Vom „Grauen der Senioren”

Ex-Bürgermeister fordert von seinem Nachfolger „Korrektur kommunistischer Fehler”

Reschitza – Dieser Tage gab es in Reschitza eine ans Paradoxe grenzende Situation: Ex-Bürgermeister Mircea Ioan Popa (Vizebürgermeister und fürs Bauwesen von Reschitza zuständig in kommunistischer Zeit, zwischen 1992-2004 dreimal unabhängiger Bürgermeister nach der Wende) forderte den amtierenden Bürgermeister der Stadt, den zur Zeit mindestens so populären PNL-Bürgermeister Ioan Popa (kein Verwandschaftsverhältnis mit seinem Vorgänger) auf, einen Fehler aus kommunistischer Zeit zu korrigieren: das Gebäude der Poliklinik beim Reschitzaer Stadtzentrum mit einem Aufzug zu versehen, denn das Treppensteigen bis zu den höchsten Stockwerken sei „das Grauen der Senioren“.
Der 80jährige Mircea Ioan Popa, der sich fast gänzlich aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen hat, meldete sich über Facebook mit der Bemerkung: „Das Gebäude der Neuen Poliklinik – ein Gebäude ohne Aufzug, das Grauen älterer Personen“. Das rief ziemlich pikierte Reaktionen in den Medien hervor, denn schließlich erinnert man sich heute noch an das jenerzeit gezeigte autoritäre Gehabe des jetzt sich Mokierenden, der sowohl in kommunistischer als auch in postkommunistischer Zeit alle Hebel in der Hand gehabt hätte, um die Unterlassung aus kommunistischer Bauzeit zu berichtigen – aber dazu keinen Finger gerührt hatte. Erst im Alter, wo er wohl selbst schmerzlich erleben musste, wie sehr dem Gebäude ein Aufzug für Senioren und Gebrechliche fehlt (aber das Gebäude hat auch zahlreiche weitere Fehler, u.a. die äußerst unhygienischen Toiletten), reklamiert er dessen Bau.

M.I. Popa, ein guter Kenner von Reschitza, gibt eine kurze Geschichte des Entstehens der Neuen Poliklinik: „Zum Bau der Blockwalzstraße, des Blumings des Eisenhüttenwerks CSR Mitte der 1970er Jahre, war eines der Gebäude, die zum Abriss vorgeschlagen wurden, das Gebäude der Alten Poliklinik, das sich in der Nähe des „Universal“-Kaufhauses befand, seinerzeit das Zentrum des Handelslebens von Reschitza. Man ging so weit, den gesamten Verkehr auf der Straße, die vorbeiführte, einzustellen. Die Überraschung kam aber beim Sprengen der Alten Poliklinik: es mussten mehrere Sprengsätze angebracht werden, bevor der Bau in sich zusammenfiel. Die Neue Poliklinik wurde größer als die Alte, ist aber vom funktionalen Standpunkt unter dem Niveau der Alten, der gesprengten. Die rechtlichen Baunormen jener Zeit verboten das Bauen von Aufzügen in solcherart öffentlichen Gebäuden. ‘Im Falle von Bauten mit bis zu vier Stockwerken wird kein Einbau von Aufzügen genehmigt’, hieß es damals. Die Neue Poliklinik galt als vierstöckiges Gebäude, ähnlich der Mehrheit der damaligen Wohnblocks, und die hatten nun mal keine Aufzüge. Nirgends.“
Heute ist das Gebäude der Neuen Poliklinik im Besitz der Stadt Reschitza, die zahlreiche ärztliche Ordinationen und Laborräume verkauft oder vermietet hat, so dass ein Mischbesitz entstand – für den sich anscheinend, jenseits der eigenen vier Mauern, niemand verantwortlich fühlt. Oder, anders gesagt: um das Gebäude funktionstüchtig zu machen und krankengerechter umzugestalten, müssten die Ärzte, die hier residieren, zusammen mit dem Kommunalrat Reschitza und dem Rathaus einvernehmlich zur Entscheidung über eine Modernisierung gelangen, diese finanzieren und durchführen lassen.