„Versöhnliches Scheitern?“

Zu den Sarkasmen, die man nach der gescheiterten Volksbefragung zur „traditionellen Familie”, als Verfassungsverankerung, um teures Geld (Gesamtkosten: 43 Millionen Euro – dem Preis von etwa 100 bestens ausgestatteten neuen Schulen oder drei neuen Regionalkrankenhäusern) am ersten Oktoberwochenende durchgeführt, hören konnte, gehörte auch der zynisch-ironische Satz: „Da schmeißen wir 43 Millionen Euro zum Fenster raus, während die Kathedrale des Volkes nicht fertig ist!”

Symptomatisch für Rumänien war auch: „Habt Dank, PSD, PNL, CpL, BOR!/ Ohne euch hätten wir, das rumänische Volk,/ noch lange Zeit im Glauben gelebt, dass wir einfach dumm sind!“ Oder: „Ich wünsch mir ein Referendum zur Abänderung des Schwerkraftgesetzes. Damit Dragnea fliegt.“

Das „Volk” zwischen Donau und Karpaten reagierte in gewohnter Weise: ein bisschen zynisch, ein wenig sarkastisch, etwas humorig, mit viel Je-m´en-fiche, einem Quäntchen Humor und dem liebsten Fluch der Rumänen, von Philosophen umgedeutet als liebevoll geäußerten Wunsch, jemand in die wohlige Wärme des Mutterschoßes zu schicken.

Interessant, dass kaum ein rumänischer Analyst eingehend die Folgen des krassen Imageverlustes für die rumänisch-orthodoxe Kirche (BOR) untersuchte, ausgelöst vom Scheitern der Volksbefragung. Sie behauptete auf ihrer Internetseite (basilica.ro), das Referendum sei ihr „behilflich”, die Einstellung des Volkes zu gewissen Fragen zu kennen und Maßnahmen zu treffen für das künftige Vorgehen. Die BOR hatte mit Hilfe der ihr nahestehenden „Koalition für die Familie” (CpF) mittels angeblich – von niemand nachgeprüften – drei Millionen Unterschriften die Volksbefragung forciert, ohne finanziell zu deren Realisierung beizutragen... Sie profitiert trotzdem davon. Propagandistisch hat sie sich im Schweiße ihres Angesichts abgemüht: Bekannt gemacht wurden wahre Exzesse mancher Pfarrer, aber auch Prediger, die Gläubige unter Drohungen zu den Urnen trieben.

Verlierer dieses Referendums gab es viele: die Staatspartei PSD, die damit endgültig ins illiberale Lager wechselte und die Sozialdemokratie verraten hat, an der Spitze mit ihrem Parteichef und Diktator Liviu Nicolae Dragnea; die kriechend luftschnappende Oppositionspartei PNL, die definitiv ihre Liberalität zugunsten eines trüben Konservatismus aufgab und ihr ideen- und konzeptloser Parteichef Ludovic Orban; die orthodoxe Kirche (sowie die neukonfessionellen Gruppierungen, die eifrig ihre Mitglieder mobilisierten) und die ihr verbundene Koalition für die Familie, die sich Montag selbst aufgelöst hat (ein Rätsel bleibt: Wie kam sie zu den vorgeblich drei Millionen Unterschriften, wenn letztlich die reelle Wahlbeteiligung bei rund vier Millionen lag?).

Verlierer ist auch das Wahlsystem Rumäniens, denn bei diesem Referendum sind viele Gesetze und Regeln des Wahlvorgehens gebrochen worden.
Und wer ist der „Sieger“ des Referendums? Gefehlt, spontan und bedenkenlos zu sagen: das Volk! Niemand hat untersucht, wie viel Politikverdrossenheit bei der schwachen Wahlbeteiligung mitgespielt hat (viel!!) und wie viel politisch-demokratisches Bewusstsein (eher: weniger...).

Aber ein Sieger steht trotzdem fest: die aus der Bürgerbewegung entsprossene USR, die Union Rettet Rumänien. Die einzige Partei, die offen und zielstrebig gegen die Durchführung des Referendums monierte, die ihren demokratischen Pflichten nachkam, indem sie Beobachter in die Wahllokale schickte und die Volksabstimmung von neutralem Standpunkt einem Monitoring unterzog. Sie erwies sich als Partei der Ratio.
Darf Rumänien Zukunftshoffnungen hegen?