranstaltungen in Temeswar beiwohnen. Wie ist Ihr Fazit als Veranstalter zum Schluss der Eventreihe?

Zunächst hat mich die spontane Bereitschaft nahezu aller Akteure in den Bereichen deutsche Kultur/Sprache und Wirtschaft, sich an diesem recht kurzfristig anberaumten Projekt zu beteiligen, positiv überrascht und zeigte damit auch, dass eine derartige Veranstaltungsreihe auf großes Interesse stößt; dies bezeugte dann auch die bei vielen Veranstaltungen beachtliche Gästezahl. Veranstaltungen dieser Art geben die Möglichkeit, das gesamte Spektrum der deutschen Wirtschafts- und Kulturpräsenz im Banat darzustellen, wobei dabei entstehende Synergie-Effekte wirkungsvoll genutzt werden können.

Warum war es für Sie wichtig, Kultur und Wirtschaft unter einen Hut zu bringen?

Zwei der wichtigsten Arbeitsgebiete des Konsulats sind die Bereiche Kultur und Wirtschaft, in denen sich zurzeit ja einiges tut; es engagieren sich zudem viele hier ansässige deutsche Firmen, allein oder im Rahmen der deutschsprachigen Wirtschaftsklubs, in Sozial- oder Kunstprojekten. Es lag deshalb auf der Hand, dass sich diese Verquickung von Kultur und Wirtschaft auch im Programm und folglich auch im Namen dieser Veranstaltungsreihe wiederfindet, zumal ohnehin schon interessante Projektideen aus beiden Bereichen vorlagen.

Welche waren, aus Ihrer Sicht, die Höhepunkte der Deutschen Kultur- und Wirtschaftstage Banat?

Gemessen an dem Einsatz und Enthusiasmus, den die Teilnehmer bei der Durchführung ihres jeweils eigenen Beitrages an den Tag legten, war sicher jede einzelne Veranstaltung für sich ein Höhepunkt. Was den Zuspruch des Publikums betrifft, fanden die Premiere eines internationalen ökumenischen Motorrad-Gottesdienstes („Biker-Messe“) im Kloster und der Basilika Minor von Maria Radna, die Eröffnungsveranstaltung zu den Kultur- und Wirtschaftstagen, die gemeinsam mit der Festveranstaltung zum 25. Jahrestag der Städtepartnerschaft Temeswar-Karlsruhe in Anwesenheit beider Bürgermeister und Delegationen durchgeführt wurde, große Beachtung. Die Ausstellung zweier wichtiger deutscher Gegenwartskünstler waren Anziehungspunkte der Temeswarer Kunstszene: das Kunstmuseum zeigte eine Ausstellung von Rosemarie Trockel, ermöglicht durch das Institut für Auslandsbeziehungen (ifa), und eine Installation von Julian Rosefeldt („Asylum“), organisiert vom Deutschen Kulturzentrum Temeswar mit Unterstützung des Goethe-Instituts und der Stadt Temeswar.

Herausragend waren sicher auch zwei Ausstellungen des Donauschwäbischen Zentralmuseums Ulm, die die Geschichte der donauschwäbischen Besiedlung des Donauraumes und heute lebende Nachfahren dieser Siedler dokumentieren.
Eine weitere Ausstellung des ifa über junge Architekten aus Deutschland, eine Ausstellung von Germanistikbüchern in der Westuniversität und eine vom Banater Musikwissenschaftler Prof. Dr. Franz Metz zusammengestellte Ausstellung über Banater Orgeln und Orgelbauer rundeten das Angebot an Ausstellungen ab.
Schon zum achten Mal konnten wir, unterstützt vom baden-württembergischen Ministerium für Kunst und Wissenschaft, auch dieses Jahr eine Musikgruppe von der Popakademie Mannheim, diesmal die ‚Mainstream‘- Popgruppe Vitř, begrüßen, die während zweier Konzerte auf dem Freiheitsplatz ihr Bestes gab.

Eine der wichtigsten Wirtschaftsveranstaltungen war ein Symposium über die „Duale Ausbildung nach deutschem Muster“, während dessen Verlauf sich zwar die beeindruckende dynamische Entwicklung, die dieses – in vielen anderen Ländern schon mit Erfolg implementierte – Ausbildungskonzept mittler-weile auch in Rumänien erfahren hat, herauskristallisierte, andererseits aber auch das riesige Potenzial, das noch in ihm steckt, deutlich wurde. Dass die Erkenntnis über die Bedeutung dieser Ausbildungsmethode mittlerweile auch bei den hiesigen Entscheidungsträgern angekommen ist, zeigt die Tatsache, dass sich die rumänische Bildungs-Staatssekretärin Ariana Oana Bucur mit einem substanziellen und engagierten Vortrag beteiligte und für Fragen zur Verfügung stand. Der ebenfalls anwesende Hartmut Koschyk berichtete als Mitglied des Bundestages von den diesbezüglich in Deutschland gemachten Erfahrungen und sagte auch die weitere Unterstützung der deutschen Politik bei der für die homogene Entwicklung Rumäniens essentiellen Ergänzung der Ausbildungspalette zu.
Ich freue mich natürlich außerordentlich, dass auch die vom Banater Regionalforum erfolgreich organisierten Banater Heimattage in die Zeit der Kultur- und Wirtschaftstage fielen; das sinfonische Blasorchester der städtischen Sing- und Musikschule München trat sowohl in der zentralen Feier der Heimattage, als auch –zusammen mit dem hiesigen Schulorchester – im Konzertsaal der Ion-Vidu-Schule auf.

Außerdem hatte das Publikum die Gelegenheit, die im Rahmen der Wirtschaftsausstellung „Made in Banat“ aufgebauten Stände der Firmen und sonstigen thematisch engagierten Aussteller zu besuchen.
Nicht vergessen möchte ich noch zwei sehr interessante Veranstaltungen: Die Fortführung des Schülerprojektes „Erzählte Geschichte“, initiiert von Frau Simona Hochmuth in Zusammenarbeit mit der Hanns-Seidel-Stiftung; hier konnte bereits der zweite Band dieser Reihe der gesammelten Erzählungen vorgestellt werden. Ebenso auf die Suche nach deutschen Spuren im Banat gingen Schüler der Nikolaus-Lenau-Schule, des Banater Kollegs und des C. D. Loga-Nationalkollegs aus Karansebesch und stellten sie in einer gemeinsamen Veranstaltung vor.
Für das Symposium „Deutsche Sprache und Kultur zwischen Tradition und Zukunft“ hatten Frau Dr. Dasc˛lu-Romi]an (Politehnica) und Frau De Carlo (DAAD) eine beeindruckende Zahl von Rednern unterschiedlichster Fachrichtungen gewinnen können, die das Thema aus ihrer eigenen Perzeption beleuchteten.

Das Symposium der deutschsprachigen Fakultät für Bauwesen, „Interferenzen und Erfolge“, befasste sich mit der erfolgreichen 15-jährigen Zusammenarbeit mit deutschen Universitäten.
Auch in Nitzkydorf fand ein Symposium über das kulturelle Erbe der Banater Schwaben statt.
Die Kultur- und Wirtschaftstage wurden über den gesamten Zeitraum hinweg von Vorstellungen des Deutschen Staatstheaters Temeswar begleitet und fanden ihren Abschluss mit zwei weiteren Veranstaltungen des DWC Banat: die jährliche Verleihung der Juventus-Preise und das Domkonzert.
Dies ist nur eine Auswahl von den insgesamt 30 Veranstaltungen, zu denen auch noch diverse Filmvorführungen, Buchvorstellungen und Lesungen gehörten.

Es gab auch Veranstaltungen, die nicht stattgefunden haben, wie etwa das Bierfest. Wo, glauben Sie, gibt es Nachholbedarf, was die Veranstaltung dieser Eventreihe angeht?

Das Bierfest musste leider aus mir nicht bekannten, wohl aber aus organisatorischen Gründen abgesagt werden.
Der finale Auslöser für die Durchführung der Kultur- und Wirtschaftstage war die Nominierung Temeswars zur europäischen Kulturhauptstadt 2021 im Dezember letzten Jahres. Wir wollten damit zeigen, dass das Konsulat, deutsche Kultur- und Wirtschaftsakteure und natürlich die Bundesrepublik Deutschland Temeswar von Anfang an auf dem Weg nach 2021 unterstützend begleiten wollen. Dadurch war allerdings auch die Vorbereitungszeit recht knapp, sodass letztendlich doch noch viel Hektik aufkam und einige Veranstaltungen nicht mit der Perfektion durchgeführt werden konnten, die eine längere Vorbereitungszeit wahrscheinlich ermöglicht hätte.
Aufgrund der regen und fast vollständigen Teilnahme der hiesigen Kultur- und Wirtschaftsakteure, die damit die gesamte deutsche Kultur- und Wirtschaftsszene mit interessanten Beiträgen abdeckten, sehe ich keinen akuten und definierbaren Nachholbedarf. Ich möchte fast sagen, dass dieser eher vorher bestand…

Es war die erste Auflage der Deutschen Kultur- und Wirtschaftstage Banat. Welches Feedback kam von den Beteiligten?

Das Feedback war grundsätzlich positiv und man konnte aus den Äußerungen heraushören, dass man auch zukünftig an ähnlichen Veranstaltungsreihen teilnehmen würde. Allerdings hätte so mancher für bestimmte Veranstaltungen gerne eine noch höhere Publikumsteilnahme gesehen.

Sie blicken nun auf neun Jahre Rumänien zurück. Wenn Sie eine kurze Bilanz Ihrer Tätigkeit aufstellen: Was konnten Sie in all diesen Jahren hier erreichen/erleben?

Lassen Sie mich mit dem ‚Erleben‘ anfangen: 2004 kam ich in ein Land, das noch deutliche Spuren einer unseligen Diktatur trug. Es folgten Jahre, in denen ich Rumänien bei seiner rasanten (zugegeben: vielleicht nicht jedem genügend rasanten) Entwicklung begleiten durfte, die einen ersten Höhepunkt in dem Beitritt zur EU hatte. Nach meiner Rückkehr zum zweiten Mandat konnte ich feststellen, dass sich während meiner vierjährigen Abwesenheit einiges weiterentwickelt hatte und ganz besonders freute ich mich bei Überlandfahrten über den wesentlich verbesserten Straßenzustand. Und damit konnte ich wesentlich entspannter ein wunderschönes und interessantes Land – innerhalb und außerhalb meines Amtsbezirkes – erkunden und genießen.
Zu beurteilen, ob und was ich – zusammen mit dem Team des Konsulats – tatsächlich erreicht habe, mögen andere beurteilen. Mein Arbeitsgebiet umfasste ein weites Spektrum an Aufgaben, die mich interessierten und mir auch Freude machten. Darunter war bestimmt die Zusammenarbeit mit den deutschen Foren, den hiesigen deutschsprachigen Medien, den deutschen bzw. deutschsprachigen Wirtschaftsclubs im Amtsbezirk und den hier ansässigen deutschen Firmen.