Von Kronstadt nach Melbourne

Theologen-Ehepaar Anna und Peter Demuth pendeln zwischen drei Kontinenten

Peter Demuth wandte sich bei seinem kürzlich stattgefundenen Besuch als Gast aus dem fernen Australien an die zahlreichen Gemeindeglieder in der Blumenauer Kirche.

Pfarrer Peter Demuth im Gespräch mit Kirchengliedern der Honterusgemeinde
Foto: Dieter Drotleff

Grüße vom Südpol von Anna und Peter Demuth, ihren beiden Söhnen Antonio-David und Paulo-Samuel waren in der letzten Ausgabe  der „Lebensräume in der Honterusgemeinde“, nachdem diese im Dezember  2015 nach Australien gegangen waren, zu lesen. Und schon nach wenigen Wochen konnte Pfarrer Peter Demuth, der sechs Jahre lang in der Kronstädter Honterusgemeinde mit seiner aus Brasilien stammenden Ehegattin wirkte, die Grüße nun auch persönlich am Sonntag, dem 26. Februar l.J. an die zahlreich erschienenen Gemeindeglieder in der Blumenauer Kirche richten, mit diesen Erinnerungen auffrischen, auf die zahlreichen Fragen antworten.

Gestaltet wurde der Gottesdienst von den Lektoren der Honterusgemeinde Ingeborg Filipescu, Arthur Arvay und Uta Albert. Ingeborg Filipescu fiel auch die freudige Aufgabe zu, Pfarrer Peter Demuth zu begrüßen, der abschließend  seine Freude ausdrückte, alle wieder zu sehen, und auch Grüße von seiner Frau Anna vermittelte. „Ich bin zu Hause. In dieser Gemeinschaft haben wir Genugtuung und Gemeinschaft erlebt“ betonte er. Bei dem anschließenden Kirchenkaffee im Gemeinschaftsraum des Altenheimes Blumenauwurden dann Meinungen ausgetauscht, in Gesprächen bezog er sich auf seine Familie in dem entfernten Australien, auf den Dienst in der neuen evangelisch-lutherischen Gemeinschaft, die sie dort betreuen, auf die Art wie sie sich dort, nahe des Südpols, an ihr neues Leben und dem Umfeld anpassen konnten.     

Geboren wurde Peter Demuth am 31. August 1983 in Schäßburg. Nach dem Studium der Theologie in Leipzig, wo er auch seine Frau kennenlernte,  fand seine Ordination als Pfarrer in der Kronstädter Honterusgemeinde  am 12. Dezember 2009 in der Schwarzen Kirche  statt. Vorgenommen wurde diese von Altbischof D.Dr. Christoph Klein, Stadtpfarrer Christian Plajer, damals auch Dechant des Kronstädter evangelischen Kirchenbezirkes, den Pfarrern Andrei Pinte und Hannelore Agnethler. Zur Seite stand ihm seither in Kronstadt  seine Frau Anna Leticia, die er während des gleichen Studiums in Leipzig kennen gelernt hatte. Die deutschstämmige Brasilianerin, geboren in Santa Cruz do Sul, auf den Mädchennamen Schulz Vaz, wurde als Religionspädagogin ebenfalls in Leipzig ausgebildet.

Sie kam mit Peter Demuth 2008 nach  Rumänien, einem Land mit ähnlichem lateinischen Hintergrund wie ihre Heimat.  Anfangs trat das junge Paar das Vikariat in Heltau an. In Kronstadt fanden sie dann schnell Anschluss an die Kirchengemeinde. Er als Pfarrer, sie übernahm die Krabbelgruppe, implizierte sich in die  Seniorenarbeit im Altenheim. Besonders widmeten sich beide den Jugendlichen aus der Honterusgemeinde. Nach sechs Jahren Aufenthalt in Kronstadt, nachdem hier auch ihre Zwillinge David und Samuel zur Welt kamen, gingen sie ihrer neuen Berufung nach u.zw. in das entfernte Australien. Die Ausreise erfolgte mit nur vier Koffern, die vor allem theologische Schriften enthielten. In Melbourne  übernahmen sie eine der beiden  da befindlichen evangelisch-lutherischen  Kirchengemeinden. Die Johannesgemeinde  mit ihren rund 300 Mitgliedern im Stadtteil Springvale besteht seit 1960. Da wurden sie bestens aufgenommen.

Pfarrer Peter Demuth antwortete bereitwillig auch auf einige unserer Fragen, die wir an diesem sonnigen, ersten warmen Sonntag seit Jahresbeginn an ihn bei dieser Zusammenkunft richten konnten. Auch die anwesenden Kronstädter Kirchenglieder überschütteten ihn mit zahlreichen Fragen, auch bezogen auf seine Familie, den Zwillingen, die nun den Kindergarten besuchen. Die ganze Familie hat sich nun in Australien auch die englische Sprache angeeignet. Für Pfarrer Peter Demuth war die größte Herausforderung, Englisch im Verkündigungsdienst zu verwenden.  Diesbezüglich hat er sich auch den Gegebenheiten angepasst und tut dieses nun problemlos.

Welches war der Anlass, dass Sie diese Reise aus dem weiten Australien nach relativ kurzer Zeit, nachdem Sie das Lande verlassen haben, jetzt auf sich genommen haben?

Ich wollte ein bisschen Urlaub machen und meine da verbliebene Familie besuchen, die in Schäßburg lebt. Und natürlich auch, um hier in Kronstadt in der Honterusgemeinde kurz zu weilen, wo wir einige schöne Jahre verbracht haben.

Wie wurden Sie in Melbourne in der Johannesgemeinde aufgenommen, die Sie nun betreuen?

Sehr gut, wie auch die Stimmung in dieser Gemeinde ist. Herzlich und sehr familiär. Eine Heimat in der Fremde, sagen wir mal so.

Haben Sie in ihrer neuen Kirchengemeinde auch Angehörige, die aus Siebenbürgen stammen?

Leider nicht. Leider! Wir haben ein Gemeindeglied, das im StammbaumFamilienmitglieder hat, deren Ursprung aus Siebenbürgen kam. Übrigens aus Schäßburg, meiner Geburtsstadt.

Sprachlich, wie feiern Sie die Gottesdienste?

Mehrheitlich in deutscher Sprache, aber immer mehr auch englisch. Ich vergleiche das mit der hiesigen Situation, wo wir in der Honterusgemeinde auch Gottesdienste einmal monatlich in rumänischer Sprache abhalten. Und auch bei sonstigen Anlässen, wenn die Mehrheit bei einer Trauung oder Taufe nicht der deutschen Sprache mächtig ist, und wir uns dann auch rumänisch an diese wenden.

Sind die Mitglieder der Johannesgemeinde, die Sie nun betreuen, außer auf kirchlicher Ebene auch gesellschaftlich oder kulturell organisiert?

Leider gibt es da keine weitere Vertretung, sagen wir im kulturellen Sinn. Viel Kulturtätigkeit geschieht im Rahmen der Kirchengemeinde, so dass wir auch diese Aufgabe übernehmen.

Als Pfarrer engagieren Sie sich somit außer in den geistlichen und seelsorgerischen Aufgaben auch in anderen, wie die Veranstaltung von gesellschaftlichen Tätigkeiten?

Ja! In Melbourne gibt es zwei deutschsprachige evangelisch-lutherische Kirchengemeinden. Wir arbeiten sehr eng zusammen. Wir wechseln da ab, beispielsweise was Kirchenmusik betrifft. Wir haben ein traditionelles Gemeindefest, das an den mittelalterlichen Luthermarkt in Wittenberg erinnert. Dabei kommt Martin Luther, natürlich verkleidet und verkörpert von einem Gemeindeglied zu Besuch. Dabei werden die 95 Thesen angeschlagen. Es gibt also oft Veranstaltungen, sowohl im kirchlichen als auch im gesellschaftlichen Bereich.

 

Haben Sie heuer im Jubiläumsjahr der Reformation besondere Veranstaltungen in der Kirchengemeinde eingeplant?

In der Kirchengemeinde, ja. Wir arbeiten auf eine größere Hauptveranstaltung hin. Wir fragen uns dabei, wie wir dieses weitergeben, die Rolle der Reformation in unserer Großstadt vermitteln.

Außer diesen beiden evangelischen Kirchengemeinden, gibt es derart weitere auf dem Kontinent, wo Sie nun leben?

Es gibt  noch eine evangelische Kirche Australiens. Die ist aber englischsprachig und in ihrer Spiritualität und auch in dem  Gottesdienstvollzug doch unterschiedlich von den deutschsprachigen evangelischen Kirchen und deren Tradition.

Ist Ihre Frau als Religionspädagogin auch aktiv in dem neuen Umfeld?

Ja, sie tut es jetzt ehrenamtlich und bringt sich hauptsächlich in der Arbeit mit Kindern und Familien ein. Und so findet der Anschluss auch unserer beiden Kinder mit den Deutsch sprechenden Familien statt.

Welches ist der Unterschied zwischen der hiesigen evangelischen Honterusgemeinde und der in Australien, die Sie nun betreuen?

Ich sehe den Unterschied vor allem in der langen Tradition und der Verantwortung, die damit auf uns lastet und mitkommt. Das fehlt oft in meinem neuen Umfeld. Unsere Gemeinde ist noch sehr jung, sie feierte das 55-jährige Bestehen. Somit sind es Gemeindeglieder erster Generation, die dieser von Anfang angehören. Daher fehlt die Tradition.

Das  gesamte Leben von Familie Demuth verläuft ganz anders als in Siebenbürgen.  Vor allem ist es eine abenteuerliche Umwelt, mit der sie sich vertraut machen musste. Melbourne ist eine Weltstadt, an deren Verkehr man sich anpassen muss, wo man zahlreiche Kulturangebote wahrnehmen kann. Aus der Gebirgslandschaft Rumäniens kommend, haben  sie nicht weit  südlich das Meer. Im Garten, in Parks, im Wald hat man auch Überraschungen mit der Tier und Vogelwelt, die einem ganz fremd ist. Doch wie allgemein, haben Kinder keine Zurückhaltungen, sodass sich die fünf Jahre alten Zwillinge besonders gut angepasst und eingelebt haben. Peter und Alicia Demuth werden ihre Kontakte zur Honterusgemeinde auch aus Australien nicht abreißen lassen, wie auch nicht zu den beiden Ländern auf den weiteren zwei Kontinenten von denen sie stammen, um ihre Eltern und Verwandten zu besuchen.