Vom Marktflecken zur modernen Kleinstadt

Fatschet feiert 20. Geburtstag: Ion Iliescu Ehrengast

Das moderne Rathaus der Stadt Fatschet Foto: Zoltán Pázmány

Die Temescher Kleinstadt Fatschet, rumänisch Făget, ungarisch Facsad, erinnert heuer an seine jahrhundertealte Geschichte und Stadtwerdung. Festlich begangen wird das im Sommer im Rahmen einer großangelegten 20-Jahresfeier der Stadt, der am 7. Juli 1994 der Stadtstatus verliehen wurde. Der Kreis Temesch, mit 8697 Quadratkilometern der flächenmäßig größte des Landes, zählt derzeit zehn Städte, die infolge einer schon während der kommunistischen Zeit gezielt vorangetriebenen Urbanisierung nun 60 Prozent der Gesamtbevölkerung des Kreises von 650.544 Einwohnern fassen.

Ein Großteil dieser Ortschaften wurde also erst nach dem Zweiten Weltkrieg, in der Zeit des Kommunismus, Stadt: So das Kurbad Busiasch (7023 Einwohner, 1956), Hatzfeld (11.136, 1968), Detta (6418,1968). Die Kleinstädte Gataja (5861), Rekasch (8560) und Tschakowa (5348) wurden gemäß des Gesetzes 83/2004 zur Stadt erklärt, werden also heuer sicherlich ebenso ihr 10. Jubiläum  groß feiern.

Der Ausnahmen gibt es drei im Kreis Temesch: Großsanktnikolaus (12.312 Einwohner), heute westlichste Stadt Rumäniens, wurde nach dem Ersten Weltkrieg und der Dreiteilung des historischen Banats 1926 Stadt. Als älteste Temescher Stadt gilt die Stadt an der Temesch, Lugosch (40.361), zweitgrößte Stadt des Kreises, der schon 1551 von Königin Isabella der Status einer Freien Königlichen Stadt verliehen wurde. Die heutige Kreishauptstadt Temeswar (mit 315.279 Einwohnern die Hälfte der Kreisbevölkerung, als Metropolregion gar mehr) erhielt den Titel einer Königlichen Freistadt von Kaiser Josef II. erst nach der Befreiung der Stadt und des Banats vom Türkenjoch, genau 1781.

Stadt mit sozialdemokratischen Paten

Die Stadt Fatschet liegt irgendwie am Rande, im hügligen Südosten des Kreises, schützend vom Ruska-Gebirge und den Lippaer Hügeln umgeben. Seinen Namen verdankt der Ort den zahlreichen Buchenwäldern der Umgebung. Im Laufe der Jahrhunderte gab es jedoch unzählige Benennungen, ungarische, deutsche, rumänische Namen für diesen Ort, von Fagyath bis Faczat, Facsad, gar Rumänisch-Fatschet und Deutsch-Fatschet. Seit 1918 führt er den amtlichen rumänischen Namen Făget. In Verbindung mit der Region Fatschet werden schon 1288 die Severiner Bans Mihai und Velici mit einigen Domänen erwähnt. Im 15. Jahrhundert gehörte Fatschet zur Adelsdomäne Hunedoara/Hunyad des Johann Hunyadi/Iancu de Hunedoara.

Urkundlich wurde der Ort 1548 anlässlich einer Schenkung des Adligen Ioan Bozwar an seine Tochter Dorothea erwähnt.1594-1602 war Fatschet im Besitz des Bans von Lugosch. 1602 wurde die lokale, einst starke Festung von den Türken zerstört. Die Festung war bis dahin 150 Jahre lang Schauplatz heftiger Kämpfe zwischen Türken, Rumänen und Ungarn. 1767 wurden hier erstmals Deutsche angesiedelt, über deren Herkunft ist leider kaum etwas nachzulesen. 1768 war Fatschet der Sitz eines der 12 von Graf Mercy eingerichteten Verwaltungsdistrikte des Banats. 1788 lebten hier bereits 50 deutsche Familien, aus dem Ortsteil wurde Deutsch-Fatschet. Im selben Jahr erhielt der Ort auch das Marktrecht zugesprochen. 1900 wurde Fatschet mit Ungarn besiedelt. Bis 1968 war es stets Rayonssitz. 1940 lebten hier noch 355 Deutsche, nach der Wende 1989 noch 108, heute noch einige Personen deutscher Abstammung. In der Stadt gab es einige Jahre lang nach der Wende auch ein Demokratisches Forum der Deutschen. Deutsche lebten aber auch in den umliegenden Ortschaften, vor allem in Deutsch-Gladna, selbst in mehreren rumänischen Dörfern Dumbrava, Mănăştiur, Săceni, Băteşti bekannten sich nach 1990 noch mehrere Personen zum Deutschtum.

Eingemeindet sind heute zehn zum Großteil kleine und entlegene Dörfer dieser Hügelgegend. Eine herausragende wirtschaftliche Bedeutung hatte das Städtchen, eines der ältesten kulturellen, historischen Zentren des Banats, nie gehabt, doch heute, nach zwei Jahrzehnten, kann es sämtliche städtischen Einrichtungen aufweisen: drei Banken, Finanzamt, Amtsgericht, öffentlicher Notar, Krankenhaus, Post, einige Supermärkte, etwa 2500 Privatwohnungen sowie allerhand Unternehmen und Firmen (Verarbeitung von Leder, Holz bis zur Möbelherstellung, Milch- und Käsefabrik, Bäckereien und privat etliche gutgehende Schnapsbrennereien usw.)

Laut Bürgermeister Marcel Avram hätte der Stadtstatus der Ortschaft viele Vorteile, vor allem die der Gründung öffentlicher Institutionen, der Eröffnung eines städtischen Krankenhauses, gebracht, aber auch ärgerliche Nachteile. Weil eine Stadt, die die 15.000-Einwohnergrenze nicht erreicht, keine Möglichkeit hat, große Projekte mit EU-Finanzierung zu beantragen. Das soll aber heuer gemäß neuer Regelungen anders werden.

Die Einheimischen scheuen sich jedoch nicht, weiterhin ihre ungeteilte Anerkennung für die Stadtwerdung Fatschets 1994 ihrem ehemaligen kommunistischen und darauf postkommunistischen Altbürgermeister Dorel Covaci, heute Abgeordneter der Sozialdemokraten, aber auch dessen langjährigem Freund Ion Iliescu, dem ehemaligen Vorsitzender der Sozialdemokraten und Präsidenten Rumäniens, zu zollen. Dieser, heißt es hier allgemein, wäre stets ein großer und treuer Freund der Stadt und seiner Bewohner gewesen, etliche Arbeitsbesuche zeugen davon. Iliescu hätte während seiner langen Amtszeit das abgelegene Städtchen und deren Kommunalverwaltung in allen Bereichen tatkräftig unterstützt. So ist es auch kein Wunder, dass der derzeitige Bürgermeister Marcel Avram als erste Ehrengäste des vom 12. bis15. August veranstalteten Stadtfestes den Ex-Präsidenten Ion Iliescu und den Ex-Premier Nicolae Văcăroiu anführt. Eingeladen werden jedoch Gäste aus dem ganzen Land, darunter auch weitere 20 Persönlichkeiten, denen in den verflossenen 20 Jahren der Titel eines Fatscheter Ehrenbürgers verliehen wurde.